Es ist still in Vent, als Thomas Borchert in der Gestalt von Christian Kohlund daher kommt. Sein Schnaufen unterlegt immer wieder den Soundtrack aus Schweigen, Schnee und Sturm, mehr den inneren als den äusseren. «Der Zürich-Krimi: Borchert und das eiskalte Herz», der in Vnà spielt, wurde am Donnerstagabend auf der ARD ausgestrahlt.
Gedreht wurde letzten Februar in Vnà im Unterengadin, diesem kleinen Dorf am Ende der Welt. («Ein Zürich-Krimi aus dem Engadin».) «Das ganze Dorf ist verschlossen wie ein Bleisarg», sagt Borchert einmal ins Telefon. Er hat nach Zürich zu seiner Partnerin Dominique Kuster (Ina Paule Klink) gekabelt, weil er alleine einfach nicht mehr weiterkommt. In diesem kleinen, verschlossenen Dorf im Unterengadin, das für den Film mitsamt Scuol ins Prättigau verfrachtet wurde. Scuol wird dabei so ausgesprochen, wie es geschrieben wird. Zehennagelroll-Alarm!
Der Fall beginnt mit serifenbetonten Buchstaben auf einem Blatt Papier: «Franz Brosi ist unschuldig», steht da drauf. Der Satz wurde, wie man später herausfindet, tatsächlich auf einer alten Schreibmaschine geschrieben. Dominique Kuster war damals die Anwältin von Franz Brosi – der Grund, warum der Brief bei ihr und Thomas Borchert landet. (Note to myself: Wenn ich Facebook und Co keine Nutzerdaten liefern will, muss ich in Gottes Namen eine Schreibmaschine benutzen. Wie früher. Eventuell wird man trotzdem gefunden.)
Franz Brosi sitzt im Gefängnis, weil er einen jungen Mann erschossen haben soll, und Borchert will herausfinden, wer es gewesen ist. Wenn auf diesem Zettel steht, das Franz Brosi es nicht war, dann war es ein anderer. Aber wer? Thomas Borchert trifft jede Wunde in diesem verschlossenen kleinen Dorf, so zielsicher wie der Schütze, der den jungen Mann an jenem Wintermorgen vor zehn Jahren erschossen hat. «Ich habe meinen Schädel für die Sache hingehalten, ich will die Wahrheit wissen», sagt Thomas Borchert einmal in die Direktleitung nach Zürich. Franz Brosis Frau sieht es ganz anders: «Gehen sie, sie wissen gar nicht, was sie anrichten.»
Wie genau er seinen alten Schädel hingehalten hat und warum der junge Mann umgebracht wurde, wird hier nicht verraten. Fast zum Schluss sagt Thomas Borchert zu Franz Brosis Tochter: «Wenn tief ihn ihnen drin noch diese Lebensfreude ist, die ihr Vater so sehr geliebt hat, dann würde ich ihr nachgehen.»
Zwischen dem ersten Schnaufen und diesen fast letzten Worten liegen knapp zwei Stunden. Das Adrenalin schnellt ein, zweimal richtig hoch, aber eigentlich will man Christian Kohlund am liebsten die ganze Zeit zurufen: «Ruh dich aus! Setz dich hin!» Kurzweilige Unterhaltung ist die Folge allemal; und die Bilder aus dem Schnee in Vnà sind wunderschön. Ein guter Anlass, die Replay-Funktion des TV-Anbieters einmal zu nutzen!
Link zu den Dreharbeiten: «Ein Zürich-Krimi im Engadin»
(Bild: GRHeute)