Der Kanton Graubünden weist in der Jahresrechnung 2020 trotz der Corona-Pandemie einen operativen Ertragsüberschuss von 78,8 Millionen Franken aus (Vorjahr +115,5 Mio.). Vorgestern hatte bereits die Hauptstadt Chur ein erstaunliches Jahresresultat präsentiert.
Nebst einigen deutlich tieferen Aufwandpositionen gegenüber dem Budget trugen die vierfache Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank von 62 Millionen, die Jubiläumsdividende der Graubündner Kantonalbank von 12,6 Millionen sowie höhere Steuererträge zu diesem guten Ergebnis bei. Durch die COVID-19-Pandemie wurde die Rechnung 2020 hingegen um netto 60 Millionen zusätzlich belastet. Das Gesamtergebnis zeigt ein Plus von 81,9 Millionen (Vorjahr +53,6 Mio.). Der Kantonshaushalt ist weiterhin gut aufgestellt, um die aktuelle Situation mit der COVID-19-Pandemie sowie künftige Herausforderungen zu meistern.
Die Eckwerte und Kennzahlen 2020 (Vorjahr in Klammer) zeigen folgendes Bild:
- Operatives Ergebnis 78,8 Millionen (115,5 Mio.)
- Gesamtergebnis 81,9 Millionen (53,6 Mio.)
- Steuereinnahmen 836,0 Millionen (806,9 Mio.)
- Bruttoinvestitionen 339,4 Millionen (381,2 Mio.)
- Nettoinvestitionen 200,5 Millionen (227,1 Mio.)
- Staatsquote 14,4 Prozent (13,6%)
- Selbstfinanzierungsgrad der Nettoinvestitionen 135,1 Prozent (132,3%)
- Frei verfügbares Eigenkapital 552,2 Millionen (496,1 Mio.)
Wesentliche Budgetunterschreitungen und verschiedene erhebliche Zusatzerträge
Bei den Aufwandpositionen wurden die Budgetkredite beim Sach- und Betriebsaufwand um 20 Millionen nicht beansprucht. Auch die Abschreibungen des Verwaltungsvermögens lagen infolge der markant unter den Erwartungen liegenden Nettoinvestitionen um 24 Millionen tiefer als budgetiert. Mit rund 20 Millionen zur Aufwandminderung beigetragen haben nicht beanspruchte Budgetkredite für Investitionsbeiträge an Dritte, welche im Rechnungsjahr komplett abgeschrieben werden. Die Betriebsbeiträge an öffentliche Gemeinwesen und Dritte wurden um insgesamt 82 Millionen unter der geplanten Höhe ausgelöst. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf nicht ausgeschöpfte Nachtragskredite zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, wie beispielsweise Beiträge an die Einnahmeausfälle im Gesundheitsbereich oder das kantonale Härtefallprogramm.
Deutlich mehr Steuereinnahmen
Das gute operative Ergebnis ist ertragsseitig hauptsächlich auf folgende Positionen zurückzuführen (Vergleich zum Budget / zum Vorjahr):
- Zusatzausschüttung der Schweizerischen Nationalbank SNB (+46,6 Mio. / +30,7 Mio.)
- Höhere Kantonssteuern (+42,1 Mio. / +29,1 Mio.)
- Jubiläumsdividende der Graubündner Kantonalbank (+12,6 Mio.)
- Höherer Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer (+0,8 Mio. / +14,6 Mio.)
Bei den Kantonssteuern verzeichneten die direkten Steuern der natürlichen Personen (Einkommens-, Vermögens- und Quellensteuern sowie Aufwandsteuern von ausländischen Personen) gegenüber dem Budget (+29,3 Mio. / +5,1%) sowie dem Vorjahr (+28,9 Mio. / +5,0%) einen deutlichen Anstieg. Auch die direkten Steuern der juristischen Personen (Gewinn- und Kapitalsteuern) liegen deutlich über dem Budget (+18,1 Mio. / +24,9%) und dem Vorjahr (+6,5 Mio. / +7,8%).
