Müssen die Skigebiete nun schliessen oder nicht? Bundesrat Alain Berset hat in der Corona-Pandemie für den Freitag wieder Verschärfungen angekündigt. Die Dachorganisation der Wirtschaft Graubünden, bestehend aus dem Bündner Gewerbeverband, der Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden, HotellerieSuisse Graubünden sowie angeschlossenen Branchenverbänden wie GastroGraubünden, dem Bündner Baumeisterverband und den Bergbahnen Graubünden haben sich mit einem offenen Brief an den Bundesrat gewandt. Folgend der komplette Brief in sinngemässer Form.
«Die Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden (DWGR) unterstützen den von der Bündner Regierung eingeschlagenen Weg, damit die Wintersaison stattfinden kann. Entscheide des Bundes, welche regionale Gegebenheiten ausser Acht lassen, lehnen die Bündner Wirtschaftsverbände ab. Statt politischer Aktivismus ist weiterhin ein evidenzbasierter und verhältnismässiger Umgang mit dem Corona-Virus ins Zentrum zu stellen. Die wirtschaftliche Lage ist im Hinblick auf die kommenden Monate äusserst kritisch. Die Zahl der Unternehmen, die in ihrer Existenz gefährdet sind, dürfte rasant zunehmen, wenn die aktuellen oder gar verschärften Eindämmungsmassnahmen bis im Frühling anhalten werden. Neben einer raschen und unkomplizierten finanziellen Unterstützung müssen auch Alternativen im Umgang mit der Pandemie gesucht werden. Die Anstrengungen, die darauf hinzielen, neue Lösungswege im präventiven Bereich zu beschreiten – dazu gehören erweiterte Teststrategien, sind zu intensivieren. Die diesbezüg- lich im Kanton Graubünden gemachten Erfahrungen können für die gesamte Schweiz wegwei- send sein.
Unverständnis nimmt zu
Für die Unternehmen sind nachvollziehbare und verständliche Massnahmen sowie eine klare und vorausschauende Kommunikation von grosser Bedeutung. Immer mehr Gewerbler und Unternehmer im Kanton äussern jedoch ihren Unmut und ihr Unverständnis über die nicht mehr nachvollziehbaren Corona-Massnahmen. Insbesondere ist für eine wachsende Anzahl der Unternehmen im Kanton das Krisenmanagement des Bundesrats nicht mehr überzeugend und glaubwürdig. Für viele Unternehmen ist unverständlich, warum die wirksamen präventiven Schutzkonzepte nicht mehr im Vordergrund der Corona-Strategie stehen. Nicht nachvollziehbare Eindämmungsmassnahmen und Schliessungen schwächen das Engagement der Betriebe bei der Umsetzung ihrer Schutzkonzepte in den kommenden Monaten. Der Bund ist gehalten, jetzt nichts zu überstürzen. Andauernde Verschärfungen verunsichern und sind kontraproduktiv. Der Bund soll den Mut haben, die neuen bisherigen Massnahmen wirken zu lassen und auf die Erarbeitung von Alternativlösungen zu setzen.
Teststrategie wird begrüsst
Die DWGR fordern bereits seit dem Sommer, dass Bund und Kanton neue präventive Wege im Umgang mit dem Corona-Virus beschreiten sollen, die wirksam, jedoch weniger wirtschaftsschädlich sind. Aus diesem Grund begrüssen die DWGR die erweiterte Teststrategie mit den Flächentests im Kanton Graubünden ausdrücklich. Damit werden die Fallzahlen in einer ersten Phase ansteigen. Der Kanton darf dafür nicht bestraft werden. Einige der Hürden, die vom Testen abhalten, müssen vom Bund beseitigt werden, so beispielsweise die Einführung eines EO- Lohnersatzes für asymptomatisch positiv getestete Personen. Da diese nicht aus «Krankheitsgründen» arbeitsunfähig sind, kann nicht erwartet werden, dass die Unternehmen diese Kosten übernehmen. Weiter kann durch das erweiterte Testing die präventiven Behandlungsmöglichkeiten bei Risikopersonen gestärkt werden.
Viele Betriebe in der Existenz gefährdet
Bereits die dreiwöchige Schliessung der Restaurants im Kanton haben die DWGR als notwendiges Übel zur Kenntnis genommen, um die Wintersaison zu ermöglichen. Mit den, vergangene Woche beschlossenen Massnahmen des Bundes, ist wirtschaftliches Arbeiten für viele der be- troffenen Betriebe nicht mehr möglich. Gastronomie und Detailhandel müssen während der Hochsaison mit massiven Einbussen rechnen. Gemäss einer Umfrage der DWGR, welche im Oktober publiziert wurde, sind mit den jetzigen Eindämmungsmassnahmen rund 1/3 der Unter- nehmen im Kanton in ihrer Existenz bedroht, falls diese bis im Frühling andauern. Vor allem im Tourismus wäre der Schaden bei einem erneuten Lockdown enorm. 60% aller Hotelleriebetriebe wären gemäss Umfrageergebnisse in ihrer Existenz gefährdet, müssten sie für diese Wintersai- son schliessen. Berechnungen der DWGR zeigen, dass ein Lockdown in Graubünden inkl. Schliessung der Hotels und Bergbahnen über Weihnachten-Neujahr für einen Monat zu Einnah- meausfällen von über 500 Millionen führen würde. Indirekte Ausfälle wie gestrichene Investitio- nen, sind dabei gar nicht eingerechnet.
Rasche, unkomplizierte und vollständige Unterstützung
Die DWGR begrüssen die rasche und unkomplizierte Umsetzung des Härtefallprogramms durch den Kanton mit vornehmlich A-Fonds-Perdu-Beiträgen. Zudem fordern die DWGR, dass im Falle einer erneuten Schliessung von Teilen der Wirtschaft oder Einschränkungen die gesamten Kosten von der öffentlichen Hand zu übernehmen sind. Für das Vertrauen der Unternehmen in Staat und Politik ist es von zentraler Bedeutung, dass die wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen im Gleichschritt mit den Eindämmungsmassnahmen einhergehen.»
(Bild: Webseite Bündner Gewerbeverband)