Die 108. Delegiertenversammlung des Branchenverbands Gastro Graubünden stand ganz im Zeichen des Fachkräftemangels – und Corona. Zweiteres ist fürs erste vorbei, erstes dürfte sich gemäss Branchenmitgliedern in den nächsten Jahren noch verschlimmern.
Daniel Renggli, CEO Revier Hospitality Group, sagt es ganz klar: «Österreich hat aus dem Gastro-Personal ‹Helden› gemacht.» Denn, so sagt er auch: Die Hotelfachschule bilden zwar gute Leute aus, aber in zehn Jahren weiss er nicht, ob in seinem Restaurant noch jemand kocht. Für sein Revier Lenzerheide ist er einen anderen Weg gegangen – die Hierarchien wurden abgebaut und im Prinzip kann jeder jetzt alles machen. Ein Film, bei seinen Mitarbeitern gedreht, zeigt, dass die Angestellten happy sind damit. «Ich liebe es zu helfen, ich helfe gern allen», sagt einer. Und Daniel Renggli sagt auch: «Der Mitarbeiter ist der König, nicht der Gast.»
Während den letzten zwei Jahren hätten die Mitglieder von Gastro Graubünden jeden Gast genommen – so sie es denn gekonnt hätten. «Es gab Mitglieder, die haben am Telefon geweint», sagte Franz Sepp Caluori, Präsident von Gastro Graubünden, an der Delegiertenversammlung vom Dienstag im Hotel Schatzalp in Davos. 99 Newsletter sind in dieser Zeit geschrieben worden, um die Mitglieder über die neuesten Entwicklungen zu informieren, Tipps zu geben und um ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Trotz der Pandemie kamen die Gäste in Scharen. «Der letzte Sommer war der zweitbeste seit 24 Jahren», sagte Franz Sepp Caluori.
Gurkensalat – ein Wettbewerb
Aber: Die Mitarbeiter blieben aus. Franz Sepp Caluori sagte, man sei gerne bereit, Flüchtlinge aus der Ukraine in den Arbeitsprozess zu integrieren. Sein Geschäftsführer Marc Tischhauser zeigte auf, wie man die jüngere Generation anspricht – etwa mit der Gastro Story, in der Saphira verschiedene Gastbetriebe besucht und Challenges macht wie zum Beispiel einen Gurkensalat bei Björn im Restaurant Bräma in Davos.
Das Kernthema ist und bleibt aber der Fachkräftemangel. In einer anschliessenden Diskussionsrunde (Franz Sepp Caluori nannte es «den Hauptgang»), moderiert von Ex-Radio-Südostschweiz-Moderatorin Melanie Salis, wurde nicht nur das im ersten Abschnitt Erwähnte von Daniel Renggli gesagt. So sagte Philipp Albrecht, Direktor des Park Hotel Winterthur, dass er bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Vier-Tage-Woche eingeführt hat. «Die Angestellten haben die Zimmerstunde satt.» Seine Angestellten arbeiten an vier Tagen durch. Diese Tage sind zwar lang, bringen ihnen aber mehr. «Mir kommt es nicht drauf an, ob ich neun oder elf Stunden arbeite», sagte ein Angestellter in einem Einspieler. Dieses Modell hat auch finanzielle Konsequenzen: Das Parkhotel Winterthur hat eine Stelle mehr budgetiert in diesem Jahr. «Unter dem Strich lohnt es sich aber auf jeden Fall», sagte Philipp Albrecht.
Keine Manager mehr
Simone Müller-Staubli ihrerseits arbeitet ist Strategische Leiterin Marketing der Schatz AG in Luzern. Sie betonte, dass die jungen Leute von heute anders funktionieren würden. Die Schatz AG, die im Prinzip die Kräfte von rund 30 Hotels bündelt, ohne eine Kette zu sein, prüft im Moment Rekrutierungsmöglichkeiten über Facebook oder gar Whatsapp. «So funktioniert das heute und darauf müssen wir uns einstellen.» Ein grosses Fragezeichen setzt sie auch in der Ausbildung an den Hotelfachschulen. «Vielleicht müssen wir den Absolvierenden von heute einfach nicht das Gefühl geben, dass sie Manager sind, sondern dass sie Chancen in anderen Abteilungen nutzen sollen. Sie sollen alles machen, das möglich ist.» Unter dem Strich, das ergab die Diskussion auch, ist es wohl so, dass alle Unternehmen, so sie Personal rekrutieren wollen, ihren eigenen Weg finden müssen. Ein Patentrezept gibt es nicht. Wohl aber Ideen.
Was auch noch zur DV gehörte: Die Präsentation der Rechnung, die ohne Gegenstimmen angenommen wurde. Der Geschäftsführung wurde die Decharge erteilt. Gemäss Franz Sepp Caluori soll der Überschuss in die Rekrutierung von jungen Leuten investiert werden.
(Bild: Mattias Nutt Photography)