Im Januar haben die Bündner Bergbahnunternehmen wegen den Coronarestriktionen im Vergleich zum Vorjahr 40 Prozent Transportumsatz verloren. Das Offenhalten der Skigebiete und das freiwillige Engagement bei Massentests der Betriebe haben immerhin den Totalschaden der Bündner Tourismuswirtschaft verhindert.
Ende Dezember 2020 betrug der kumulierte Rückgang beim Transportumsatz im Vergleich zum Vorjahr gemäss dem Monitor von Bergbahnen Graubünden (BBGR), der Branchenorganisation der Bündner Bergbahnen, noch 22,8 Prozent. Mit den 39,4 Prozent des Januars erhöhte sich der kumulierte Verlust beim Transportumsatz auf 28,7 Prozent. Die Gästezahlen reduzierten sich im Januar um 41,4 Prozent, kumuliert über den bisherigen Winter um 31,1 Prozent. Je internationaler die Gästestruktur und je grösser die Ausrichtung auf den Aufenthaltstourismus, um so grösser fiel der Rückgang in den Regionen aus. Stark betroffen ist deshalb z.B. Samnaun, dies auch aufgrund des geschlossenen Partnerskigebiets Ischgl. Der Monitor von BBGR umfasst 23 Bergbahnunternehmen, die 90 Prozent des Bündner Transportumsatzes erwirtschaften.
Keine Hotspots
Die Bündner Skigebiete haben sich trotz gegenteiliger Prognosen nicht zu Corona-Hotspots entwickelt. Die Schneesportler verhalten sich grossmehrheitlich sehr diszipliniert, geduldig und verständnisvoll. Die Schutzkonzepte funktionieren und werden aktuell noch durch freiwillige Massentests in den Betrieben ergänzt, bei welchen die Bergbahnbranche mit der Weissen Arena Gruppe eine nationale Vorreiterrolle eingenommen hat. Martin Hug, Präsident von Bergbahnen Graubünden, kommentiert die Rückgänge wie folgt: «Die Verkaufsbeschränkung der Tageskarten sowie die grundsätzliche Aufforderung, zuhause zu bleiben, haben das Gästeverhalten stark beeinflusst». Im Weiteren haben die Einschränkungen in der Gastronomie und das Fehlen von Aufwärmmöglichkeiten den Erlebnischarakter beeinträchtigt und so zu einer verkürzten Aufenthaltsdauer der Gäste, insbesondere der Familien, geführt. Zudem fehle das Gruppengeschäft mit Schullagern, Vereinen und Firmen. Die älteren, schneeaffinen Gäste verzichten als Risikogruppe teils sogar vollständig auf das Skivergnügen. Die internationalen Gäste bleiben aus und die mutierten Virusvarianten sorgen mit den Lockdown-Verschärfungen seit dem 13. Januar für zusätzliche Verunsicherung. Trotzdem ist die Branche sehr froh, dass sie arbeiten und ihre Leistungen anbieten darf.
Bergbahnen unter Druck
Sogar im Langzeitvergleich mit drei schneearmen Wintern (5-Jahresperiode) und in der 10- Jahresperiode mit der zweimaligen Abwertung des Frankens zeigen die Transportumsätze und die Anzahl Gäste eine klare Zäsur durch die Corona-Pandemie. In diesem Vergleich ergibt sich im Januar ein Minus beim Transportumsatz von 25,9 bzw. 29,4 Prozent. Seit Saisonbeginn sind es im 5-Jahresvergleich 13,1 und im 10-Jahresvergleich 15,4 Prozent. Die Verluste sind sehr herausfordernd und hinterlassen tiefe Spuren. Denn die Bündner Bergbahnunternehmen erwirtschaften 92 Prozent ihres Verkehrsertrages im Winter. Damit sind 80 Prozent der Fixkosten zu decken, welche vom Frühling bis zum Winterstart anfallen. Dazu gehören z.B. der Unterhalt von Transportanlagen, Maschinen und Infrastrukturen. Die Bergbahnbranche ist mit jährlichen Investitionen von rund 120 Mio. Franken auch für das einheimische Gewerbe und dessen Arbeitsplätze von grosser Bedeutung. Ohne Entschädigung droht der Verzicht auf Investitionen, die Konzentration auf den notwendigsten Unterhalt sowie die schmerzhafte Anpassung von Prozessen und Strukturen.
Öffnung hat sich bewährt
Trotz des Rückgangs beim Transportumsatz ist Bergbahnen Graubünden (BBGR) vom Offenhalten der Skigebiete für die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung sowie die Bündner Volkswirtschaft überzeugt. Für die nachgelagerten Leistungsträger der touristischen Wertschöpfungskette des Winters, wie z.B. die Beherbergung, die Gastronomie, die Sportgeschäfte oder der Detailhandel, sind die Skigebiete Voraussetzung, um überhaupt Umsatz zu generieren. Zudem verspüren die Menschen je länger desto mehr das Bedürfnis, sich nach draussen zu begeben und Energie zu tanken. Langsam hinterlässt die Pandemie deutliche Spuren. Dagegen bieten die Bergbahnen auch für die kommenden Sportferien die Möglichkeit, sich bei ausgezeichneten Pistenverhältnissen coronakonform in der Natur zu bewegen und sich geordnet in der Fläche zu verteilen. Damit werden Menschenansammlungen in den Dörfern und unkontrol- lierte Freiluft-Aktivitäten soweit wie möglich reduziert.
Entschädigung ist zwingend
BBGR-Präsident Martin Hug fordert, dass die Bergbahnen für diesen geleisteten «Service Public» und die durch Ein- und Beschränkungen erlittenen Einbussen von Kanton und Bund entschädigt werden. Im Gegensatz zu anderen Branchen liegt für die Bergbahnbranche bisher noch keine Zusage für eine finanzielle Entschädigung vor. Die gültige Härtefallverordnung allein greift aufgrund der möglichen Entschädigungshöhe und der avisierten Unternehmensgrösse definitiv zu kurz. Bei den meisten grösseren und mittleren Bündner Bergbahnen handelt es sich um integrierte Unternehmen mit mehreren Betrieben in den Sparten Verkehr, Gastronomie, Beherbergung, Sportgeräteverleih etc. Über Bergbahnen Graubünden sind daher weiterführende Diskussionen mit dem Kanton im Gange. Genauso führt Seilbahnen Schweiz den Dialog auf Bundesebene.
(Bild: Archiv GRHeute/zVg.)