Der Brienzer Rutsch rutscht dank des trockenen Wetters nicht mehr so schnell. Der Gemeindeführungsstab Albula/Alvra rechnet allgemein mit einer Beruhigung der Situation. Zudem wurde an einer Veranstaltung über die weitere Zukunft von Brienz diskutiert.
Wie der Gemeindeführungsstab Albula/Alvra ausführte, präsentieren sich die verschiedenen Rutschungen im Moment folgendermassen:
- Rutschung Berg
Die Teilbereiche «West» (hoch über Vazerol) und «Plateau» haben sich während der Niederschläge Ende Juli / Anfang August markant beschleunigt. Nun hat der Trend aber wieder gedreht und die Geschwindigkeiten gehen zurück. Mehrere Felsabbrüche aus der «Front» haben zu einer wesentlichen Entlastung und damit zu einer Verlangsamung des Plateaus geführt. - Die Geschwindigkeit der «Schutthalde oben» hat sich durch die Felssturzereignisse aus der Front und die Niederschläge im Juli innerhalb weniger Wochen verzehnfacht. Aufgrund der trockenen Witterung hat sich die Geschwindigkeit in der vergangenen Woche aber wieder halbiert und nimmt weiter ab.
- Der Rücken Caltgeras zeigt seit rund 10 Monaten einen Rückgang der Geschwindigkeiten.
- Die «Rutschung Dorf» hat sich in den letzten zwei Wochen weiter verlangsamt und die Geschwindigkeiten der Rutschung Dorf liegen aktuell bei rund 50 cm/Jahr.
- In den vergangenen 10 Monaten haben sich die Geschwindigkeiten aller Messpunkte auf der Rutschung Dorf auf etwa einen Fünftel verlangsamt. So tiefe Geschwindigkeiten wurden im Dorf letztmals im Jahr 2018 gemessen
- Prognose: Nach der ausserordentlich starken Beschleunigung der «Schutthalde oben» Ende Juli / Anfang August, hat sich die Lage in der vergangenen Woche wieder markant entspannt. Die mehrheitlich trockene Witterung wird voraussichtlich zu einer weiteren Beruhigung am Berg führen.
Geschwindigkeiten
Aktuelle Geschwindigkeiten mit Trend der vergangenen 1 – 2 Wochen
Schutthalde oben: von ca. 60 auf 25 cm/Tag | abnehmend
Front West: ca. 2.6 m/Jahr | abnehmend
Front Ost: ca. 2.9 m/Jahr | abnehmend
Plateau: ca. 2.3 m/Jahr | abnehmend
West: ca. 4.6 m/Jahr | abnehmend
Caltgeras: ca. 0.9 m/Jahr | abnehmend
Rutschung Dorf: ca. 0.5 m/Jahr | abnehmend
Bau und Wirkung des Entwässerungsstollens
An den Informationsveranstaltungen vom 13. August informierte der Geologe Daniel Figi über den Baufortschritt und die bereits festgestellten Wirkungen des Entwässerungsstollens. Gut 40 Prozent des Stollenausbruchs und knapp 20 Prozent der Bohrungen aus dem Stollen sind ausgeführt.
Die Messungen zum unterirdischen Wasserdruck und den Geschwindigkeiten zeigen, dass der Entwässerungsstollen bereits jetzt wirkt. Vor allem die Messpunkte im Bereich des Nordarms zeigen, dass die starke Abnahme der Geschwindigkeiten der Rutschung Dorf nicht primär auf die Wetterbedingungen mit geringen Niederschlägen zurückzuführen sind.
Die Verlangsamung der Rutschung Dorf setzt sich auch in der Rutschung Berg fort. Mit Ausnahme des Teilbereich «Plateau Ost» und der Schutthalde oben haben seit Oktober 2024 alle Bereiche eine vergleichbare Verlangsamung erlebt wie die Rutschung Dorf.
Präventive Umsiedlung?
An zwei Informationsveranstaltungen hat die Arbeitsgruppe Umsiedlung Einheimischen und Eigentümer:innen von Zweitwohnungen in Brienz/Brinzauls weitere Erläuterungen zur präventiven Umsiedlung gegeben und zahlreiche Fragen beantwortet.
Am Mittwoch, 13. August trafen sich zahlreiche Einheimische und Zweitheimische zu zwei Informationsveranstaltungen zum Brienzer Rutsch. Hauptthema war die präventive Umsiedlung. Die Arbeitsgruppe der Gemeinde erläuterte noch einmal die Grundsätze und das Vorgehen bei einem Gesuch zur Umsiedlung im Einzelnen und beantwortete Fragen aus dem Publikum.
Insgesamt gebe es in Brienz/Brinzauls 35 Wohnsitze von Einheimischen und 105 Zweitwohnungen und Ferienhäuser, sagte der Leiter der Arbeitsgruppe Roland Tremp. Die Arbeitsgruppe habe Kontakt mit rund 50 Parteien gehabt und Beratungsgespräche mit 30 Parteien geführt. Sämtliche Gespräche seien vertraulich. Im Zentrum stünden meist finanzielle Fragen und familiäre Entscheide.
Zwischen den verschiedenen Varianten einer Umsiedlung gebe es unterschiedliche Fristen. Am schnellsten möglich sei die Variante B ohne den Erwerb oder den Bau eines neuen Hauses. Auch die Umsiedlung in eine bestehende Bauzone (Variante A) sei rasch realisierbar. Am meisten Zeit beanspruche die Variante C mit einer Umsiedlung in eine neue Umsiedlungszone. In diesem Fall sei ein Baubeginn vor Ende 2027 kaum realistisch, führte Roland Tremp aus.
