An seiner 109. Delegiertenversammlung präsentierte sich GastroGraubünden führungsstark und mit neuer Strategie. Die Richtung für Hotellerie und Gastronomie ist erstmals in einer Vision festgehalten. Angestrebt wird unter anderem ein Quantensprung im Bereich Nachhaltigkeit. Dazu sucht der Verband für ein Foodsave-Programm 30 Pionierbetriebe.
Die Delegiertenversammlung (DV) von GastroGraubünden findet jedes Jahr in einer anderen Tourismusregion statt. Nach den Austragungsorten Poschiavo und Davos richtete der grösste gastgewerbliche Arbeitgeberverband Graubündens die 109. Ausgabe in Savognin aus, wie GastroGraubünden am Mittwoch mitteilte. Dem Ort, wo 1978 Pioniere die erste Beschneiungsanlage des Alpenraums in Betrieb nahmen und Touristen aus ganz Europa hinpilgerten. Am 28. März 2023 reisten 150 Vertreterinnen und Vertreter von Hotellerie, Gastronomie, Bergbahnen, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bildung ins familienfreundliche Jufa Hotel im frisch verschneiten Val Surses.
Umsatzmässig teils besser als vor Corona
Obwohl der Schnee im vergangenen Winter rar war, konnte Franz Sepp Caluori, Präsident von GastroGraubünden, Erfreuliches berichten: «Die meisten Betriebe haben umsatzmässig eine sehr gute Wintersaison hinter sich – wie vor Corona oder sogar noch besser.» Klar ist aber auch, dass die Herausforderungen für Hotellerie und Gastronomie weder kleiner noch weniger werden. Der Arbeitskräftemangel spitzt sich weiter zu, eine hauptsächliche Folge des demografischen Wandels.
Studien prognostizieren dem Kanton Graubünden eine Lücke von 32’000 Vollzeitstellen bis in Jahr 2040. Dies weil mehr Menschen pensioniert werden als neue in den Arbeitsmarkt eintreten und die Wirtschaft gleichzeitig wächst. «Schnelle und kurzfristige Patentlösungen gibt es nicht. Für diese Herausforderung brauchen wir Geduld und vor allem einen langen Atem», so Caluori.
Ungenutzte Liegenschaften in Wohnräume umwandeln
Der Branchenverband will die «kleinen und grossen Berge» partnerschaftlich und branchenübergreifend angehen. Mit seinen über 1000 Mitgliedern aus Hotellerie und Gastronomie, mit den Partnerverbänden und der Politik. Von Letzterer fordert GastroGraubünden unter anderem dringende Lockerungen bei der Drittstaatenregelung und behördliche Anpassungen beim Rentenalter, damit Pensionierte der Branche zumindest mit Teilpensen erhalten bleiben. Auch will sich der Verband für attraktivere Lebens- und Arbeitsbedingungen in Graubünden engagieren, insbesondere im Tourismus. Als machbare Option sieht Franz Sepp Caluori etwa, leerstehende Gemeindebauten, Schulen und Hotels in Wohnraum umzuwandeln.
Mitglieder führen statt verwalten
Strategisch ist GastroGraubünden auf Kurs. Die neue Strategie 2023-2026 knüpft an die vorangehende an und umfasst vier Handlungsfelder: Aus- und Weiterbildung, Nachwuchsförderung, Politik und Kooperationen sowie Nachhaltigkeit. Im Fokus stehen Massnahmen gegen Personalmangel, für mehr Nachwuchs und für die Professionalisierung aller Arbeitsstufen. Ferner will der Verband seine Mitglieder fit für die Zukunft machen: ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig.
