Das Prättigau will keinen Naturpark

Die Bevölkerung des Prättigaus hat sich in einem unmissverständlichen Verdikt geschlossen gegen den Naturpark Rätikon ausgesprochen. Damit ist das Projekt faktisch gestorben.

Viel wurde von der Seite der Befürworter geweibelt – letztlich umsonst. Mit einer Fläche von über 1000 Quadratkilometern hätte der «Internationale Naturpark Rätikon» einer der grössten Naturpärke im Alpenraum werden sollen. Geplant war gewesen, dass sich 30 Gemeinden im In- und Ausland mit 77’000 Einwohnerinnen und Einwohnern daran beteiligen. Wäre, hätte – Fahrradkette. Die Einwohnerinnen und Einwohner verwarfen das Projekt, das in der Errichtungsphase 1 Mio. Franken pro Jahr und bn der Betriebsphase ab 2025 1,5 Mio. Franken pro Jahr gekostet hätte, hochkant. 

Fünf der zehn möglichen Schweizer Parkgemeinden im Prättigau sprachen sich bereits am Donnerstag- und Freitagabend an ihren Gemeindeversammlungen gegen den Park aus, teilweise überdeutlich: Luzein lehnte das Begehren beispielsweise mit über 80% Nein-Stimmen ab.

In den weiteren fünf Gemeinden wurde am Sonntag an der Urne über das Projekt abgestimmt. Auch an der Urne war das Resultat eindeutig:

Conters: ABGELEHNT

  • 46 Ja-Stimmen (33,8 %)
  • 90 Nein-Stimmen (66,2 %)

Grüsch: ABGELEHNT

  • 343 Ja-Stimmen (36,2 %)
  • 604 Nein-Stimmen (63,8 %)

Klosters: ABGELEHNT

  • 839 Ja-Stimmen (49 %)
  • 873 Nein-Stimmen (51 %)

Schiers: ABGELEHNT

  • 398 Ja-Stimmen (41,5 %)
  • 561 Nein-Stimmen (58,5 %)

Seewis: ABGELEHNT

  • 283 Ja-Stimmen (47,1 %)
  • 318 Nein-Stimmen (52,9 %)

Einzig in Klosters und Seewis war das Ergebnis einigermassen umstritten. Das Projektteam für den Naturpark wollte nach den Abstimmungen Bilanz ziehen. Nicht alle Gemeinden hätten hinter dem Park stehen müssen, wenn das vorgesehene Gebiet dadurch keine allzu grossen Lücken aufgewiesen hätte. Nach dem für die Befürworter niederschmetternden Resultats gibts aber keinen Raum für Analysen mehr: Das Prättigau will den Naturpark nicht. Dieser hätte für vorerst drei Jahre errichtet werden sollen, für den definitiven Betrieb von 2025 bis 2034 wäre erneut die Zustimmung der Gemeinden nötig gewesen. Auch Georg Fromm, Geschäftsleiter der Region Prättigau / Davos, räumte online in einer ersten Stellungsnahme ein: «Das Parkprojekt ist gescheitert.» Zwar hatten die Verantwortlichen mit der Ablehnung in der einen oder anderen Gemeinde gerechnet, dass sich aber die Mehrheit der Stimmberechtigen in allen Gemeinden dagegenstellen, war nicht erwartet worden. Entsprechend sind die Gemeindepräsidenten Nina Gansner (Seewis), Christian Kasper (Luzein) und Ueli Thöny (Schiers) zusammen mit Regionalentwickler Georg Fromm sehr enttäuscht über den Abstimmungsausgang. «Gegen das Naturpark-Projekt hatte sich im Prättigau eine Gegnerschaft formiert, welcher es schlussendlich gelungen ist, das Projekt mit einer Vielzahl von Ängsten, Befürchtungen und Unterstellungen erfolgreich zu bekämpfen», so die Befürworter in einer Medienmitteilung. Eine faktenbasierte Auseinandersetzung mit dem Projekt fand aus Sicht der Park-Promotoren praktisch nicht statt. Schlussendlich sei der Naturpark als Projekt, das von Bund und Kanton massgebend finanziert worden wäre, gemäss Aussagen an Gemeindeversammlungen, in Leserbriefen und auf Social Media auch zum Sündenbock gemacht worden. Dies zum Beispiel aus Ärger und Frustration über Vorgaben und Einschränkungen von Bundes- und Kantonsbehörden, Umweltschutzorganisationen oder über die Wolfspolitik, welche in den Gemeinden immer wieder diskutiert werden.

Die Projektverantwortlichen möchten nun trotzdem positiv vorwärtsschauen und die Herausforderungen in der Regionalentwicklung oder auch im Tourismusbereich im Prättigau zusammen mit den anderen Gemeindevertretern angehen. Ob das grenzüberschreitend angelegte Projekt für den Naturpark Rätikon für im benachbarten Vorarlberg und in Liechtenstein allenfalls trotzdem umgesetzt wird, ist offen. In das internationale Parkprojekt eingebunden wären neben den zehn Gemeinden auf Bündner Seite alle elf Gemeinden des Fürstentums Liechtenstein sowie neun Gemeinden im österreichischen Vorarlberg gewesen.

 

(Bild oberhalb St. Antönien: Marietta Kobald/zVg.)