Seit zehn Jahren bietet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Menschen in schwierigen Lebenslagen Unterstützung. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Behörde brachte eine grundlegende Professionalisierung in der Fallbearbeitung mit sich. Vor der Gründung der KESB und bis ins Jahr 2012 wurden in grossen Teilen der Schweiz – so auch in Graubünden – vormundschaftliche Massnahmen durch politisch gewählte kommunale Miliz- oder Laienbehörden angeordnet.
In Graubünden fällt der Rückblick auf 10 Jahre Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) positiv aus. Seit der Gründung der KESB im 2013 haben die fünf Zweigstellen in Graubünden über 31 000 Verfahren professionell bearbeitet, wie die Standeskanzlei des Kantons Graubünden am Mittwoch mitteilte. Gemeinsam mit den eingesetzten Beiständinnen und Beiständen begleiten und unterstützen die Mitarbeitenden der KESB Graubünden hilfsbedürftige Kinder und Erwachsene. Die KESB analysiert die Situation und ordnet wo nötig Massnahmen an. Das Spektrum der Massnahmen reicht von individuell angepassten Beistandschaften über Erziehungshilfen bis in ganz seltenen Fällen hin zum Entzug der Handlungsfähigkeit bei Erwachsenen oder Fremdunterbringungen von Kindern und Jugendlichen.
Ein wichtiges Ziel der Gesetzesrevision 2013 war die Förderung der Selbstbestimmung der Betroffenen. An diesem Grundsatz orientieren sich die Mitarbeitenden der KESB heute bei den auf die verschiedenen Lebenssituationen angepassten Massnahmen. Bei der Beurteilung der Bedürfnisse der Klientinnen und Klienten achtet die KESB darauf, dass immer die am wenigsten einschneidende und sinnvollste Unterstützung der Betroffenen gesucht wird. Die Entscheide können rechtlich angefochten werden, wenn Betroffene damit nicht einverstanden sind.
Rund zwei Drittel aller Personen, welche durch die KESB und Beistandspersonen unterstützt werden, sind hilfsbedürftige Erwachsene. In vielen Fällen handelt es sich um ältere Menschen, bei denen eine Demenzerkrankung vorliegt und deren finanzielle Situation von einer Beistandsperson geregelt werden muss. Ein weiteres Drittel der behandelten Fälle betrifft Kinder. Dabei geht es häufig um Streitigkeiten der Eltern, die sich beispielsweise betreffend Besuchsrecht nicht einigen können. Aber auch häusliche Gewalt unter Eltern in Anwesenheit von Kindern ist ein Thema.
Wenn die KESB Meldung erhält, dass ein Kind oder eine erwachsene Person hilfsbedürftig oder gefährdet ist, klären die KESB-Mitarbeitenden ab, ob und in welcher Form Unterstützung und Schutz notwendig sind. In circa einem Drittel aller eingegangener Meldungen ordnet die KESB nach dieser Abklärung keine Massnahme an. Die betroffenen Personen können sich selbst helfen oder sind freiwillig bereit, Massnahmen zu treffen. Die KESB achtet darauf, dass die Betroffenen ihr Leben so selbständig und selbstbestimmt wie möglich weiterführen können.
Für die Schwächsten einstehen
Die Mitarbeitenden der KESB setzen sich tagtäglich mit den Situationen und Bedürfnissen von Menschen in teilweise äusserst schwierigen Lebenssituationen auseinander. Matthias Tscharner, Leiter der KESB Graubünden, sieht die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde deshalb auch als soziale Feuerwehr. Die Aufgaben stellen die Mitarbeitenden der KESB immer wieder vor grosse Herausforderungen. Die Arbeit im interdisziplinären Team sei aber auch sehr interessant, vielfältig und bereichernd.
Die Schwelle in der Bevölkerung, um mit der Schutzbehörde in Kontakt zu treten ist allerdings immer noch hoch. Auch wenn das Verständnis für die Arbeit der KESB gestiegen ist, gibt es immer noch Ängste. Die KESB Graubünden will diesen entgegentreten. «Es ist das Ziel aller unseren Mitarbeitenden, in jedem Gespräch oder mit jeder Massnahme den Betroffenen Vertrauen in unsere Arbeit zu geben. So wollen wir Schritt für Schritt auch zeigen, wie wir arbeiten und dass wir für die Schwächsten einstehen,» sagt Matthias Tscharner, Leiter der KESB Graubünden.
(Bild: Archiv GRHeute)