25 Hauptkonzerte und zahlreiche kostenfreie Veranstaltungen, Festivalwanderungen und Musikerlebnisse erwarten das Publikum.
Das DAVOS FESTIVAL ist seit 37 Jahren fester Bestandteil des Schweizer Festivalkalenders. Vom 6. bis 20. August 2022 präsentiert Intendant Marco Amherd das diesjährige Festival unter dem Motto «Flunkern». Grössere und kleinere Lügen gehören zum Alltag in Politik, Sport, Kultur und weiten Bereichen unseres Privatlebens. Auch die Musik lebt von Schummeleien im kleinen und auch grossen Stil. In zahlreichen Kammermusik-, Orchester- und solistischen Konzerten beleuchtet das DAVOS FESTIVAL die Lüge aus verschiedenen Perspektiven. Märchen für Erwachsene, musikalische Aufklärung für Kinder, geklaute Barockmusik und unverfälschte Klänge versprechen humorvolle, nachdenklich stimmende und garantiert berührende Konzerterlebnisse.
Über 80 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt gestalten dieses Jahr in mehr als 50 Konzerten und Veranstal- tungen ein aussergewöhnliches Festivalerlebnis, welches erneut zahlreiche kostenfreie Angebote einschliesst. Das Offene Singen, die Offenen Bühnen im Bahnhof Davos Platz und in der Kirche St. Theodul sowie Einführungen zu den Konzerten warten ebenso auf das Publikum wie eine Ballettlektion für alle, und die immersive Installation «All the Lives» bietet passend zum Festivalmotto die Erfahrung des Deep Fake am eigenen Leib.
Organist und Dirigent Marco Amherd amtet seit 2020 als Intendant. Unter seiner Intendanz entwickeln sich beliebte Formate weiter und es kommen innovative neue Ideen und Projekte dazu. Auch der Gedanke der Nachwuchsförderung wird durch die DAVOS FESTIVAL Akademie für Musikstudierende hochgeschrieben. Anspruch des DAVOS FESTIVAL ist es, in die Landschaft Davos auszuschwärmen und diese mit andersartiger Musikkultur zu bereichern. Programmatisch bleibt der Akzent auf der Pflege der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Der verspielte Davoser Geist ist das unverkennbare Markenzeichen des Festivals.
Die musikalische Bandbreite
Der Neuen Musik wird beim DAVOS FESTIVAL traditionsgemäss ein zentraler Platz eingeräumt. Bereits im Er- öffnungskonzert stehen die zeitgenössischen Komponisten Michael Jarrell (*1958) und Johanna Doderer (*1969) auf dem Programm. Der Genfer Jarrell nimmt mit seinem Werk Entlehnungen für Marimbaphon (Solistin: Marianna Bednarska) gleich den thematischen Faden des Festivalmottos «Flunkern» sowie des Eröffnungskonzerts unter dem Titel «Alles nur geklaut» auf: die Frage der Urheberschaft, welche sich in der Musik oft vielschichtig gestaltet.
Nebst dem zeitgenössischen Repertoire, das im Zentrum der DAVOS FESTIVAL Konzerte steht, erklingt die ganze Bandbreite vom Frühbarock (Musik von Antonio Bertali, Guiseppe Valentini, Élisabeth Jacquet de La Guerre, Georg Muffat) über das klassische (Franz Schubert, Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven) und das klassisch-romantische Repertoire (Clara Schumann, Antonín Dvořák, Felix Mendelssohn Bartholdy) bis hin zu herausragen- den Werken der frühen Moderne. Die Auswahl beinhaltet Werke von Grażyna Bacewicz, Arnold Schönberg, Paul Hindemith, Rebecca Clarke, Mieczyław Weinberg und zahlreichen anderen. Zu den diesjährigen Spielstätten in Davos und Umgebung gehören das Kongresszentrum Davos, die Kirchen St. Johann, St. Theodul, Monstein und Sertig, die Pauluskirche, das Hotel Schatzalp, das Kirchner Museum Davos, der Bahnhof Davos Platz sowie der Kulturplatz Davos.
