Bündner Jahresrechnung 2022 mit Rekordergebnis

Die Kantonsrechnung 2022 schliesst mit dem besten Ergebnis aller Zeiten ab. Sie weist einen Ertragsüberschuss von insgesamt 205,6 Millionen Franken (Vorjahr +134,3 Mio.) aus. Das operative Plus liegt mit 215,9 Millionen (Vorjahr +139,4 Mio.) gar noch ein wenig höher.

Zum Rekordergebnis beigetragen haben insbesondere die maximal hohe Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von 92,4 Millionen, ein Hochsprung der kantonseigenen Steuererträge um 91,3 Millionen gegenüber dem Vorjahr, der weitgehende Wegfall von coronabedingten Belastungen (Vorjahr netto 87,6 Mio.) und deutlich tieferen Aufwandpositionen gegenüber dem Budget, insbesondere bei der Verbilligung der Krankenkassenprämien (22,5 Mio.), der Strassenrechnung (22,2 Mio.) und den kantonseigenen Investitionsbeiträgen an Dritte (37,9 Mio.). 

Das Rechnungsergebnis (Vorjahr in Klammer) ist durch folgende Eckwerte gekennzeichnet:

  • Gesamtergebnis 205,6 Millionen (134,3 Mio.)
  • Operatives Ergebnis 215,9 Millionen (139,4 Mio.)
  • Steuer- bzw. Fiskalertrag total 910,5 Millionen (819,2 Mio.)
  • Bruttoinvestitionen total 338,4 Millionen (322,7 Mio.)
  • Nettoinvestitionen total 196,4 Millionen (189,4 Mio.)
  • Staatsquote 12,8 Prozent (15,1 %)
  • Selbstfinanzierungsgrad der Nettoinvestitionen 213,3 Prozent (175,3 %)
  • Frei verfügbares Eigenkapital 735,3 Millionen (627,8 Mio.)

Deutliche Budgetunterschreitungen, hohe Steuererträge und hoher SNB-Gewinn

Der Personalaufwand unterschreitet mit total 409 Millionen Franken das Budget um über 18 Millionen (Vorjahr 3 Mio.). Die Budgetkredite beim Sach- und Betriebsaufwand von total 387 Millionen wurden um 79 Millionen (Vorjahr 28 Mio.) nicht beansprucht. Aufgrund der markant unter den Budgeterwartungen liegenden Nettoinvestitionen lagen auch die Abschreibungen des Verwaltungsvermögens 25 Millionen (Vorjahr 34 Mio.) tiefer als budgetiert. Mit 38 Millionen (Vorjahr 29 Mio.) zur Aufwandminderung beigetragen haben nicht beanspruchte Budgetkredite für Investitionsbeiträge an Dritte, welche im Rechnungsjahr komplett abgeschrieben werden. Diese überaus hohen Budgetunterschreitungen sind trotz pauschalen Minusaufwandpositionen im Budget von total 27 Millionen (Personalaufwand 7 Mio., Sach-und Betriebsaufwand 8 Mio., Entgelte 2 Mio. und Abschreibungen 10 Mio.) entstanden.

Bei den Kantonssteuern erleben die Grundstückgewinnsteuern einen Hochsprung auf 84,2 Millionen (+33,5 Mio.). Die direkten Steuern der natürlichen Personen (Einkommens-, Vermögens- und Quellensteuern sowie Aufwandsteuern von ausländischen Personen) liegen mit 627,0 Millionen deutlich über dem Vorjahr (+36,3 Mio. / +6 %). Auch die direkten Steuern der juristischen Personen (Gewinn- und Kapitalsteuern) liegen mit 95,7 Millionen deutlich über dem Vorjahr (+15,8 Mio. / +20 %). Die Steuererträge 2022 basieren grösstenteils auf der Bemessungsgrundlage 2021 und damit des zweiten «Corona-Jahres». Die Bündner Wirtschaft und Bevölkerung hat diese Krise wirtschaftlich erstaunlich gut überstanden.

Die Spezialfinanzierung Strassen weist im 2022 ohne einen Beitrag aus allgemeinen Staatsmitteln einen Einnahmenüberschuss von 1,4 Millionen (Vorjahr 6,3 Mio.) auf. Budgetiert war ein Ausgabenüberschuss von 20 Millionen bei einem Beitrag aus allgemeinen Staatsmitteln von 20,8 Millionen. Diese Verbesserung des Ergebnisses um 42 Millionen (Vorjahr 46 Mio.) ist vor allem auf geringere Investitionsausgaben durch Projektverzögerungen zurückzuführen. Das Strassenguthaben verbleibt auf dem gesetzlichen Maximum von 100 Millionen.