Die Spezialfinanzierung Strassen weist im Berichtsjahr ohne den Beitrag aus allgemeinen Staatsmitteln ein Defizit von 8,4 Millionen auf (Budget -20 Mio. bei einem Beitrag aus allgemeinen Staatsmitteln von 20,25 Mio.). Diese Verbesserung des Strassenergebnisses ist vor allem auf die geringeren Investitionsausgaben infolge von Projektverzögerungen zurückzuführen. Das Strassenguthaben verbleibt auf dem gesetzlichen Maximum von 100 Millionen.
Ausserordentliches Ergebnis praktisch ausgeglichen
Die Marktbewertung der im politischen Interesse gehaltenen Finanzanlagen des Kantons führte zu hohen Aufwertungsgewinnen im ausserordentlichen Ergebnis von 38,1 Millionen. Ebenfalls im ausserordentlichen Ergebnis enthalten sind die Entnahmen aus den Reserven betreffend Albulatunnel RhB (+0,6 Mio.) und systemrelevante Infrastrukturen (+4,5 Mio.). Durch die Einlage von 40 Millionen in die Vorfinanzierung des Verpflichtungskredits zur Förderung der digitalen Transformation wird ein praktisch ausgeglichenes ausserordentliches Ergebnis erzielt.
Ertragsüberschuss erhöht das Eigenkapital
Das Gesamtergebnis (3. Stufe) als Summe des operativen (1. Stufe) und des ausserordentlichen Ergebnisses (2. Stufe) liegt bei 81,9 Millionen. Das ausgewiesene Eigenkapital beträgt nach der Gewinnverbuchung 2,6 Milliarden. Davon sind 552 Millionen frei verfügbares Eigenkapital (Vorjahr 496 Mio.). Die übrigen 2,1 Milliarden sind im Verwaltungsvermögen, in Finanzanlagen sowie in Spezial- und Vorfinanzierungen gebunden.
Tiefere Nettoinvestitionen
Die Nettoinvestitionen belaufen sich im Berichtsjahr auf 200,5 Millionen. Sie unterschreiten den Vorjahreswert um 26,6 Millionen und liegen deutlich unter den hohen geplanten Nettoinvestitionen gemäss Budget von 290,1 Millionen (-89,6 Mio.). Für die laufenden Bauprojekte des Hoch- und Tiefbaus sowie weitere Sachanlagen wurden insgesamt 146,7 Millionen ausgegeben (Vorjahr -47,3 Mio.; Budget -47,4 Mio.). Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr ist auf die Fertigstellung von Grossprojekten zurückzuführen. Im Bereich Tiefbau sind Verzögerungen bei der Umsetzung der Bauprojekte die Ursache für die Unterschreitung des Budgets. Auch die eigenen Investitionsbeiträge an Dritte liegen mit 156,9 Millionen deutlich unter dem Budget (-29,5 Mio.).
Ausblick
Das Budget 2021 weist im Gesamtergebnis ein Defizit von 33,7 Millionen aus. Über das Ergebnis 2021 lassen sich im aktuellen Umfeld der COVID-19-Pandemie noch keine Aussagen machen. Sollte die Entwicklung der Pandemie weitere behördliche Einschränkungen zu Lasten der Wirtschaft und Gesellschaft notwendig machen, könnte dies den Kantonshaushalt zusätzlich massiv belasten. Das gute Jahresergebnis 2020 und die solide finanzielle Basis des Kantons bilden eine gute Ausgangslage für die finanzielle Bewältigung dieser Pandemie. Für die folgenden Jahre zeichnet sich ein enger werdender Finanzrahmen ab. Die finanziellen Herausforderungen werden nicht weniger.
Der Grosse Rat wird die Jahresrechnung 2020 in der Junisession 2021 behandeln.
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(Bild: graubuenden.ch)