Grosser Rat: Vieles deutet auf «Modell C» hin

Seit dem Bundesgerichtsurteil von 2019 ist klar, das Wahlsystem für den Grossen Rat muss angepasst werden. Die grossrätliche Kommission für Staatspolitik und Strategie (KSS) hat nun die Botschaft sowie die Zusatzbotschaft der Regierung zur «Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rats» vorberaten. Die Kommissionsmehrheit befürwortet das Modell C (Proporzwahlsystem).

Die KSS hatte in insgesamt fünf Sitzungen sowohl die Botschaft der Regierung zur «Anpassung des Wahlsystems des Grossen Rats» (Modell E, Mischwahlsystem Majorz/Proporz) als auch die von der Kommission verlangte Zusatzbotschaft (Modell C, Proporzwahlsystem «Doppelter Pukelsheim») vorberaten. An den Sitzungen nahmen auch Regierungsrat Christian Rathgeb und Vertreter der Standeskanzlei teil. Nachdem die Kommission bereits am 23. Oktober 2020 einstimmig auf das Geschäft eingetreten war und dieses zur Ergänzung an die Regierung zurückgewiesen hatte, wurden in den nachfolgenden vier Sitzungen die beiden Modelle E und C im Detail beraten.

Kommissionsmehrheit für Modell C

Aufgrund des Urteils des Bundesgerichts vom 29. Juni ist eine Änderung des heutigen Wahlsystems erforderlich. Nachdem die Regierung in der Vernehmlassung das Modell C favorisiert hatte, legte sie aufgrund der politischen Kräfteverhältnisse, wie sie sich nach der Auswertung der Vernehmlassung zeigten, dem Grossen Rat eine Botschaft für das Modell E vor. In der KSS zeigte sich jedoch nach intensiven Beratungen und einem Abwägen aller Vor- und Nachteile – auch im Hinblick auf die Initiative «Für die Verkleinerung des Grossen Rats – 90 sind genug» – dass sich die Kommissionsmehrheit hinter das Modell C stellt. Sie beantragt deshalb dem Grossen Rat, dem Volk eine Verfassungsänderung für ein Proporzwahlsystem zur Abstimmung vorzulegen. Eine Kommissionsminderheit befürwortet demgegenüber das Modell E, also ein Mischwahlsystem von Proporz und Majorz.

Die SP Graubünden reagierte umgehend auf den Vorschlag: «Unter diesen Bedingungen ist die SP Graubünden bereit, ihre hängige Initiative ’90 sind genug› zurückzuziehen.» Die SP sei erfreut, dass die Kommission für Staatspolitik und Strategie (KSS) nach vielen Gesprächen einen breitabgestützten Kompromiss vorlegen kann, der von fast allen Parteien getragen wird (SP, BDP, FDP, SVP, Grüne, GLP).»

Variantenabstimmung?

Die grossrätliche Kommission setzte sich auch mit der Frage auseinander, ob dem Volk beide Wahlsystem-Modelle in einer Variantenabstimmung vorgelegt werden sollen. Die Kommissionsmehrheit, welche sich für das Modell C ausspricht, beantragt dem Grossen Rat, dem Volk nur dieses Modell zur Abstimmung vorzulegen. Die Kommissionsminderheit, welche sich für das Modell E einsetzt, vertritt die Haltung, dass dem Volk in einer Variantenabstimmung die Auswahl zwischen den beiden Modellen gelassen werden soll.

Die Behandlung des Geschäfts ist für die Februarsession 2021 traktandiert. Die Volksabstimmung könnte am 13. Juni 2021 stattfinden.

 

Darum geht’s beim Modell C

Beim Modell C wird der Grosse Rat nach dem (Doppel-) Proporzwahlsystem (Doppelproportionale Divisormethode mit Standardrundung = «Doppelter Pukelsheim») gewählt. Der «doppelte Pukelsheim» garantiert ein Doppelmass an Proportionalität. Die Sitze werden so zugeteilt, dass einerseits die Parteien über das ganze Kantonsgebiet proportional zu ihren Wähleranteilen Sitze erhalten (Oberzuteilung) und andererseits die Wahlkreise proportional zu den Bevölkerungszahlen repräsentiert werden (Unterzuteilung). Als Wahlkreise können die bisherigen 39 Wahlkreise beibehalten werden. Gewählt wird mittels Listen, wählbar sind nur Personen, die auf einer Liste des entsprechenden Wahlkreises stehen.

 

(Bild Graubünden: Apple Karten)