«Ich habe im Bundeslager ,mova’ der Pfadibewegung Schweiz im Goms meinen Enkel Laurin, Pfadiname ,Pikachu’ besucht. Eine riesige Zeltstadt für 30’000 Pfädis. So toll. Ich habe gestaunt über die grandiose Organisation. ,Pikachu’ hat uns über seine Erlebnisse erzählt und das Lager gezeigt. Er ist diese Woche getauft worden, aber er wollte seinen bisherigen Wölfli-Namen ,Pikachu’ behalten. Alle Pfadis dürfen einmal in der Woche nach einem vorgegebenen Zeitplan duschen. ,Pikachu’ durfte morgens um sieben duschen, danach ging es auf eine Tageswanderung bei sonnigem, warmen Wetter! Das Essen sei wunderbar und schmecke immer gut. ,Pikachu’ meint zwar, dass er es nicht so gut findet, dass mit Gas gekocht würde. Damit unterstütze man ja Russland.
Diese Woche durfte er eine Spezialprüfung zum Thema Kunst ablegen. Das hat ,Pikachu’ sehr gut gefallen. Auf dem Lagergelände besteht die Möglichkeit, viele verschiedene Events zu besuchen. Im grossen Funkturm können die Pfadis mit der ganzen Welt Kontakt aufnehmen, mit oder ohne morsen, man kann Holztürme und Lagergegenstände in einer Holzwerkstätte zusammen hämmern, man kann einen Kletterturm besteigen und auf einem Skatepark grossen Spass haben. ,Pikachu’ möchte diese Woche einiges davon ausprobieren. Er erzählte mir, dass sie jede Nacht eine Nachtwache organisieren, damit ihnen niemand ‘heringeln’ könne. Sehr beeindruckend für mich. Mich hat es gefreut, dass trotz des Wandels, die die Pfadi-Bewegung in den letzten Jahrzehnten durchmachte, die Zelte grösstenteils immer noch die gleichen geblieben sind wie vor bald 60 Jahren, als ich auch bei den Pfadis war. Beige ‘Spatz-Zelte’ aus Baumwolle.
1966 war ich selber im Bundeslager im Domleschg und es war auch ein grossartiges Erlebnis. Wir waren 15’000 Teilnehmer, nur Jungs und wir waren auf zwölf Unterlager im Domleschg verteilt. Ich war damals bei der Pfadi Ruchenberg in Chur. Unser Unterlager ,Tschavier› war bei Bonaduz auf einer Waldlichtung, wo es nach Versam weitergeht. Wir waren weit weg vom Schuss, ganz zuhinterst. Wir hatten Pfadfinder aus Amerika eingeladen. Ein tolles, eindrückliches Erlebnis. Wir hatten nur eine einfache selbstgebaute Feuerstelle, und wenn man sieht wie die Verpflegung im Bundeslager ist, mit einer eigenen Migros, wo jede Gruppe ihre Verpflegung selber abholen muss, ist das schon ein grosser Gegensatz.
Wir haben damals einen Menuplan für die ganzen zwei Wochen gemacht und es selbst mitgebracht. Frisches Essen war eher rar. Wir haben Spaghetti, Reis und Büchsenravioli gekocht. Und Porridge. Ich kann mich erinnern, es gab ganz viel Porridge, und ich hatte das gar nicht gern. Sandsturm hingegen, die gebrannten Haferflocken mit Zucker, mochte ich gern. Fotzelschnitten haben wir auch in der Pfanne über dem Feuer gemacht. Jede Abteilung machte ein Lager-Tor. Es gab auch einen extra BuLa-Zug, den die Pfadfinder bunt angemalt hatten. So konnten die Pfader im Domleschg gratis hin- und herfahren. Wir hatten auch eine BuLa-Zeitung, die jeden Tag herauskam. Sie hiess «Capricorn». Auch der damalige Bundesrat Rudolf Gnägi hat uns mit dem Helikopter zusammen mit dem höchsten Pfadi an der Eröffnungsfeier besucht. Shops und Stände und gar eine Pizzeria gab es bei uns nicht, auch kein Spital und keine Post.
Der Grundgedanke, meine ich, ist trotzdem seit damals der gleiche geblieben: Das Zusammengehörigkeitsgefühl, das in einer solchen Pfadigruppe entsteht, wenn man alles zusammen macht, Exkursionen, Pfaditechnik, Spiel, Sport, Kochen, Essen, Schlafen, das ist immer noch dasselbe. Für das spätere Leben bringt einem das sehr viel.»
(Bilder: GRHeute, Otto Bisaz)