Wo es Fälle gebe, wo Umsiedelnde rasch ein Objekt erwerben können und die Finanzierungen durch Bund und Kanton erst später zugesagt werden, biete die Gemeinde zusammen mit dem Kanton und der Gebäudeversicherung Überbrückungsfinanzierungen an. Wichtig sei in jedem Fall, dass die Umsiedelnden alle Verfahrensschritte und Entscheide mit der Arbeitsgruppe absprechen.
Die Diskussionen im Plenum und in darauffolgenden Einzelgesprächen zeigten einmal mehr, dass die Entscheidung für eine Umsiedlung für die Betroffenen sehr weitreichend und die Abklärungen dazu sehr vielschichtig sind. Die Erläuterungen zur präventiven Umsiedlung würden aufgrund der Gespräche und neuen Abklärungen aktualisiert, sagte Roland Tremp. Ein aktualisiertes Dokument dazu werde bis zum 25. August auf der Website der Gemeinde zur Verfügung gestellt.
Das Dilemma von Brienz
Die Gemeinde, aber auch alle Betroffenen stünden vor einem Dilemma, sagte Gemeindepräsident Daniel Albertin. Die Gemeinde gebe den Evakuierten die Möglichkeit, präventiv umzusiedeln, wenn sie die Belastung und die Unsicherheit nicht mehr tragen können. Andererseits dürfe man auch die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Sanierung des Stollens gelinge und Brienz/Brinzauls eine Zukunft habe. Auch wenn der Entwässerungsstollen wirke, sei in den kommenden fünf oder zehn Jahren mehrfach mit Evakuierungen zu rechnen. Die Arbeitsgruppe steht allen Interessierten für Informations- und Beratungsgespräche zur Verfügung.
Bevölkerungsinformation in zwei Gruppen
Zum ersten Mal seit der Pandemie fand am 13. August wieder einmal eine Bevölkerungsinformation in zwei Gruppen (Einheimische / Zweitheimische), ohne Livestream und ohne Medienschaffende statt. Der Wunsch für diese Form war von Betroffenen gekommen.
Ein Petitionsschreiben stellte diese Form in Frage. Die Gemeinde versuche, auf verschiedene Wünsche von Betroffenen einzugehen, sagte Gemeindepräsident Daniel Albertin dazu. Die öffentliche Form mit Medien und Livestream solle aber auch in Zukunft die übliche Form der Bevölkerungsinformation zum Brienzer Rutsch sein.
Zutritt für Evakuierte und die Landwirtschaft
Der Gemeindeführungsstab ermöglicht den Evakuierten den Zugang zum Dorf und der Landwirtschaft die Bewirtschaftung der Wiesen tagsüber immer dann, wenn die Gefährdungslage es zulässt.
Für die Landwirtschaft gelten dabei verschiedene Zonen, die auf den berechneten Gefährdungen für verschiedene Ereignisse beruhen. Nachdem sich das «Plateau Ost» merklich beruhigt hat, konnten die Einschränkungen etwas zurückgenommen werden. Es gilt nun wieder die Auslaufzone bei einem Schuttstrom aus der Schutthalde oben – ohne das Plateau Ost.
Der Bereich «LW hell» darf immer dann bewirtschaftet werden, wenn auf den Kantonsstrassen und der Eisenbahnlinie die zusätzlichen Ampeln nicht aktiviert sind. Sie werden vor allem dann aktiviert, wenn die Böden sehr nass sind und ein möglicher Schuttstrom ein grösseres Gebiet gefährden würde.
Im Bereich «LW dunkel» befindet sich auch das Dorf. Er umfasst die Zone, in der bei einem Schuttstrom aus der Schutthalde oben Gefahr besteht und darf nur dann bewirtschaftet werden, wenn tagsüber auch der Zugang zum Dorf für Evakuierte möglich ist. Die «weissen» Bereiche innerhalb des Betretungsverbots können in der Regel immer bewirtschaftet werden.
Betretungsverbot gilt auch während der Jagd
Das Amt für Jagd und Fischerei weist in den Jagdbetriebsvorschriften 2025 darauf hin, dass gesperrte Gebiete auch von Jägerinnen und Jägern nicht betreten werden dürfen. Insbesondere beim Sperrgebiet um Brienz/Brinzauls sei zu beachten, dass die Anweisungen der Gemeinde auch für Jägerinnen und Jäger gelten.
Die Zone mit Betretungsverbot ist in der Karte zur Landwirtschaft rot gestrichelt eingezeichnet. Sie ist zusätzlich im Gelände und auf den Wegen signalisiert.
Der Gemeindeführungsstab wünscht allen eine schöne und unfallfreie Jagd!
- Brienzer Ampelanlagen sind betriebsbereit
- Kleine Felsstürze beschleunigen die «Schutthalde oben»
- Ab sofort wieder Phase Rot in Brienz
- Kein Zutritt in Brienz
- Kein Besuch in Brienz heute
- Brienzer:innen dürfen wieder auf Besuch nach Hause
- Keine Prognose für Evakuierung von Brienz
- Brienzer:innen können sich für einen Besuch rüsten
- Umsiedlungskonzepte für Brienz werden konkret
- Es ist wieder still in Brienz
- Hier könnten die Brienzer:innen künftig wohnen
- Bis am Sonntag muss Brienz geräumt werden
- Regierung unterstützt Brienzer Bevölkerung
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