Der Schweizer American-Football-Meister Calanda Broncos steigt am Sonntag mit einem schwierigen Auswärtsspiel in Genf in die neue NLA-Saison 2025. Auf Broncos-Headcoach Geoff Buffum, der seine 12. Saison als «General» des Schweizer Rekordmeisters in Angriff nimmt, warten in diesem Jahr verschiedene Herausforderungen. Der erfolgreichste Coach in der Schweizer Football-Geschichte im GRHeute-Interview.
Coach, ein neues Jahr mit neuen Herausforderungen wartet auf die Broncos. Was sind Ihre Erwartungen?
Ja, das wird ein ‚tricky‘ Jahr. Wenn man aus einer ungeschlagenen Saison in der Schweiz und der Final-Qualifikation im CEFL-Europacup herauskommt und fast das ganze Team zurückkehrt, dann bleibt ja eigentlich nur noch das Ziel, beide Championships zu gewinnen, oder? Und das sind schon enorm hohe Ziele, die alles andere als selbstverständlich sind. Nur schon in die Nähe davon zu kommen ist sehr schwierig. Aber was sonst könnten wir uns für Ziele setzen?
Sie haben das Kader angesprochen. Immerhin verlieren Sie mit Swiss Bowl MVP Romedi Parolini und dem langjährigen Safety Phil Holm zwei Teamstützen in der Verteidigung?
Das stimmt. Aber das sind auch fast schon die einzigen. 20 der 22 Spieler, die letztes Jahr im Swiss Bowl starteten, sind auch dieses Jahr zurück. Mit dieser Quote an zurückkehrenden Spielern wäre wohl jedes Team der Welt glücklich. Ausserdem konnten wir uns auch verschiedentlich verstärken, gerade in der Verteidigung.

Zum Beispiel?
Aus Zürich sind Patrick Grand und Matthias Homolla zu uns gestossen. Dazu gibt mit Flavio Gisler ein etablierter Passverteidiger sein Comeback. Eine ausserordentlich starke Preseason hatte auch unser einheimischer Safety Fadri Padrun, Und dann kann auch Linebacker Gabriel Hollenstein, der von unserem U19-Elite-Team aufgestiegen ist, von Beginn der Saison an mit Spielzeit rechnen. So haben wir zwar einzelne Spieler verloren, aber auch einige vielversprechende Jungs gewonnen.
Und im Angriff wird erneut der Churer Quarterback Robin Sennrich das Team anführen…
…ja, das war letztes Jahr die grosse Story. Dieses Jahr eigentlich nicht mehr. Er hat die Antwort gegeben, ob er auf dem erhofften Level spielen kann. Diese Frage ist geklärt und Robin ist jetzt einfach unser Quarterback. Wir wollen im Angriff konsistenter sein. Während wir in der Verteidigung versuchen, weiter zu dominieren, erhoffe ich mir im Angriff grössere Schritte, gerade gegen die besten Teams.
Gibt es einen speziellen Fokus?
Wenn ich eine Einheit rauspicken müsste, dann glaube ich, dass unsere Offense Line noch stärker aufspielen wird. Die ganze Gruppe hatte eine sehr gute Offseason mit den besten Resultaten im Weight Room, die wir je hatten. Letztes Jahr hatte unsere Offense gegen die allerbesten internationalen Teams Mühe, ich glaube, das hat sie persönlich genommen.

