Wildtiere brauchen im Winter Ruhe. Fütterungen durch Menschen schaden ihrer Gesundheit und locken sie in die Siedlungen. So können auch Raubtiere wie der Wolf bis in die Dörfer vordringen. Wer Wildtieren im Winter helfen will, sollte vor allem ihre Ruhezonen respektieren.
«Wildtiere gehören in ihre natürlichen Lebensräume, nicht in die Siedlungen der Menschen.» Mit dieser Botschaft rufen Fachverbände aus Tier- und Naturschutz, Wald-, Landwirtschaft und Jägerschaft sowie die zuständigen Ämter des Kantons Graubünden gemeinsam dazu auf, das Fütterungsverbot zu respektieren. Fütterungen helfen den Wildtieren nicht durch den Winter. Im Gegenteil: sie schaden ihrer Gesundheit.
Fütterungen können zu ungewollten Begegnungen mit Grossraubtieren führen. Machen sich Wildtiere auf die Suche nach menschlichem Futter, locken sie auch Raubtiere wie den Wolf und den Fuchs an und können sie so bis in die Dörfer bringen. «Wir wollen keine Wölfe in den Dörfern», sagt Adrian Arquint, Leiter des Amts für Jagd und Fischerei Graubünden, dazu. «Deshalb dürfen wir dem Wild auch kein Futter anbieten.»
Auch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie können dem Wild schaden. Seit dem «Lockdown» im Frühling haben viele Menschen die Natur neu als Raum für Erholung und Sport entdeckt. Das kann für das Wild zum Problem werden, wenn Spaziergänger, Sportler und Hunde die Lebensräume der Wildtiere stören.
Damit das Wild möglichst ungestört durch den Winter kommt, haben die Gemeinden in Graubünden wieder zahlreiche Wildruhezonen deklariert. Sie dürfen nicht betreten werden, Menschen und ihre Hunde müssen auf markierten Wegen bleiben, Freerider und Schneeschuhwanderer sind aufgerufen, ihre markierten Korridore und Routen nicht zu verlassen.
Neben den ständigen Wildschutzzonen können die Gemeinden bei Bedarf auch vorübergehende Schutzzonen erlassen. Und sollte der Winter ausserordentlich hart werden, sind lokal zusätzliche Massnahmen möglich. Im Wald können von Fachleuten zum Beispiel Bäume gefällt oder Äste ausgelegt werden, damit die Tiere in ihren gewohnten Lebensräumen bleiben.
Füttern ist verboten, weil es schadet
Schalenwild, also Hirsch, Reh, Gämse und Steinbock, ist daran gewöhnt, den Winter in seinem natürlichen Lebensraum mit einem minimalen Energieverbrauch zu überstehen. Schalenwild, welches ungestört ist, verteilt sich in den Wäldern und an Waldrändern, bewegt sich kaum und ernährt sich von Gräsern, Baumrinde, Nadeln und kleinen Ästen. So können gesunde Tiere auch harte Winter überstehen.
Bieten Menschen ihnen bewusst oder unbewusst Futterquellen an, können die Tiere dennoch nicht widerstehen: Grüngut auf Komposthaufen, Heu oder defekte Siloballen locken Hirsche und Rehe aus den Wäldern in die Nähe des Menschen und gefährden sie auf den Strassen und den Bahngleisen.
Der Marsch zu den Futterangeboten raubt den Tieren zudem viel Kraft. Ihr Körper stellt von der Winterruhe auf Aktivität um und braucht markant mehr Energie. Eine unsachgemässe Fütterung durch den Menschen kann ein Tier deshalb mehr Energie kosten, als es durch die Nahrung aufnehmen kann. «Es klingt paradox, aber es kommt vor, dass Tiere wegen einer Fütterung verhungern», sagt Adrian Arquint. «Oft bekommen an der Futterstelle nur die stärksten Tiere etwas ab. Die Schwächeren wandern zwar mit, gehen aber leer aus und verenden dann qualvoll.»
Auch die Übertragung von Krankheiten werde durch menschliche Futterangebote gefördert, erklärt Kantonstierarzt Giochen Bearth: «An Futterstellen sind oft viele Wildtiere nah beieinander oder sie kommen sogar mit Nutztieren in Kontakt. Krankheiten verbreiten sich dort rasend schnell und machen dem Wild danach zu schaffen.»
(Bild: www.stop-fuetterung.ch/ naturpix.ch)