Leicht negatives ausserordentliches Ergebnis

Die drei wesentlichen im politischen Interesse gehaltenen Finanzanlagen des Kantons (Aktien Repower AG, Partizipationsscheine GKB und Aktien Ems-Chemie Holding AG) haben im Total zu einem hohen Aufwertungsgewinn von 41,4 Millionen Franken geführt. Im ausserordentlichen Ergebnis sind zudem die Reserveentnahmen betreffend Albulatunnel RhB (+2,1 Mio.), systemrelevante Infrastrukturen (+0,8 Mio.), Förderung digitale Transformation (+2,0 Mio.) und Umsetzung des «Aktionsplans Green Deal (AGD)» (+3,4 Mio.) enthalten. Unter Berücksichtigung der Aufstockung der Reserve für den Bau des Fachhochschulzentrums Chur um 60 Millionen entsteht im ausserordentlichen Ergebnis ein Minus von 10,3 Millionen.

Eigenkapital wächst durch Ertragsüberschuss

Das Gesamtergebnis zeigt einen Ertragsüberschuss von 205,6 Millionen Franken (Vorjahr 134,3 Mio.). Das ausgewiesene Eigenkapital beträgt nach der Gewinnverbuchung 3,1 Milliarden. Davon sind 735 Millionen frei verfügbares Eigenkapital (Vorjahr 628 Mio.). Die übrigen 2,4 Milliarden sind im Verwaltungsvermögen, in Finanzanlagen sowie in Spezial- und Vorfinanzierungen gebunden.

Nettoinvestitionen leicht tiefer als im Vorjahr

Die Nettoinvestitionen belaufen sich im 2022 auf 196,4 Millionen Franken. Sie übertreffen damit den Vorjahreswert um 7,0 Millionen. Im Budget waren Nettoinvestitionen von 280,7 Millionen geplant. Für die laufenden Bauprojekte des Hoch- und Tiefbaus sowie weitere Sachanlagen wurden insgesamt 134,5 Millionen ausgegeben (gegenüber Vorjahr +2,5 Mio.; Budget -26,0 Mio.). Die eigenen Investitionsbeiträge an Dritte liegen mit 176,4 Millionen zwar deutlich über dem Vorjahreswert (+16,8 Mio.), sie unterschreiten die Budgetvorgabe jedoch trotzdem um hohe 37,9 Millionen.

Weiteres grosses Plus erwartet

Zum möglichen Ergebnis des laufenden Jahres 2023 gibt es inzwischen grobe Anhaltspunkte. Die Gewinnausschüttung der SNB fällt im 2023 bekanntlich vollständig aus. Die kantonseigenen Steuererträge dürfen jedoch auf dem hohen Niveau des Vorjahres ausfallen. Bei den Individuellen Prämenverbilligungs-Beiträgen (IPV) ist aufgrund des starken Prämienanstiegs mit einem kräftigen Anstieg zu rechnen. Die Strassenrechnung dürfte im 2023 wieder Mittel aus dem allgemeinen Staatshaushalt benötigen. Bei den Investitionen ist ein weiterer starker Anstieg zu erwarten. Im Ergebnis 2023 dürfte immer noch ein Plus in der Grössenordnung zwischen 50 und 100 Millionen resultieren.

Für die kommenden Jahre wird mit einem enger werdenden Finanzrahmen gerechnet. Die Beiträge aus dem nationalen Ressourcenausgleich werden sich ab dem 2024 wesentlich reduzieren. Nicht gesichert sind im Weiteren die Erträge, die von der Entwicklung der Finanzmärkte abhängig sind, so die Gewinnausschüttung der SNB und die Buchgewinne auf den Anlagen im Finanzvermögen. Zudem erhöht der Arbeitskräftemangel und der verstärkte Standortwettbewerb unter den Kantonen den Druck auf die kantonseigenen Steuern. Auf der Aufwandseite meldet sich nach einem Jahrzehnt ohne Inflation die Teuerung zurück. Die Ausgabendynamik ist besonders im Beitragsbereich hoch, was den finanzpolitischen Handlungsspielraum zusätzlich einschränkt. Die letzten Jahresergebnisse und die sehr solide finanzielle Basis des Kantons bilden jedoch eine gute Ausgangslage für die kommenden finanziellen Herausforderungen. Der Grosse Rat wird die Jahresrechnung 2022 in der Junisession 2023 behandeln.

 

(Symbolbild: GRHeute/Pixabay)