In der Schweizer Meisterschaft dürfte dieses Jahr ein anderer Wind wehen. Mehrere Teams haben deutlich aufgerüstet.
Ja, die Schweizer Liga wird deutlich stärker sein als die letzten Jahre. Letztes Jahr dominierte der Osten mit drei von vier Teams in den Halbfinals. Dieses Jahr erwarte ich eine grosse Herausforderung im Westen – und zwar nicht nur von Genf, Bern und Basel, sondern auch von Thun. Die Tigers sollte man nicht unterschätzen. Im Osten glaube ich, dass St. Gallen nach dem erfolgreichen Premierenjahr in der NLA auch wieder ein ernstzunehmender Herausforderer sein wird. Bei den Zürcher Teams bin ich mir da weniger sicher…
Was meinen Sie damit?
Winterthur hat gefühlt seit 10 Jahren nur Losing Seasons, die Warriors finden einfach kein Rezept, einmal vorwärts zu kommen. Und zu den Zürich Renegades: Was da seit dem letzten Swiss Bowl passiert ist, kann man – nach einer Finalteilnahme – nur als Trauerspiel bezeichnen. Ich erwarte nicht viel von den Renegades und hoffe einfach, dass sie wenigstens die Saison durchspielen können.
Herausforderungen gibts auch im CEFL-Europacup, wo die Broncos nach einem Freilos in der ersten Runde am 10. Mai zuhause auf einen starken serbischen Gegner treffen werden. Ist die CEFL schon in ihren Gedanken?
Natürlich ist der europäische Wettbewerb erneut ein Fokus in diesem Jahr. Zum jetzigen Zeitpunkt konzentrieren wir uns aber erstmal darauf, gut aus dem 1. Spiel herauszukommen. Wir werden wegen der CEFL sicher keinen Gegner in der Schweiz ‚übersehen‘.
Die CEFL ist immerhin der hochkarätigste Klub-Wettbewerb in Europa, für den man sich sportlich qualifizieren muss. Aber da gibts ja auch noch die ELF, unter anderem mit einem Team in der Schweiz…
…man muss sagen, dass die ELF den Broncos eher geholfen hat. Andere NLA-Teams haben Spieler an die ELF verloren. Es hat sich aber herausgestellt, dass wir durch die ELF eher Spieler gewinnen als verlieren. Es zeigt einfach die Kultur und die Qualität, die wir bei den Broncos haben. Als die ELF entstand, meinten alle, jetzt würden die Karten in der Schweiz neu gemischt. Dabei haben die Leute nicht verstanden, was hier bei uns abgeht. Viele Top-Spieler, die zu uns kommen, wollen bleiben, wenn sie mal erleben, was bei den Broncos läuft. Dass jetzt viele Spieler in der Schweiz aus der ELF wieder zu ihren Stammklubs zurück sind, erachte ich als gute Sache.
Weil die Liga damit ausgeglichener wird?
Absolut. Bei den Broncos haben viele die Einstellung, das Siegen und die Titel würden nie aufhören. Die Wahrheit ist aber, wir brauchen im Schweizer Football Herausforderungen, um überleben zu können. Und wenn es mehr Challenges gibt, verliert man halt auch mal, das gehört dazu. Damit wird die Liga und die Qualität besser. Wir werden sicher keinen Sieg als selbstverständlich nehmen.
Das heisst, Sie freuen sich auch darauf, dass gleich im ersten Auswärtsspiel in Genf der langjährige Broncos-Rivale Clark Evans mit einer deutlich verstärkten Seahawks-Truppe auf sie wartet.
Absolut. Es ist gut für die Liga, herausfordernde Spiele zu haben, es braucht eine gewisse Ausgeglichenheit. Auch wenn das bedeutet, dass es nicht sein kann, dass wir in einem Jahrzehnt 8 von 10 Meisterschaften gewinnen. Was soll sonst die Herausforderung sein, besser zu werden? Und zu Clark: Die Storylines werden schon lange überspitzt. Ausserdem haben mittlerweile ja fast alle Teams eine spezielle Rivalität mit Clark.
Zurück zu den Broncos: Auch Ihre Imports Max Gray und Andre Blackett sind zurück. Was erwarten Sie von den beiden?
Dass sie sich selbst sind. Max ist ja schon fast ein halber Schweizer. Er wurde – was nicht üblich ist bei den Broncos – als US-Import von den Mitspielern zum Captain gewählt, das will schon was heissen. Andre zeigte vom ersten Training an den Impact, den er bei uns haben wird. Er bringt grosse Explosivität in unsere Verteidigung.

Ein Meilenstein wird dieses Jahr auch die Eröffnung des neuen Stadions sein. Wie gross ist die Vorfreude?
Sehr gross – wenn es denn endlich geöffnet wird. Es ist etwas enttäuschend, dass wir nicht von Anfang Saison an im neuen Stadion spielen können, aber so ist es nun mal. Im Mai sollte es dann endlich soweit sein. Die Anlage ist grossartig. Man muss sagen, was die Stadt Chur in den letzten Jahren an der Obere Au geleistet hat, ist eindrücklich. Vor zehn Jahren gab es hier zwei Rasenfelder. Jetzt sind es sechs, dazu zwei Turf-Kunstrasen-Plätze, ein Eishockey-Stadion, das Rasensport-Stadion. Das ist bemerkenswert.
Soweit ist alles bereit für die neue Saison. Was gibt es noch zu sagen?
Alle Augen sind jetzt bei uns auf Genf gerichtet. Wir verstehen, dass es eine lange Saison sein wird. Aber wir sind mehr als je zuvor auf dieses Spiel 1 konzentriert. Was nachher passiert, werden wir sehen. Wir sind bereit, vom ersten Spielzug an Vollgas zu geben.
Die Calanda Broncos erfreuen sich weiter wachsender Beliebtheit in Chur und Umgebung. Gleich vier neue Hauptsponsoren darf der Bündner Football-Klub dieses Jahr begrüssen, und zwar die Graubündner Kantonalbank, Calanda Bräu, die Demmel & Partner Baumanagement AG sowie der Finanzdienstleister SMZH. Weitere Hauptsponsoren der Broncos sind Laax, die HRS, Gribag (bisher Calanda-Gruppe), Domenig Immobilien und die BC Tech AG. GRHeute ist gemeinsam mit Radio Grischa Medienpartner der Calanda Broncos.
Hier gehts zur GRHeute-Saisonvorschau im Skype-Showdown-Video-Podcast.
(Bilder: Sergio Brunetti/stockpix.it)