«Kinder haben keine Angst vor uns» – Biker gegen Kindsmissbrauch sind jetzt anerkannt

B.A.C.A. steht für Bikers Against Child Abuse. Die Biker, die dieser weltweiten Organisation angehören, setzen sich für missbrauchte Kinder ein. Sie sind ihre Beschützer, Begleiter und schaffen für misshandelte Kinder ein sicheres Umfeld. Sie stellen sich als Hindernis zwischen das Kind und weiteren Missbrauch und arbeiten dabei mit bestehenden lokalen und staatlichen Kinderschutzorganisationen und Behörden zusammen. Die B.A.C.A ist seit kurzem auch in Graubünden als wohltätige Organisation anerkannt. GRHeute hat mit dem Präsidenten gesprochen. 

 

Er ist State President Switzerland der B.A.C.A. Seinen «richtigen» Namen zu nennen, ist dem Churer in dieser Rolle aber unangenehm. Er nennt sich lieber «Bündner», ein Road Name, wie er sagt, denn, «ihre richtigen Namen sind unwichtig». Es gehe bei B.A.C.A. nicht um die Biker, sondern um die wohltätige Mission der Organisation: Deren Mitglieder sehen es als ihre Aufgabe, von Angst geplagten Kindern beizustehen. Sei dies, weil diese missbraucht oder misshandelt worden waren; körperlich, psychisch oder sexuell. «Kein Kind verdient es, in Angst leben zu müssen», so eine Kernaussage der Organisation. Das Interview mit dem Bündner. 

 

Bündner, die Organisation B.A.C.A. ist eine Gruppe von Bikern, die sich gegen Kindsmissbrauch und für ein sicheres Umfeld für missbrauchte Kinder einsetzt. Ihr seid nun vom Kanton Graubünden als gemeinnützige Organisation anerkannt worden. Was bedeutet dies für Euch?

Dies bedeutet für uns sehr viel. Dadurch können wir nun sicher einiges einfacher auf kantonale Institutionen zugehen und uns bei diesen bekannt machen. Auch erhoffen wir uns dadurch, dass uns mehr Menschen wahrnehmen und sehen, dass unseren Worten auch Taten folgen.

 

Wie kann man sich denn das konkret vorstellen? Von welchen Taten der Biker sprechen Sie?

Wenn etwa ein Kind vor Gericht gegen seinen Täter aussagen muss, kann es auf die Unterstützung der Biker zählen: Die Kerle – im Alltag sind sie Lehrer, Unternehmensberater oder Handwerker – befinden sich dann in der Nähe des Kindes, das sich dadurch nicht allein fühlt. Denn bei Befragungen ist der Täter im gleichen Raum wie das Opfer, die Mutter jedoch muss aus rechtlichen Gründen während der Aussage draussen warten. Bevor die Biker aktiv werden, muss aber ein behördlicher Misshandlungsfall vorliegen. Und das Kind oder der Jugendliche sollte motiviert sein, mit den Bikern zusammenzuarbeiten.

Der Bündner. (Foto by pkg_photography)

 

Haben die Kinder oder Jugendlichen nicht Hemmungen, mit «harten Kerlen» wie den Bikern bei einem so schwierigen Thema zusammenzuarbeiten?

Angst haben unsere Schützlinge nicht vor uns, Kinder haben meist einen unbefangenen Zugang zu uns. Bei Eltern und Behörden braucht es oft mehr Überzeugungsarbeit. 

 

Und wie läuft dies konkret ab?

