Die Gefährdungslage für das Dorf Brienz/Brinzauls hat sich grundlegend verändert. Die Gefahren durch einen Absturz des ehemaligen «Plateau Ost» und durch die «Schutthalde oben» bestehen nicht mehr. Die neu entstandene Schutthalde oberhalb des Dorfes hat sich seit dem Abbruchereignis der vergangenen Woche stark beruhigt und ist grösstenteils zum Stillstand gekommen. Bis die Gefährdung durch die neugeschaffenen Verhältnisse am Berg neu beurteilt werden kann, muss die vorsorgliche Evakuierung weiter bestehen bleiben. Temporäre Zutritte zum Dorf werden tagsüber voraussichtlich noch vor den Festtagen wieder möglich.
Eine Woche nach dem Abbruchereignis des ehemaligen «Plateau Ost» und der «Schutthalde oben» hat der Frühwarndienst eine erste Lagebeurteilung vorgenommen. Die Lage am Berg hat sich durch die neu entstandenen Verhältnisse generell stark beruhigt, wie der Gemeindeführungsstab Albula/Alvra am Samstag mitteilte.
Im Verlaufe des Novembers hatte sich das «Plateau Ost» hoch über dem Dorf immer stärker beschleunigt. Es ging vergangene Woche in einem mehrtägigen Abbruchereignis ab. Aus der instabil gewordenen Felsmasse gingen über 100 Felsstürze auf die darunterliegende «Schutthalde oben» nieder. Die zunehmende Auflast der Felsstürze beschleunigte die «Schutthalde oben» stark. Ein grosser Abbruch von rund 200’000 bis 300’000 Kubikmetern Fels auf die immer schneller werdende «Schutthalde oben» konnte vorerst nicht ausgeschlossen werden.

Durch die fortschreitende Bewegung zerlegte sich das «Plateau Ost» dann zunehmend in eine Schuttablagerung und vereinte sich mit der «Schutthalde oben» zu einem langsamen Schuttstrom. Dieser bewegte sich zeitweise mehrere Meter pro Stunde Richtung Dorf. Dadurch wurden die Schuttablagerungen der «Schutthalde oben» rund 125 m talwärts in flacheres Gelände geschoben. Die Geschwindigkeiten der neuen Schutthalde haben sich innert weniger Tage nach dem Abbruchereignis stark verlangsamt und sind im unteren Bereich grösstenteils zum Stillstand gekommen. Der unterste Teil des Schuttkegels hinter dem Dorf hat sich durch das Abbruchereignis nicht bewegt.
Den Berg neu kennenlernen
Der Ereignisablauf der vergangenen Woche stellt für die Fachleute des Frühwarndienstes den bestmöglichen Ausgang für Brienz/Brinzauls dar: Mit dem gemeinsamen Abgang als langsamer Schuttstrom, wurde sowohl die Gefährdung durch das «Plateau Ost» als auch die Gefährdung durch die «Schutthalde oben» eliminiert.
Wie nach jedem grösseren Abbruchereignis hat sich das Gelände – und damit möglicherweise auch das Bewegungsverhalten der übrigen Bereiche am Berg – verändert. Damit der Frühwarndienst die Lage genauer einschätzen kann, muss er umfassende Analysen vornehmen und Erfahrungen mit den neu entstandenen Verhältnissen am Berg sammeln.
Durch das Abbruchereignis der vergangenen Woche wurde eine Vielzahl von Messpunkten zerstört. Am Donnerstag mussten daher mit einem Helikopter in der neuen Schutthalde, auf dem Plateau West und im Gebiet «Pro Fop» neue Messpunkte installiert werden.
Fachleute des Frühwarndienstes nahmen eine Erstbeurteilung der neugeschaffenen Verhältnisse aus dem Helikopter vor: Derzeit geht die grösste Gefährdung für das Dorfgebiet von grossen Sturzblöcken aus, die sich in den frischen Anrissbereichen hoch oben am Berg befinden. Sie können bis weit auf die untere Schutthalde und möglicherweise auch darüber hinaus abstürzen. Wenn abstürzende Blöcke auf liegende Blöcke prallen, können zudem Splittersteine entstehen, die eine zusätzliche Gefährdung darstellen.
Keine kurzfristige Aufhebung der Evakuierung
Obwohl sich die Situation seit dem Abbruchereignis des «Plateau Ost» und der «Schutthalde oben» grundsätzlich verbessert hat, kann die laufende Evakuierung vorerst nicht aufgehoben werden. Die künftigen Entwicklungen am Berg sind aufgrund der neugeschaffenen Verhältnisse noch unsicher. Sie müssen im Dezember und Januar weiter beobachtet und anhand von Messdaten analysiert werden. Erst dann können die Fachleute des Frühwarndienstes und die beratenden Geologen die geologischen Verhältnisse und die Gefährdung neu beurteilen.
Temporäre Zutritte zum Dorf werden tagsüber voraussichtlich vor den Festtagen wieder möglich sein. Dafür sind noch Abklärungen zur Gefährdung durch grosse Sturzblöcke und Splittersteine nördlich des Dorfes erforderlich. Gemäss Beschluss des Gemeindeführungsstabes werden nach erfolgter Freigabe durch den Frühwarndienst temporäre Zutritte jeweils am Mittwoch, Samstag und Sonntag zwischen 9 und 17 Uhr möglich sein. Die Information der Betroffenen über die temporären Zutritte wird wie bisher jeweils am Vortag via SMS übermittelt.
Für die Landwirtschaft werden Zutritte an denjenigen Tagen möglich sein, an denen auch das Dorf betreten werden darf. Der Zutritt erfolgt auch für die Landwirtschaft ausschliesslich über den Kontrollpunkt Belfort; es gilt das übliche Winterfahrverbot auf den landwirtschaftlichen Wegen.
Wasservorkommen Armauns angebohrt
In der vergangenen Woche konnte das Wasservorkommen Armauns nördlich des Dorfes erstmals von unten aus dem Entwässerungsstollen angebohrt werden. Die Bohrung erfolgte aus der Nische 12 im Ostarm (im Bild gelb eingekreist). Nach dem Anbohren der Rutschmasse strömten bis zu 1’500 Liter Wasser pro Minute in den Entwässerungsstollen. Diese grossen Wassermengen waren von den Geologen so erwartet worden. Sie sind ein weiterer Erfolg im Bau des Entwässerungsstollens.

Die Arbeiten am Bau des Entwässerungsstollens gehen weiter und weitere Bohrungen in die Rutschmasse folgen in den kommenden Wochen. Die Geologen gehen derzeit nicht davon aus, dass das Wasserreservoir Armauns durch die Entleerung des darunterliegenden Wasservorkommens in der Rutschmasse beeinträchtigt wird.
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(Bilder, Grafiken: zVg.)

