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«Graubünden – wie hast Du’s mit dem Frauenstimmrecht?»

In Davos war es vor 52 Jahren soweit: 1970 gewährte die Gemeinde den Frauen das Stimm- und Wahlrecht. Damit gehörte Davos zwar nicht zu den ersten fünf Gemeinden, die den Frauen bereits 1968 das Stimm- und Wahlrecht zugestanden. Dennoch hatte die Gemeinde gegenüber Bund und Kanton die Nase vorn, die das Frauenstimmrecht kurz danach, in den Jahren 1971 beziehungsweise 1972 beschlossen. Im kantonalen Jubiläumsjahr ist die Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann Graubünden mit einem künstlerischen Programm unterwegs. Am 27. August 2022 macht die halbstündige Stimmperformance «Vuschs Visiblas – Visible Voices» Halt in Davos, angereichert mit einer Ausstellung, kulinarischen Mitsprache-Tischen und einem Film zum Thema. Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit dem Kulturplatz Davos und der Fachstelle «Migration weltweite Kirche» der Evangelisch-reformierten Landeskirche Graubünden. «Es ist wichtig, dass Davos als zweitgrösste Gemeinde im Kanton Gastgeberin für das kantonale Jubiläumsprogramm wird», betont Landammann Philipp Wilhelm.

Von der Vorreiterin zum Schlusslicht

«Die Gleichstellung von Mann und Frau», so Rita Gianelli, Fachstellenleiterin Migration weltweite Kirche, «ist eigentlich der Grundgedanke der Reformation.» Indem die Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden den Frauen bereits 1918 das kirchliche Stimmrecht gewährte, leistete sie wichtige Pionierinnenarbeit. Sie war eine der ersten in der Schweiz, die den Frauen zeitgleich in allen Gemeinden das aktive und passive Stimmrecht zugestanden hatte. Diese Errungenschaft wurde damit begründet, dass die kirchlichen und religiösen Angelegenheiten stärker dem weiblichen als dem männlichen Lebensbereich zugehörig seien. Die volle Berufsausübung der Pfarrerin blieb den Frauen in Graubünden allerdings bis 1965 verwehrt.

Grund zu feiern, Anlass zum Diskutieren

«Um das Ziel der Chancengleichheit zu erreichen, müssen Privilegien reflektiert, Machtstrukturen hinterfragt und vielfältige Kooperationen eingegangen werden», sagt Barbara Wülser, Leiterin der Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann. Die Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen, der Fachstelle «Migration weltweite Kirche» der Evangelisch-reformierten Landeskirche und dem Kulturplatz Davos sei eine solche Kooperation, die die Perspektiven erweitere.

Ab 16 Uhr steht die mobile Ausstellung auf dem Arkadenplatz bereit, die in die damalige Zeit eintauchen lässt und den Blick für die aktuelle Situation schärft. Die zwei halbstündigen Vorführungen der Performance «Vuschs visiblas – Visible Voices», um 16.30 Uhr und um 19.00 Uhr, machen die Stimmrechtsthematik sinnlich erlebbar. Die Regisseurinnen Manuela Steiner und Marisa Waldburger haben das Stück eigens für das Jubiläum entwickelt, basierend auf John Cages Partitur Four6. Es wurde in Chur am 5. März 2022 uraufgeführt, dem Tag des historischen Urnengangs, und Ende Juni bereits als Gastspiel in Pontresina dargeboten. Die vier Künstlerinnen Ursina Giger, Annina Hunziker, Anna Kühn und Wanda Wylowa und ihre Lebenserfahrungen werden sichtbar. Ihre unterschiedlichen Blickwinkel und Gefühlswelten vermischen sich zu einem vielschichtigen Spiegel auf weiblichen Selbstausdruck und stellen die Frage, wie viel Recht wir uns für unsere eigene Stimme nehmen.

Landammann Philipp Wilhelm und Rita Gianelli, Fachstellenleiterin Migration weltweite Kirche, betten das Jubiläum politisch und historisch ein, bevor die Besucherinnen und Besucher selbst zum Mitreden eingeladen sind: Mit «Nimm Platz!» laden die Organisatorinnen zu kulinarisch angereicherten Tischgesprächen über die Themen Partizipation, Vielfalt, Sprache und Kunst. Für einen runden Abschluss der Jubiläumsreihe zum Frauenstimmrecht sorgt der Kulturplatz Davos. Er zeigt mit «Les nouvelles Èves – Heldinnen des Alltags» (2021) einen thematisch passenden Film von sechs Schweizer Filmemacherinnen. Die Teilnahme an allen Programmpunkten ist kostenlos, alle Interessierten sind eingeladen.

 

(Bild: zVg.)