Das Hotel und Restaurant Belfort in Alvaneu sucht eine neue Pächterin oder einen neuen Pächter oder beides. Für die Suche hat es das ganze Dorf mobilisiert.
Es gibt sie noch, diese Dörfer in Graubünden, in denen man glaubt, ganz weit weg von der Welt zu sein. Alvaneu ist so eins – man kommt mit dem Postauto auf dem Weg von der Lenzerheide nach Davos oder von Alvaneu Bad hoch und ist da, wo sich Schellenursli und Heidi gute Nacht sagen. Wer nach 21 Uhr in Richtung Chur will, muss ins Auto steigen.
Aber was man in solchen Dörfern fast immer findet: Menschen, die etwas für die Gemeinschaft machen wollen. Einer von ihnen ist Thomas Kollegger, im richtigen Leben Leiter des Amtes für Gemeinden, in einem früheren Leben war er Gemeindepräsident von Alvaneu. Als das Besitzerpaar des Hotel Restaurants Belfort ihren Rückzug bekannt gaben, leuchtete bei Thomas Kollegger das rote Lämpchen: Was bleibt in Alvaneu, wenn der einzige Treffpunkt verschwindet? «Das Leben im Dorf richtet sich nicht mehr nach der Kirche. Aber wir wollen, dass die Kirche im Dorf bleibt», sagte Thomas Kollegger.
Die erste Idee: Das Hotel Restaurant Belfort muss Treffpunkt bleiben. Und man muss die Einwohnerinnen und Einwohner dazu bringen, selbst etwas zur Gemeinschaft beizutragen. So entstanden kleine, feine Anlässe: Ein Jassabend, ein Appenzeller Abend, ein italienischer Abend, ein Kunstabend – das Belfort stand vom 2. Februar bis am letzten Freitag von Donnerstag bis Samstagabend offen. Thomas Kollegger ist zufrieden: «Es war ein voller Erfolg.»
Ein Tatzelwurm für die Suche
Nur ein Problem hat sich mit der Zwischennutzung nicht gelöst: Eine richtige Zukunft für das Belfort. Das Belfort liegt am Dorfeingang von Alvaneu und wurde in den 70er Jahren von Markus Beer und seiner Frau selbst gebaut. Auf der Terrasse blickt man in ein Naturschutzgebiet, das Wind und Wetter über tausende Jahre geformt haben. Nur ein bisschen weiter unten steht ein Skilift – perfekt für Kinder, um erste Bögen zu schwingen. Das Hotel hat ein gutes Dutzend Zimmer; ein Saal für Feste und Platz genug für Stammtisch und Küchentische. Wieviel es kostet, wurde nicht gesagt – klar ist aber, dass die Portokasse gross genug sein muss.
So wurde aus dem Grande Finale der Pop-Up-Nutzung im Belfort vor allem ein Signal für ein Neuanfang. Gut 60 Besucherinnen und Besucher fanden sich auf der Wiese vor dem Hotel; in einem Tatzelwurm bildeten sie die Worte: «Bavegna Gasthaus Belfort Alvaneu: Wir sind die Gäste – wo bleibt der Wirt?» Die Botschaft soll viral gehen; in der Hoffnung, dass irgendwann wieder Leben ins Belfort einziehen wird.
Und vielleicht ist es auch eine Anregung für all die Dörfer, in denen der letzte Gast schon längst das Licht gelöscht hat. Vielleicht ist eine Pop-Up-Nutzung eine Idee für lange Winternächte; für den Apero nach der Gemeindeversammlung, für das Jassturnier am Freitagabend. Man muss das Rad nicht neu erfinden. Aber man kann initiativ werden. Für das Dorf, für die Gemeinschaft. Der letzte Gast soll auch wieder der erste sein.
(Bilder: GRHeute, Film: Martin Kaegi)