Von Verkehr und Verzehr

Graubünden wählt bald. Man merkt das daran, dass man praktisch jeden Tag total interessante Referate, Veranstaltungen und last, but not least, auch Menschen antreffen könnte, so Zeit und Lust vorhanden wären. (Zweiteres oft mehr als ersteres.) Letztes Wochenende habe ich mich ins Wahlgetümmel gestürzt.

Welche Veranstaltungen ich besucht habe: eine SVP-Veranstaltung zum leidigen Thema Verkehr, insbesondere deren Überlastung im Churer Rheintal, ein ungezwungenes Bratwurst-Essen und die Saisoneröffnung der Calanda Broncos im neuen, provisorischen Stadion in der Oberen Au in Chur.

Wen ich gesehen habe: Roman Hug, SVP-Regierungsratskandidat. Martin Bühler, FDP-Regierungsratskandidat. Jon Domenic Parolini, Mitte-Regierungsratskandidat. In ihrer Entourage befanden sich unter anderem: Benjamin Hefti, SVP (und weitere), Claudio Casal, FDP (und weitere).

Von wem mir berichtet wurde, er wäre auch da, ich aber nicht gesehen habe: Churs Stadtpräsident Urs Marti (FDP).

Das Interessanteste, was ich gehört habe: Eindeutig der Vortrag von Raumplaner Michael Ruffner zum Thema Verkehr. Michael Ruffner zeigte in einem Referat auf, wie sich der Verkehr insbesondere im Churer Rheintal entwickelt hat. Dass zum Beispiel 1930 jeden Tag 160 Autos durch das Rheintal fuhren (man vergleiche dazu den Ostermontag vor einem Jahr, als in Zizers 150 Autos innert zehn Minuten gezählt wurden) und dass bis 1927 Auto-Verbot herrschte. Das weiss man zwar in einer der hinteren Hirnzellen, aber man vergisst es doch immer wieder. In diesem Zusammenhang ist das ein spannender Fact. Damals waren übrigens gemäss Ruffner die Bürgerlichen gegen das Auto und die SP dafür. «Schon damals gab es diese Sonntagsspitzen», sagte Michael Ruffner. Für den Raumplaner ist klar: «Es gibt keine Erweiterung des Strassennetzes.» Viel mehr würde immer mehr mit zum Beispiel elektronischen Busspuren, der Öffnung des Pannenstreifens in Spitzenzeiten und einem Dosiersystem geregelt werden. Für Roman Hug, für dessen Wahlzwecke diese Veranstaltung überhaupt statt fand, ist das Thema natürlich brandaktuell: «Man darf die Regionen nicht gegeneinander ausspielen. Es gibt Regionen mit zu wenig Verkehr.» Damit meint er, dass nicht jedes Tal von Touristen überrannt wird und dass die Wirtschaft nicht überall so boomt wie im Rheintal. An der Zahl der Touristen will er festhalten, «wir dürfen unsere Lebensader nicht kappen.»

Die beste Bratwurst, die ich gegessen habe: Gab es von der FDP, überreicht von FDP-Regierungsratskandidat Martin Bühler. Gebraten hatte sie Gemeinderat Christian Kindschi aus Trimmis, und sie war fast so gut wie eine Olma-Bratwurst. Jedenfalls konnte man sie super ohne Senf essen. Der Anlass selbst fand im kalten Schneetreiben statt; man wollte das kaum glauben. Martin Bühler hatte am Tag vorher einen Vortrag über die Situation in der Ukraine gehalten, auf den ich, Qual der Wahl, zugunsten des Verkehrs-Vortrages verzichtet hatte.

Die meiste Action: Eindeutig in der Oberen Au bei der Saison-Eröffnung der Calanda Broncos in Chur. Beide Mannschaften, U19 und die Seniors, haben gewonnen. Zugegen waren Jon Domenic Parolini, Urs Marti und Sandra Maissen. Das Wetter war unglaublich kalt, man wünscht sich ein paar Heizpilze oder Wärmedecken, aber man kann nicht alles haben. Und der Sieg der Broncos war herzerwärmend genug. (Broncos weihen neues Stadion mit Stil ein.)

Mein Tipp: Besuchen Sie unbedingt solche Veranstaltungen. Wählen Sie sie nicht nach Ihrer Partei-Couleur; wählen Sie sie nach interessanten Themen, interessanten Gästen und wagen Sie sich unbedingt dorthin, wo Ihre Freunde Sie niemals gehen lassen würden und nehmen Sie diese gleich mit. Es gibt fast immer gratis Wein, Wasser oder etwas Kleines zu essen. Der grösste Pluspunkt ist aber, dass man immer Leute kennen lernt, die man vorher nicht gekannt hat, egal wie lange man schon im Dorf wohnt. Und man lernt die Kandidatin, die Kandidatinnen kennen. Meist in einem Setting, das Ihnen zwar bekannt, der Kandidatin oder den Kandidaten aber nicht ist.

Denken Sie daran: Sie haben die Herrschaft über Ihren Wahlzettel. Ihre Stimme zählt. Und es ist wichtig, dass Sie sie nutzen.

(Bilder: GRHeute)