Erstmals hat GastroGraubünden eine Vision für die Hotellerie und Gastronomie ausformuliert und zeigt damit, dass er seine Mitglieder nicht nur verwalten, sondern führen will. «Wir zeigen, was auf die Branche zukommt und bieten Hilfsmittel, sich darauf vorzubereiten», so der Geschäftsführer Marc Tischhauser. Die Vision lautet: «Die Bündner Hotellerie und Gastronomie ist 2030 fortschrittlich-traditionell, begeisternd und mutiger. Das Angebot ist qualitativ hochstehend und macht in Nachhaltigkeit, Regionalität und Digitalisierung einen Quantensprung. Wir kommunizieren unsere Werte und Erfolge aktiv in der Öffentlichkeit und stärken dadurch das Branchenimage. Mitarbeitende wie Gäste schätzen uns. Wir leben die Bündner Gastfreundschaft.»
Die Vision soll die einfache Besenbeiz wie auch das luxuriöse 5-Stern-Hotel ansprechen und gleichzeitig dem Verband als Leuchtturm dienen. Moderiert von Melanie Salis erläuterten Präsident Franz Sepp Caluori und Geschäftsführer Marc Tischhauser die Vision aus und betonten, dass jeder Betrieb seinen eigenen Weg zwischen Tradition und Innovation finden müsse.
Foodsave statt Foodwaste – 30 Pioniere bis Ende Mai gesucht
GastroGraubünden will in der Regionalisierung einen Quantensprung vollziehen, der laut Caluori «sichtbar und messbar sein muss». Ziel ist es, bis 2030 einige Tonnen Lebensmittel einzusparen. Foodsave statt Foodwaste lautet das Motto, zu dem Markus Hurschler, Managing Partner der Beratungsfirma Foodways, ein Inputreferat hielt. Er zeigte auf, wie Lebensmittelabfälle in Betrieben reduziert werden können und strich für die Gastronomen die verschiedenen Vorteile hervor. «Leistet man in diesem Thema Pionierarbeit, kann man bei den Jungen als Arbeitgeber punkten», weiss Hurschler. Zudem habe es soziale, sinnstiftende und teambildende Auswirkungen.
Das Projekt Foodsave wird vom Kanton Graubünden und zahlreichen Partnern unterstützt. Erfahrungen zeigen, dass Gastrobetriebe nach der einjährigen Projektphase im Schnitt 35 Prozent Lebensmittel einsparen. GastroGraubünden sucht 30 Pionierbetriebe, die im Juni oder August mit dem Projekt Foodsave starten wollen. Anmeldeschluss ist Ende Mai 2023.
Grosses Lob von Politikern
Als geladene Gäste richteten Standespräsident Tarzisus Caviezel sowie Regierungsrat Marcus Caduff einige Worte an Hotellerie und Gastronomie. Caviezel hob deren grosse Bedeutung für Kanton und Volkswirtschaft hervor und sprach den Gastronomen Dank und Wertschätzung aus. «Zu jedem Ort in Graubünden gehört ein Restaurant und die bündnerische Gastfreundschaft ist ein kulinarisches Erlebnis, für das Menschen aus Nah und Fern anreisen», so Caviezel. Regierungsrat Marcus Caduff schlug die Brücke von den Beschneiungspionieren in Savognin zu heute. «Dieser Innovationsgeist ist in der Tourismusbranche immer noch gefragt». Die aktuelle Situation sei paradox: «Die touristische Nachfrage ist hoch, aber mangels Personal ist das Angebot nur reduziert verfügbar». Der Wirtschaftsminister betonte ferner, dass die Zukunft alle gemeinsam in der Hand haben. «Ich kann weder Arbeiter vermitteln noch Personalwohnungen bauen. Aber ich kann Hand bieten für Pilotprojekte», so Caduff. Für Letztere habe der Kanton einen Verpflichtungskredit von 40 Millionen Franken.
Abstimmungen und Networking
Die Delegierten genehmigten die Jahresrechnung 2022 sowie alle statutarischen Anträge. Nach einer Besichtigung des Jufa Hotels und anschliessendem Apéro fuhr ein Shuttle-Bus die Anwesenden ins historische Hotel Piz Mitgel, wo die gut 150 Gäste feinste Kulinarik bei angeregten Diskussionen und Networking genossen.
(Bild: zVg/Marco Hartmann)