BGV will Graubünden zum Berufsbildungsmekka machen

Der Bündner Gewerbeverband hat mit der Strategie «Berufsbildung Graubünden 2035» eine Grundlage geschaffen, um die Berufsbildung in Graubünden in den kommenden Jahren zu stärken. Ziel der von der Berufsbildungskommission erarbeiteten Strategie ist es, Graubünden innerhalb des nächsten Jahrzehnts als eine der führenden Berufsbildungsregionen des Landes zu etablieren. Die Berufsbildung ist das Rückgrat der Bündner Wirtschaft und spielt eine zentrale Rolle, um den Fachkräftemangel zu beheben. Familien und Arbeitskräfte sollen künftig auch dank der guten Berufsbildung nach Graubünden ziehen.

Die Berufsbildungsstrategie wurde von der neu eingesetzten Berufsbildungskommission des Bündner Gewerbeverbands (BGV) in Begleitung der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB erarbeitet und von der Präsidentenkonferenz des BGV am 3. Oktober 2024 verabschiedet, wie der BGV am Donnerstag mitteilte. Die Strategie umfasst vier Handlungsfelder mit insgesamt 18 Schwerpunkten und 73 Massnahmen, welche in den nächsten zehn Jahren angegangen werden sollen. Es handelt sich um die erste umfassende Berufsbildungsstrategie auf kantonaler Ebene in der Schweiz.

Im Rahmen der Erarbeitung wurde die erste Bündner Lehrbetriebsumfrage durchgeführt. Die Berufsbildung in Graubünden ist solide aufgestellt, wie die Ergebnisse der Umfrage und die Analyse verschiedener Kennzahlen zeigen. Die QV-Abschlussquote, die «Gymi-Quote» und die Lehrvertragsauflösungsquote sind seit 20 Jahren stabil. Es lässt sich zudem beobachten, dass auf verschiedenen Ebenen der Berufsbildung in Graubünden einiges angestossen worden ist. Um das Potenzial der Berufsbildung noch besser auszuschöpfen, müssen alle involvierte Akteure künftig verstärkt in die Berufsbildung investieren.

Unterschiedliche Herausforderungen

Die aktuell grösste Herausforderung im Bündner Berufsbildungssystem ist der starke Rückgang an Lernenden. Zwischen 2008 und 2021 sank die Anzahl der Schulabgänger/innen von fast 2’500 auf 1’500. Entsprechend überrascht es nicht, dass viele Lehrbetriebe über fehlende Lernende klagen. Bis 2035 wird die Anzahl der Schulabgänger/innen stabil bleiben, mit Unterschieden zwischen den Regionen. Laut Prognosen wird das Bevölkerungswachstum im Vergleich zu den umliegenden Kantonen aber deutlich geringer ausfallen. Trotz stabiler Maturitätsquote von rund 20% nimmt der «Gymi-Druck» zu, während das Interesse an Berufen im Gewerbe und in der Industrie abnimmt.

Die topografischen und sprachlichen Gegebenheiten stellen besondere Herausforderungen für die Berufsbildung in Graubünden dar. Lernende haben oft weite Anfahrtswege. Berufsfachschulen zählen nur wenige Lernende pro Berufsgang. Die Mehrsprachigkeit ist eine weitere Herausforderung für den Unterricht und die überbetrieblichen Kurse. Ebenso müssen Bildungsinstitutionen auf einem begrenzten Arbeitsmarkt mit rund 100’000 Arbeitstätigen kostendeckende Weiterbildungsangebote schaffen.

Allgemein kann die Steuerung der Berufsbildung in Graubünden als schwach, die Strukturen als kleinräumig und die Zusammenarbeit als ausbaufähig beurteilt werden. Einerseits entspricht dies der Kultur der kurzen Wege und der natürlichen Vernetzung. Andererseits stellt die schwache Steuerung angesichts der Herausforderungen im Bereich der Berufsbildung einen Nachteil dar.

Strategie als Roadmap

Im Sinne einer Roadmap umfasst die Strategie vier Handlungsfelder mit 73 verschiedenen Massnahmen unter dem Motto «Berufsbildung mit Zukunft – Graubünden». Erstens soll die Berufsbildung in den Schulen und den Familien besser anerkannt und Graubünden mittels Kommunikationsaktivitäten als Berufsbildungskanton positioniert werden. Die Berufsbildung in den Schulen soll ausgebaut werden. Zweitens sollen Ausbildungsbetriebe in ihrer Ausbildungsarbeit unterstützt und begleitet werden, sodass die gute Ausbildungsqualität gesteigert werden kann.

Die Betriebe sind die zentrale Säule der Berufsbildung. Für die Qualitätsentwicklung und für Angebote zuhanden der Ausbildungsbetriebe soll ein branchenübergreifendes Kompetenzzentrum geschaffen werden. Drittens sollen die Strukturen und das Netzwerk gestärkt und auf die Zukunft ausgerichtet werden. Viertens sollen Entwicklungen in der Berufsbildung proaktiv vorangetrieben werden. Die Berufsbildung ist ein System ohne zentrale Steuerung. Die Verbundpartner aus Wirtschaft und Staat haben ihre eigenen, sich ergänzenden Rollen und Aufgaben. Daher ist es enorm wichtig, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Partnern gut funktioniert.

Eine zentrale Aufgabe des BGV besteht darin, alle relevanten Partner der Berufsbildung zusammenzubringen. Entsprechend enthält die Strategie auch verschiedene Massnahmen zur Stärkung des Austauschs und der Zusammenarbeit. Nur gemeinsam kann die Berufsbildung in Graubünden weiter gestärkt werden.

Zur Berufsbildungsstrategie: Berufsbildungsstrategie

(Bild: Archiv GRHeute)