Der Grand Prix Literatur geht erstmals an eine Autorin, die auch auf Rätoromanisch publiziert. Als Persönlichkeit, die in der rätoromanischen Literatur ihren festen Platz hat, erhält Leta Semadeni den Schweizer Grand Prix Literatur 2023 für ihr Gesamtwerk. Die Preisverleihung findet am Freitag, 19. Mai 2023, im Rahmen der Solothurner Literaturtage in Anwesenheit von Nationalratspräsident Martin Candinas statt.
Leta Semadeni wurde 1944 in Scuol geboren und studierte Germanistik an der Universität Zürich. Sie arbeitete anschliessend als Lehrerin, später folgten Arbeitsaufenthalte als Schriftstellerin in Ecuador, Paris, Berlin und New York. Seit 2005 lebt sie in Lavin (GR).
Sie schreibt Lyrik, Kurzprosa, Romane und Kinderbücher und verfasst fast alle ihrer Texte sowohl auf Rätoromanisch als auch auf Deutsch. Dabei überträgt sie einen Text nicht einfach in die andere Sprache, sondern schreibt ihn neu und spielt dabei mit den Besonderheiten der jeweiligen Sprache.
Die Texte von Leta Semadeni wurden auf Französisch, Italienisch, Spanisch, Tschechisch, Englisch und Russisch übersetzt und erreichen ein grosses Publikum. 2011 erhielt sie den Schillerpreis für ihren Gedichtband In mia vita da vuolp/In meinem Leben als Fuchs, 2016 den Schweizer Literaturpreis für den Roman Tamangur und 2020 den Josef Guggenmos-Preis für ihre Kinderlyrik. Ihr neustes Buch Amur, grosser Fluss erschien 2022 im Atlantis Verlag. Im selben Jahr übergab sie ihr Archiv dem Schweizerischen Literaturarchiv in Bern.
Spezialpreis Vermittlung 2023 für das Projekt «Schulhausroman»
Der Spezialpreis Vermittlung geht an ein Projekt, das 2005 durch den Gründer des Zürcher Literaturhauses Richard Reich und die Kulturvermittlerin Gerda Wurzenberger ins Leben gerufen wurde: 13- bis 15-jährige Schülerinnen und Schüler werden durch erfahrene Schriftstellerinnen und Schriftsteller beim gemeinsamen Schreiben eines Romans begleitet. Anschliessend wird der Roman herausgegeben und ausserhalb der Schule an einer öffentlichen Lesung vorgestellt. Dank diesem neuen und originellen Ansatz gewinnen Jugendliche, denen Lesen oder Schreiben Schwierigkeiten bereitet, mehr Selbstvertrauen. Nach dem Erfolg in der deutschsprachigen Schweiz wurde das Projekt 2009 in der französischsprachigen Schweiz und 2017 im Tessin und in Graubünden eingeführt. Heute können auf der Website rund 200 «Schulhausromane» bestellt werden.
Schweizer Literaturpreise 2023
Neben dem Schweizer Grand Prix Literatur und dem Spezialpreis Vermittlung hat die Eidgenössische Jury für Literatur die folgenden 2022 erschienenen Werke mit einem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet:
- Prisca Agustoni (1975 in Lugano geboren, lebt im Tessin und in Brasilien), Verso la ruggine, Interlinea
- Jachen Andry (1957 in Zürich geboren, lebt in Barcelona und Scuol), be cun rispli, editionmevinapuorger
- Fanny Desarzens (1993 in Lausanne geboren, lebt in Lausanne), Galel, Editions Slatkine
- Eugène (1969 in Bukarest, Rumänien, geboren, lebt in Lausanne), Lettre à mon dictateur, Editions Slatkine
- Lioba Happel (1957 in Aschaffenburg, Deutschland, geboren, lebt in Lausanne und Berlin), POMMFRITZ aus der Hölle, edition pudelundpinscher
- Lika Nüssli (1973 in Gossau geboren, lebt in St. Gallen), Starkes Ding, Edition Moderne
- Anne-Sophie Subilia (1982 in Lausanne geboren, lebt in Lausanne), L’Epouse, Editions Zoé
Das BAK vergibt jedes Jahr die Schweizer Literaturpreise. Der Schweizer Grand Prix Literatur zeichnet das Gesamtwerk einer Autorin oder eines Autors aus. Der Spezialpreis Vermittlung wird im Wechsel mit dem Spezialpreis Übersetzung alle zwei Jahre vergeben. Zusätzlich zu diesen mit je 40 000 Franken dotierten Auszeichnungen werden jährlich Preise für im vergangenen Jahr erschienene Einzelwerke ausgeschrieben. Diese sind mit je 25 000 Franken dotiert. Ab dem 16. Februar 2023 erscheint jeden Monat eine Ausgabe des Podcasts, in dem die Preisträgerinnen und Preisträger im Gespräch vorgestellt werden. Ihr Schaffen wird ausserdem an den Solothurner Literaturtagen gezeigt.
(Bild: zVg.)