Ein ehrenamtlicher Detektorgänger hat auf der Colm la Runga auf dem Oberhalbstein ein römisches Militärlager entdeckt. Es liegt gut 1000 Meter über dem bereits entdeckten Gefechtsfeld Crap Ses und dürfte ein Teil des Alpenfeldzugs des römischen Kaisers Augustus gewesen sein.
«Die spinnen, die Römer», pflegte Asterix zu Obelix zu sagen. Und wenn man sich die Fundstellen von römischen Überbleibseln in Graubünden ansieht, dann muss man ihm eigentlich zustimmen. Ein Militärlager auf 2200 Metern? Wer macht so etwas und warum?
Dazu muss man wissen, dass der Alpenfeldzug von Kaiser Augustus etwa 15 vor Christus begann. Der Alpenraum war für die Römer Neuland; alles rundherum hatten sie mehr oder weniger in der Gewalt. Kaiser Augustus wollte diesen Tolggen auf der Landkarte killen. Und dazu brauchte er ein paar strategisch geschickte Lager.
Ein sensationeller Fund
Eins davon haben die Archäologen des Kantons Graubünden zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Basel im Oberhalbstein auf der Colm la Runga zwischen Albulapass und Surses gefunden. «Eine archäologische Sensation», sagte der oberste Archäologe Thomas Reitmaier am Donnerstag vor den Medien im Rätischen Museum in Chur. «Es ist ein direkter Einblick in unsere Vergangenheit und ermöglicht neue Perspektiven auf Altbekanntes.»
Diese neue Perspektive auf Altbekanntes hat ein freiwilliger Detektorgänger gefunden. Weiter unten im Tal liegt schon ein Gefechtsfeld, und auch beim Septimer gibt es Teile eines römischen Lagers – aus der Vogelperspektive verbindet sich das alles zu einem grossen Ganzen. Geholfen dabei hat auch Swisstopo: Eine neue, hochauflösende Generation von digitalen Daten zeigen selbst kleinste Höhenunterschiede als Graustufen. So lassen sich eine künstliche Kuppe mit mehreren Gräben oder Wällen wie in der Colm la Runga sehr gut erkennen. Auch strategisch war der Ort für die Römer eine gute Wahl: Sie hatten das Panorama in die umliegenden Talschaften offen vor sich.
Krieg und Liebe
Seit dem 12. August wird das Gelände von Studierenden der Universität Basel untersucht. Gefunden haben sie unter anderem Waffen wie Pfeilspitzen oder Schleuderbleie. Die Schleuderbleie haben alle einen Stempel – denselben wie jene 3. Legion, die auch am Gefecht am Crap Ses gefunden wurden. «Wichtig war auch, dass wir eine Feuerstelle gefunden haben. Mit der Kohle können wir den Zeitraum ziemlich gut eingrenzen», sagte Hannes Flück, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Archäologischen Dienstes Graubünden. Es gibt auch Heringe von Zelten, «teilweise waren sie noch eingesteckt.» Zwischen all dem Krieg gab es offenbar aber auch viel Liebe: Ein Fundstück ist ein Ring mit einem Delfin. «Ein typisches Liebesgeschenk.»
Mit der neuen Fundstelle kann man den Alpenfeldzug von Norditalien zum Bodensee noch ein Stück besser nachvollziehen. Dass es jetzt erforscht wird, hat auch einen uneigennützigen Grund: Wenn es der Kanton nicht macht, stossen vielleicht illegale Gruppen von Detektoren darauf. Davon gibt es im Kanton Graubünden mindestens eine.
(Bilder: GRHeute, zVg/Andrea Badrutt)