«Profi-Football» in der Schweiz? Das Interview mit Helvetic-Guards-Chef Toni Zöller

Die Ankündigung der European League of Football ELF, 2023 ein Franchise-Team in der Schweiz anzusiedeln, hat Schockwellen durch die nationale Footballszene gejagt. Auch die Calanda Broncos dürften von den «Helvetic Guards» betroffen sein, kommen doch mehrere Bündner Spieler für die Auswahlmannschaft in Frage. GRHeute hat mit Helvetic Guards-Geschäftsführer Toni Zöller gesprochen.

Als Vorstandsvorsitzender des Landesligisten Konstanz Pirates hat Toni Zöller bisher einen eher kleineren Footballverein geführt, nun ist er – mit einigen Gleichgesinnten wie zum Beispiel dem ehemaligen Broncos-Spieler und heutigen Pirates-Coach Matt Hammer – die treibende Kraft hinter den Helvetic Guards, die ab 2023 in der kontinentalen ELF mitspielen.

Die europäische Footballliga ELF wird nächstes Jahr von 12 auf 15 Teams aufgestockt. Gegründet und geführt wird die Liga vom TV-Kommentator Patrick Esume, der den Support der grossen NFL hat und die ELF mit beachtlichen TV-Verträgen, z.B. ProSieben Maxx und ran.de, ausgestattet hat. Wir haben Helvetic Guards-Geschäftsführer Toni Zöller im Interview gefragt, wie es zu den ‹Guards› gekommen ist und was dies für die Klubs in der Schweiz bedeutet.

 

Nach der Veröffentlichung von Commissioner Patrick Esume, ein Team in der Schweiz zu etablieren, waren die Emotionen und Reaktionen in der Footballschweiz zuerst heftig – dann interessiert. 

 

Eine Kritik war, dass das Schweizer Team von Deutschland aus gemanagt werden soll, da Zöller – und auch mehrere seiner Mitstreiter – bei den Konstanz Pirates auf der anderen Seite der Grenze tätig ist. Ist da was dran?

 

Die meisten neuen ELF-Franchises haben eine Organsation eines bestehenden Vereins im Rücken. Die Guards hingegen sind ein neuer Verein, der sämtliche Strukturen neu aufbauen muss. 

 

Die Schweiz ist nicht gerade als Football-Land bekannt. Die Calanda Broncos sind wohl die einzige Football-Marke, die sich in den letzten 20 Jahren auf europäischem Level einen Namen gemacht haben. Wie wollen die Guards dies in kurzer Zeit schaffen und eine Fan-Base etablieren?

 

Mit etwas über 1000 Tackle Footballern ist die Schweiz auch quantitativ eine kleine Football-Nation in Europa. Die Frage stellt sich natürlich, ob es hierzulande überhaupt genug Spieler gibt, die auf dem Level der ELF spielen können.

 

Das Team ist in Zürich beheimatet, aber es gab schon diverse Gerüchte, dass die ‹Guards› in der ganzen Schweiz spielen sollen. Geschäftsführer Zöller klärt.

 

Die Guards werden ein eigenständiger Verein sein.

 

Bei der Lancierung wurde kritisiert, dass die ELF wie in Deutschland die nationalen Verbände übergangen hat, sprich: Auch der Schweizerische American Football-Verband und alle Teams wurden von der Bekanntgabe überrascht. Wie soll die Zusammenarbeit mit dem nationalen Verband und den Mitgliedsklubs beim ELF-Projekt funktionieren?

 

Um Zuschauer ausserhalb der begrenzten Football-Szene zu erreichen, müssen sicher auch neue Zielgruppen erschlossen werden. Dazu wird von den Helvetic Guards eine Zusammenarbeit mit den grossen Media Players angestrebt.

 

Spieler in der ELF werden während einer Saison je nach Einstufung bezahlt (Link Wikipedia). Auch wenn dabei (noch) niemand reich wird, ist das Budget mit 65 bezahlten Spielern und Flugreisen z.B. nach Barcelona und Istanbul beträchtlich. 

 

Die ELF ist letztes Wochenende in ihre zweite Saison gestartet. Guards-Geschäftsführer Zöller ist begeistert.

 

Viele Schweizer Spieler, gerade Footballer im erweiterten Kreis der Nationalannschaft, dürften Interesse an der neuen internationalen Challenge haben. 

 

Schon heute sind einige Schweizer Athleten in ELF-Teams vertreten oder spielen in der German Football League. Was ist der Plan mit diesen «Söldnern»?

 

Broncos sind «on hold»

Auch die Calanda Broncos haben überrascht auf die Nachricht reagiert, dass eine semiprofessionelle Schweizer Mannschaft in der ELF an den Start geht. Die Befürchtungen, 2023 mehrere Spieler an die «Guards» zu verlieren, ist beim Schweizer Rekordmeister mittlerweile einer gewissen Gelassenheit gewichen. «Uns ist natürlich bewusst, dass es dieses Team geben wird und uns möglicherweise auch betreffen wird», so Broncos-Headcoach Geoff Buffum, «die ganze Sache startet aber erst 2023 und betrifft unsere laufende Meisterschaft nicht. Wir konzentrieren uns auf die Saison 2022 und haben deshalb zurzeit auch nichts weiteres zum neuen Team zu sagen.» Die Bündner tun auch gut daran, ihren ganzen Fokus auf die Schweizer Meisterschaft zu legen: Am Samstagabend ist an der Obere Au in Chur der ungeschlagene NLA-Leader Bern Grizzlies zum Spitzenkampf zu Gast.