Die Insel rutscht schneller

Ein gewaltiger Rutsch und ein Bergsturz drohen das Dorf Brienz zu zerstören. Derzeit nehmen in fast allen Teilen am Berg die Geschwindigkeiten ab. Plateau/Front und der Rücken Caltgeras bewegen sich konstant. Die Bewegung der Insel und deren Basis hat aber weiter zugenommen.

Die Rutschung Dorf bewegt sich seit Beginn des Jahres in etwa gleich wie im Vormonat oder nimmt etwas ab. Die Geschwindigkeit beim Messhäuschen im Dorf liegt aktuell bei ca. 1.05 m/Jahr. Die für das Winterhalbjahr typische Beschleunigung der Rutschung hat bisher allerdings noch nicht eingesetzt. Bei Schneeschmelze und nach Regenfällen können die bekannten Blockschläge aus der Rutschung Berg aber jederzeit wieder vermehrt niedergehen.

Während sich grosse Teile der Rutschung Berg und die Rutschung Dorf in den letzten Monaten beruhigt haben, zeigen die Geschwindigkeitsmessungen des Frühwarndienstes, dass sich die «Insel» hoch über Brienz/Brinzauls nach wie vor beschleunigt. Zwei verschiedene Bewegungen werden dabei separat beobachtet.

 

Der Kernbereich der Insel reagiert sensibel und sehr rasch auf Niederschläge und Schneeschmelze. Aus ihm stürzen immer wieder Felsblöcke ab, die zuweilen den Damm überqueren und dann die Wiese hinter dem Dorf oder die Brienzer Strasse erreichen. Dieser Teilbereich sitzt «Huckepack» auf der Insel und umfasst etwa 100’000 Kubikmeter Material. Er ist in der Abbildung hellblau eingezeichnet. Vom Dorf aus ist er erkennbar an einigen einzelnen Bäumen, die auf ihm stehen.

Knapp unterhalb der gut sichtbaren, gelblichen Raiblerschichten befindet sich ein Felspaket aus Kalkschiefern der Allgäu-Formation. Es bildet das Fundament der Insel. Die Basis der Insel hat sich in den letzten Monaten und Wochen stark beschleunigt (grüne Kurve in der Grafik unten). Im Herbst neu installierte Messpunkte erlauben eine genauere Überwachung dieses Teilbereichs.

Die aktuellen Geschwindigkeiten der Rutschung Berg. Seit einem Jahr nehmen alle Werte ab – mit Ausnahme der Insel (graue Kurve) und der Basis der Insel (grüne Kurve).

 

Der Frühwarndienst beobachtet die Insel und deren Basis sehr genau. Ein Versagen der Basis könnte zu einem grösseren Ereignis in der Insel führen. Ein Volumen von bis zu 4 Mio. Kubikmetern könnte dabei abrutschen oder abstürzen.

So grosse Volumen rutschen oder stürzen aber nicht von heute auf morgen ab: Der Frühwarndienst geht nach wie vor davon aus, dass sich ein grösseres Ereignis, welches Teile von Brienz/Brinzauls gefährden könnte, Tage, Wochen oder sogar Monate im Voraus ankündigt und die Bevölkerung entsprechend gewarnt werden kann. 

Entwässerungsstollen: Baubeginn bereits in einem Jahr 

Das Projekt für den Ausbau des Sondierstollens zu einem Entwässerungsstollen liegt vor. Die Arbeiten an der Stollenverlängerung auf rund 2 Kilometer und den rund 70 Bohrungen zur Entwässerung des Untergrunds sollen im Frühjahr 2024 beginnen. Der Stollenbau soll bis Ende 2026 dauern. 

Für die Einlagerung des Ausbruchmaterials wird eine Deponie unterhalb Alvaschein reaktiviert, die bereits beim Bau des dortigen Strassentunnels genutzt worden war. 

Vor dem Baubeginn müssen noch die Detailprojekte entwickelt, Bewilligungen eingeholt und die Arbeiten ausgeschrieben und vergeben werden. Die Kosten für den Ausbau sollen knapp 40 Millionen Franken betragen.

 

Aktuelle Geschwindigkeiten der Rutschung 

Meter pro Jahr  |  Trend der letzten zwei Monate
Plateau:  2.3 m/Jahr | stagnierend
Front:  1.7 m/Jahr | abnehmend
West:  3.5 m/Jahr | abnehmend
Insel:  14 m/Jahr | zunehmend
Insel Basis: 9.7 m/Jahr | zunehmend
Rücken Caltgeras: 1.6 m/Jahr | abnehmend
Rutschung Dorf: 1.05 m/Jahr | stagnierend

 

 

(Bilder: Frühwarndienst Gemeinde Albula / Alvra )