Eine erste Kontaktaufnahme läuft immer über den sogenannten Child Liaison; das ist eine Vertrauensperson der Organisation. Im Gegensatz zu den später zugeteilten Bezugspersonen kennt der Child Liaison als einzige Person die ganze Geschichte. Nachdem dieser den Fall geprüft und bewilligt hat, besuchen drei bis vier Biker die Familie, um sich vorzustellen und das sogenannte Level 1 zu besprechen. Level 1 ist eine Art Zeremonie, bei dem das Kind offiziell in die B.A.C.A.-Familie aufgenommen wird. Bei diesem Anlass können bis zu 100 Biker anwesend sein, die teilweise auch aus dem Ausland anreisen. Es wird dem Kind vermittelt: Du bist wichtig und gehörst dazu. Jeder Biker begrüsst das Kind persönlich, und es bekommt eine Bikerkutte mit dem Emblem der Biker. Zudem erhält das Kind eine Kuscheldecke und einen Teddy, der herumgereicht wird und symbolisch mit Liebe, aber vor allem mit Selbstvertrauen, gefüllt wird. Wann immer das Kind Angst verspürt, soll es sich mithilfe der Gegenstände in Erinnerung rufen können: ‹Ich bin nicht alleine. Meine Biker-Familie steht an meiner Seite›.

Mit dem Aufnahmeritual beginnt erst die eigentliche Beziehungsarbeit. Wenn ein Kind Angst hat, kann es sich rund um die Uhr bei einer der beiden Bezugspersonen melden. Einmal hat ein Mädchen aus der Schule angerufen, weil es Angst hatte, dass der Täter es nach dem Unterricht aufsuchen würde. Fünf Biker sind losgefahren und haben das Kind mit dem Motorrad nach Hause gefahren. Doch die Beziehungsarbeit beschränkt sich nicht nur auf Hilferufe. Die Biker verbringen Zeit mit ihren Schützlingen. Dabei sprechen sie nicht über die Angst oder Bedrohung, sondern spielen mit ihnen auch einfach mal Lego. Wir haben keinen therapeutischen Auftrag, sondern schenken den Kindern Zeit. 

 

Moralische Unterstützung der harten Kerle.

 

B.A.C.A. ist eine internationale Organisation. Wie ist es dazu gekommen, dass sich Biker für dieses Anliegen einsetzen? 

B.A.C.A. wurde 1995 in Utah USA durch einen lizenzierten klinischen Sozialarbeiter und Spieltherapeuten gegründet. Es wurde bemerkt, dass die Anwesenheit von Motorrädern und Frauen und Männer in Kutten dem Kind Kraft geben können, um wieder ohne Angst in dieser Welt leben zu können. 

 

Wie beurteilen Sie die Situation in Graubünden in Bezug auf Eure Anliegen? 

Unsere Mission bezieht sich natürlich nicht nur auf den Kanton Graubünden. Aber ja auch hier werden leider Kinder sexuell missbraucht. Dies kann man auch den Zahlen entnehmen, die von ‹IG Kinder schützen› immer wieder veröffentlicht werden. Wir haben in Graubünden engen Kontakt zur Organisation IG Kinder schützen, die einen ganz tollen Job im Bereich des Vorbeugens von sexuellem Missbrauch machen.

 

B.A.C.A. arbeitet ja auch gerne mit dem Bild der «harten Biker», die sich für die wehrlosen Kinder einsetzen. Ist dieser Kontrast auch etwas, das Euch hilft, um stärker auf das Thema aufmerksam zu machen?

Dieses Auftreten nimmt man in der Öffentlichkeit sicher wahr, ja. In erster Linie geht es aber darum, dass wir den Täter von einem erneuten Missbrauch abhalten wollen. Klar werden wir angesprochen, wenn wir unterwegs sind, was wir denn genau machen. Auch gehen wir sehr aktiv auf Leute zu, die uns mit grossen Augen anschauen.

 

Auch in Graubünden sind viele Biker bei B.A.C.A. dabei.

 

Wie können Euch Interessierte unterstützen?

Wer einen Fall kennt, bei dem die Kinder grosse Angst haben oder Unterstützung benötigen, darf sich gerne bei unserer Hotline melden: 077 – 400 16 82. Für eine finanzielle Unterstützung, die zu 100% den Kindern zugutekommt, welche wir in die B.A.C.A. Familie aufnehmen, dürfen Interessierte gerne auf unser Konto einen kleinen Beitrag spenden.

 

Kontoverbindung für Spenden

Spendenkonto: BACA Schweiz, IBAN: CH48 0900 0000 8948 5852 3, BIC: POFICHBEXXX

 

(Bilder: zVg./pkg_photography)