Nach intensiver politischer und medialer Diskussion sowie sorgfältiger historischer Aufarbeitung hat die Stadt Chur mit Unterstützung des Kantons vier Informationstafeln auf dem Friedhof Daleu aufgestellt. Diese erläutern die Hintergründe des Grabdenkmals für deutsche internierte Soldaten und ordnen es historisch ein.
Auf dem Stadtfriedhof Daleu in Chur steht ein Grabmal bzw. ein Gedenkstein zur Erinnerung an während des Ersten Weltkriegs in Graubünden internierte und hier verstorbene deutsche Soldaten. Errichtet wurde er 1938 vom «Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge», einer damals nationalsozialistisch geprägten Organisation, die das Gedenken an die Verstorbenen des Ersten Weltkrieges zur Verbreitung ihrer politischen Gesinnung instrumentalisierte. Während die Existenz dieses Steins in Fachkreisen schon seit Längerem bekannt war, hat eine breite Öffentlichkeit davon im Januar 2023 durch die mediale Berichterstattung erfahren. Der Bericht stiess auf grosse Resonanz und löste eine Diskussion um den künftigen Umgang mit dem Gedenkstein aus.
Der politische Prozess begann 2023 mit einer Interpellation der Gemeinderätin Angela Carigiet Fitzgerald (SP). Sie stellte die Frage, wie künftig mit dem umstrittenen Denkmal umgegangen werden solle. Es handelt sich dabei um ein Mausoleum für während des Ersten Weltkriegs in der Schweiz verstorbene deutsche Soldaten. Dieses Mausoleum wurde mit Billigung der hiesigen Behörden im Jahr 1938 errichtet und 1955 – also lange nach dem Zweiten Weltkrieg – renoviert. Aus vier Varianten – Belassen, Beseitigen, antinationalsozialistisches Mahnmal oder ergänzende Infotafel – entschied sich der Gemeinderat für die Umsetzung der Infotafel.
Geschichte aufarbeiten
Gleichzeitig reichte Timo Schneider (Die Mitte) einen Auftrag ein, der den Stadtrat beauftragte, die Geschichte des Gedenksteins umfassend aufarbeiten zu lassen und Massnahmen zu ergreifen, um den historischen Kontext vor Ort sichtbar zu machen. Das Stadtarchiv Chur führte daraufhin die historische Aufarbeitung durch, die dem Gemeinderat im April 2024 – zusammen mit einem ersten Entwurf der Tafel – vorgelegt wurde.
Aufgrund inhaltlicher und gestalterischer Kritik am ursprünglichen Tafelentwurf verzögerte sich die Fertigstellung. Zudem beschloss der Stadtrat, die Veröffentlichung des kantonalen Forschungsberichts zur Geschichte von Faschismus und Nationalsozialismus in Graubünden abzuwarten. Dieser erschien im März 2025 und bestätigte die bisher aufgearbeiteten Inhalte.
Widmung wurde angepasst
Inhaltlich wurden Präzisierungen zu den beiden erst 1967 beigesetzten Schülern Bunzel und Währer vorgenommen. Ausserdem wurde die Widmung der Regierung des Kantons Graubünden sowie des Gemeinde- und Stadtrats von Chur angepasst. Das Layout der Tafeln wurde ebenfalls überarbeitet: Die Inhalte wurden professionell neu gestaltet, auf vier Tafeln verteilt und in einer Höhe angebracht, die auch für Rollstuhlfahrer gut lesbar ist.
Die nun installierten Tafeln beleuchten verschiedene Aspekte der Geschichte des Gedenksteins: seine Entstehung, die politischen und historischen Hintergründe, die Inschriften sowie die Rolle des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge. Ziel der Tafeln ist es, die Geschichte sichtbar zu machen und eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu ermöglichen.
(Bild: zVg.)