Die Bündner Regierung schlägt Anpassungen an der geplanten Revision der Jagdverordnung des Bundes vor, um die «Koexistenz zwischen Menschen, Grossraubtieren und Nutztieren sicherstellen zu können».
Die Regierung hat zu einer Vernehmlassungsvorlage des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) betreffend Revision der Jagdverordnung Stellung bezogen. «Um eine geregelte Koexistenz zwischen Menschen, Grossraubtieren und Nutztieren sicherzustellen, sollen innerhalb des Spielraums, welcher das aktuelle Jagdgesetz einräumt, die Verordnungsbestimmungen angepasst», schreibt die Standeskanzlei in ihrer Regierungsmitteilung von heute Donnerstag.
Die Regierung begrüsst es dabei «sehr, dass der Bundesrat den Kantonen im Hinblick auf die kommende Alpsaison rasch geeignete Instrumente zur Verfügung stellen will.» Es sei ihr bewusst, dass der Anpassungsspielraum nach dem negativen Volksentscheid vom 27. September 2020 nur innerhalb des geltenden Jagdgesetzes ausgenutzt werden könne und daher beschränkt sei.
Die Regierung stellt allerdings fest, dass der Handlungsspielraum in der Vorlage unbefriedigend genutzt wird. Insbesondere in Bezug auf die erleichterte Regulierung von Wolfsbeständen in Gebieten mit hoher Wolfsdichte beziehungsweise den erleichterten Abschuss von Einzelwölfen, die ein problematisches Verhalten zeigen, gebe es noch deutliches Verbesserungspotenzial. Der Kanton Graubünden schlägt daher insbesondere vor, dass in Regionen mit sehr hohen Wolfsbeständen (wie im Kanton Graubünden) die vorgesehene Entnahme von 50 Prozent der Jungtiere angemessen erhöht werden kann, insbesondere bei Wolfsrudeln mit problematischem Verhalten.
Einzelabschüsse bei Gefährdung des Menschen sollen möglich werden
Im Weiteren fordert die Regierung, dass die Schadensschwelle bei Angriffen auf Tiere der Rinder- und Pferdegattung sowie Lamas und Alpakas (Neuweltkameliden) auf einen Riss herabgesetzt wird. Als wichtig erachtet die Regierung ausserdem die Erweiterung der Möglichkeiten von Einzelabschüssen. So soll der Einzelabschuss eines nachweislich anhaltend schadenstiftenden Elterntieres aus einem sich aktuell fortpflanzenden Wolfsrudel in den Monaten November bis Januar möglich sein, auch wenn die Regulation noch nicht abgeschlossen sein sollte. Zudem müssen Einzelabschüsse auch möglich sein, wenn eine erhebliche Gefährdung des Menschen besteht oder eine Verhaltensauffälligkeit vorliegt und nicht nur – wie in der Vorlage vorgesehen – bei erheblichem Schaden an Nutztieren. Abgesehen davon fordert die Regierung, dass auch Nutztiere, die durch den Wolf derart verletzt worden sind, dass sie notgetötet werden mussten, offiziell als Schaden angerechnet werden. Diese bereits bestehende Praxis soll in der Vollzugshilfe explizit festgehalten werden.
Die Regierung weist im Weiteren darauf hin, dass die Teilrevision der Jagdverordnung zusammen mit den vorgeschlagenen Änderungen zwar in die richtige Richtung gehen, jedoch auf lange Sicht keine wirklich befriedigendes beziehungsweise nachhaltiges Wolfsmanagement erlauben, denn der Abschuss von Wölfen sei immer noch weitgehend fast vollständig an das Auftreten eines grossen Schadens und an das Versagen des Herdenschutzes gebunden.
Gesetzesrevision bleibt wichtiges Anliegen
Eine Gesetzesrevision, wie sie im Jahr 2020 vorgeschlagen wurde (u.a. mit Bestandesregulation) und die den Wolfsbestand auch zur Stärkung des Herdenschutzes gezielt steuern lässt – sowohl in der Anzahl Wölfe wie auch in ihrem Verhalten – bleibe mittelfristig ein sehr wichtiges und für die Akzeptanz des Wolfs in der Bevölkerung sowie die Koexistenz mit dem Wolf unabdingbares Anliegen.
Anfang Woche hatte auch die Regierung des Kantons Glarus einen ähnlichen Vorstoss gemacht, die Revision der eidgenössischen Jagdverordnung entsprechend anzupassen. Gemäss dem Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation leben derzeit rund 80 Wölfe in acht Rudeln in der Schweiz, vier davon in Graubünden (Stand Ende 2019). Der Wolfsbestand ist in dabei seit 2012 um das Achtfache angewachsen. Wölfe verletzen und töten jährlich trotz Herdenschutzmassnahmen zwischen 300 und 500 Schafe und Ziegen.
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