Konzert mit Monooper
1959 komponierte Francis Poulenc auf Anfrage des damaligen Chefs des Ricordi-Verlags als Kompositionsauftrag das Monodrama La voix humaine, welches auf einem Text seines Freundes Jean Cocteau beruht und zu den zentralen Werken dieser seltenen Gattung von Musiktheater zählt. Ursprünglich als Hauptrolle für Maria Callas angedacht, setzte Poulenc seinen Willen durch und schrieb das Drama der grossen französischen Sopranistin Denise Duval auf den Leib. In La voix humaine wird ein Anruf mehrmals unterbrochen und die Leitung muss immer wieder neu hergestellt werden – ein Phänomen, das wir heutzutage nur noch von Zugfahrten im alpinen Raum kennen. Die aus Paris stammende Dramaturgin Hélène Schweitzer inszeniert das Werk eigens für das DAVOS FESTIVAL in den Kulissen des Hotels Schatzalp. Die Sopranistin Hélène Walter übernimmt den Solopart der «jungen und eleganten Frau», die sich in einem knapp 45 Minuten dauernden Telefongespräch, zerhackt in zwölf Sequenzen, von ihrem Geliebten für immer verabschiedet. (Dienstag,16. August, 20.30 Uhr, Hotel Schatzalp)
Uraufführungswerk von Naomi Pinnock
Am DAVOS FESTIVAL haben Uraufführungen eine lange und lebendige Tradition. In diesem Jahr hat Intendant Marco Amherd die britische, in der Schweiz lebende Komponistin Naomi Pinnock, Gewinnerin des Komponisten-Förderpreises der Ernst von Siemens Musikstiftung, mit einem neuen Werk beauftragt. Naomi Pinnock studierte Komposition bei Harrison Birtwistle und Brian Elias in London sowie bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe. Mit stark reduziertem Klangmaterial erschafft sie zartzerbrechliche, fein ausdifferenzierte Klangformationen. Inspiration für ihre Werke bezieht die Komponistin oftmals aus wesensverwandten Formzusammenhängen der Literatur und Malerei. Für das DAVOS FESTIVAL setzt sie sich mit wissenschaftlicher Literatur auseinander: In ihrem neuen Werk für Violine und Viola spürt Naomi Pinnock zwei Klimaberichten aus den Jahren 1971 und 2022 nach, bezieht sich in ihrer Komposition auf das Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Gesellschaft und formt mit transparenten Linien eindrückliche Klänge. Eoin Ducrot (Violine) und Alessandro d’Amico (Viola) lassen die Klänge im Konzert «Auf der Anklagebank – Klima vs. Menschheit» lebendig werden. (Freitag, 19. August, 20.30 Uhr, Kongresszent- rum Davos)
Neuer Hauptkonzertort: Kongresszentrum Davos
Das Festival kehrt an seinen Ursprungsort zurück und veranstaltet die Abendkonzerte mehrheitlich im Kongresszentrum Davos. Da der vor einigen Jahren erfolgte Um- und Ausbau des Kongresszentrums hauptsächlich auf Sprachakustik ausgerichtet war, ist das DAVOS FESTIVAL die letzten Jahre auf andere Spielstätten ausgewichen. Mit dem Entschluss, einen Teil des grossen Plenarsaals als Konzertsaal zu nutzen und zu entdecken, lotet das Fes- tival abermals Klangerlebnisse aus.
Offene Bühnen im Programm
Die letztjährig eingeführte Offene Bühne «Frau Bach» findet ihre Fortsetzung: Wochentags um 11 Uhr lädt nun «Frau Barock» zum Kurzkonzert in die Kirche St. Theodul. Die Orgel war das Instrument des Jahres 2021 und wird in diesem Format besonders gewürdigt. Die preisgekrönte Organistin Anastasia Stahl gibt einen Einblick in das vielseitige Repertoire des Instruments aus dem Früh-, Hoch- und Spätbarock. Neben bekannten Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Dietrich Buxtehude gibt es auch weniger bekannte Namen wie Girolamo Frescobaldi oder Jan Pieterszoon Sweelinck zu entdecken. Ergänzend erklingen solistische Werke von zeitgenössischen Komponistinnen. Dank dieser Kombination entsteht ein reizvoller Dialog, der die Ohren öffnet und kleine musikalische Oasen vor dem Mittag bietet.
DAVOS FESTIVAL Akademie und Camerata
Die DAVOS FESTIVAL Akademie ermöglicht jährlich rund 20 Nachwuchsmusikerinnen und -musikern eine aktive Festivalteilnahme zur professionellen und individuellen Weiterbildung. Für zwei Wochen vertiefen sich die ausgewählten Teilnehmenden in tägliche Proben, um ein breitgefächertes Repertoire zu erarbeiten. Die Mitglieder der Akademie erhalten die Möglichkeit, einerseits im Orchester als Teil der DAVOS FESTIVAL Camerata und andererseits mit Kammermusik auf den Offenen Bühnen am DAVOS FESTIVAL aufzutreten. Zusätzlich gibt es weitere Ausbildungsangebote in Bereichen wie Dirigieren, Gesundheit, Netzwerk und Selbstpräsentation.
Für die musikalische Leitung der Akademie und der Camerata zeichnet in diesem Sommer bereits zum zweiten Mal die vielbeachtete Dirigentin Holly Hyun Choe verantwortlich, die mit den Akademistinnen und Akademisten anspruchsvolle Werke erarbeitet und zur Aufführung bringt: Nathan Stornettas Légendes für Perkussion und Streichorchester (Solistin: Marianna Bednarska), Le temps für Streichorchester von Caroline Charrière und Grażyna Bacewicz’ Konzert für Streichorchester. Im Schlusskonzert liefert die Camerata mit dem Werk Verklärte Nacht von Arnold Schönberg den finalen Höhepunkt des diesjährigen Festivals.
DAVOS FESTIVAL macht Schule
Seit dem Schuljahr 2021/2022 drückt das DAVOS FESTIVAL die Schulbank. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aller Altersklassen werden dabei in verschiedenen Projekten musikalische Erlebnisse erschaffen und Erfahrungen ermöglicht. Den Projekten von «DAVOS FESTIVAL macht Schule» ist der Zugang zu kulturellen Angeboten und die praktische Auseinandersetzung mit dem Kulturschaffen und den Kulturschaffenden ein wichtiges Anliegen. So soll erreicht werden, dass junge Menschen durch die persönliche Erfahrung Interesse an, Auseinandersetzung mit und Wissenserweiterung zu kulturellen Themen erfahren. Wichtig ist, dass dies nicht ausschliesslich auf der theoretischen Ebene, sondern durch praktische Erfahrungen erfolgt. Das Projekt wird geleitet von Arion Rudari, Musikvermittler, Sänger und Mitglied im Vokalquartett Mundartig. Entstanden sind im aktuellen Schuljahr fünf Projekte mit Schülerinnen und Schülern der Primarstufe sowie Oberstufe diverser Davoser Schulen.
(Quelle: DAVOS FESTIVAL)