Studienerfolg ermöglichen – trotz Corona

An den Bündner Erwachsenenschulen nähert sich das Semesterende. Nachdem sich die Hochschulen und Höheren Fachschulen im Fernunterricht mehrheitlich gute Erfahrungen sammelten, kommen mit den bevorstehenden Prüfungen nun neue Herausforderungen auf die Schulen zu. 

Die vergangenen Wochen waren geprägt von Unklarheit und Sorge über den Verlauf der Corona-Krise. So war auch die Verunsicherung von Studierenden im Kanton darüber gross, ob sie das laufende Frühlingssemester trotzdem regulär und ohne Verzögerungen abschliessen können. Aller widrigen Umstände zum Trotz haben die Höhere Fachschule Südostschweiz (ibW), die Pädagogische Hochschule Graubünden (PHGR), die Fachhochschule Graubünden (FHGR) sowie die beiden Hochschulen für Physiotherapie (SUPSI/THIM) intensiv an Lösungen gearbeitet, um den Studienerfolg trotz Corona sicherzustellen.

Das Verbot von Präsenzunterricht und die Umstellung auf alternative, digitale Unterrichtsformen haben die tertiären Bildungsinstitutionen im Kanton in den letzten Wochen gefordert. Neben dem Fernunterricht mussten vor allem auch Lösungen für die Prüfungen gefunden werden. Eine besondere Herausforderung ist dies vor allem in praktischen Studiengängen, in denen handwerkliche Skills gefragt sind. Davon besonders betroffen ist die ibW, wo in den Bereichen Wald und Holz, Bau und Architektur, Gestaltung oder auch Technik viele solche Ausbildungen angeboten werden. Der Fernunterricht erlaubt zwar «regulären Schulunterricht». Spätestens bei den praktischen Prüfungen stösst das Online-Lernen aber an seine Grenzen, obwohl zahlreiche Lehrgänge schon vor Corona digitale Instrumente einsetzten – wie zum Beispiel in der Schule für Technik & Informatik, wo schon länger mit Online-Testlabors gearbeitet wird.

An der Försterschule beispielsweise unterrichtet Dozent Patrick Insinna die Studierenden direkt aus dem Wald – Mobile-Hotspot und Laptop-Kamera sei Dank. Und auch wer sich im Studiengang Interior Design weiterbildet, muss in der Prüfungsvorbereitung flexibel sein. «Da alles nur noch online läuft, sind vor allem Zeichnungen schwierig zu bewerten», sagt Fachvorsteherin Ursina Ganzoni. Die Studierenden zeichnen momentan analog, scannen die Arbeiten und reichen sie dann per Mail ein. Insgesamt müsse deutlich mehr Zeit für Prüfungen und Präsentationen eingerechnet werden.

Üben am Lebenspartner oder der Mitbewohnerin

Auf viel Praxis angewiesen sind auch die Studierenden beider Hochschulen für Physiotherapie (SUPSI & THIM) in Landquart. Die Corona-Krise hat ihnen mit dem Social Distancing das Üben am Menschen praktisch verunmöglicht. Dennoch hat sich die Schule rasch angepasst und auf einen virtuellen Unterricht umgestellt. Die Wiederholungsprüfungen im April wurden bereits mittels Videoaufträgen oder via Online-Praxisdemonstrationen durchgeführt.

«Die Studierenden demonstrierten klinische Handlungen entweder mittels Videoauftrag oder Demonstrationen an einem Patienten aus dem eigenen Haushalt über Videokonferenz», erzählt Direktor Thim van der Laan. «Wir haben auf diese Weise das gesamte Prüfungsprogramm ordentlich abgehalten.» Für die schriftlichen Prüfungen setzen die Hochschulen zu 100% auf Online-Leistungsnachweise, teilweise auch mit Überwachungstools. So kann sichergestellt werden, dass die Studierenden sich an die gültigen Richtlinien halten. «Der Initialaufwand für die neue Prüfungsmethode ist sehr gross», so van der Laan. «Dafür benötigt diese Prüfungsart im Nachgang kaum Korrekturen, sodass die Studierenden sehr schnell ihre Noten erhalten.»

Neue Prüfungsformate an der FHGR

Die Fachhochschule Graubünden stellt mit sogenannten Einverständniserklärungen sicher, dass sich die Studierenden trotz virtueller Prüfungsformate an die Richtlinien halten. In denen bekräftigen sie, dass die Leistungsnachweise ausschliesslich mit erlaubten Hilfsmittel erbracht wurden. Bereits in den vergangenen Wochen wurden an der FH Graubünden Leistungsnachweise, welche in Form von schriftlichen Prüfungen vor Ort vorgesehen waren, online durchgeführt. Ausserdem beschloss die Hochschulleitung, einen grossen Teil der Modulschlussprüfungen vom Juni in Distance-Learning-taugliche oder alternative Formate umzuwandeln.

«Unser Ziel ist es, 75 Prozent aller Prüfungen im Distance Learning-Modus durchzuführen», sagt Rektor Jürg Kessler. Die FH Graubünden setzt hier auf verschiedene Varianten. So werden sowohl mündliche als auch schriftliche Prüfungen über eine Online- Plattform durchgeführt. Letztere können dabei direkt auf der Plattform abgelegt oder als schriftliche Prüfungen auf Papier geschrieben, eingescannt und abgegeben werden. «Wir wollen unseren Studierenden einen Semesterabschluss mit möglichst wenig Verzögerungen ermöglichen», sagt Kessler.

Unter bestimmten Bedingungen Prüfungen vor Ort

Überall sind jedoch Online-Prüfungen nicht möglich. Und so hat der Kanton Graubünden den tertiären Bildungsinstitutionen erlaubt, trotz der ausserordentlichen Lage unter bestimmten Voraussetzungen Prüfungen vor Ort durchzuführen. Diese haben dafür gemeinsam ein Schutzkonzept erarbeitet, um die Vorgaben von Bund und Kanton bezüglich Social Distancing sowie Hygiene einhalten zu können. Und so legen beispielsweise auch in der Teilschule Wald, Holz & Energie der ibW die Schreiner, bei denen die Modulprüfungen anstehen, diese in der Aula vor Ort in Chur ab. «Da es eine kleinere Klasse ist, geht das gut», erklärt Schulleiter James Cristallo. Und auch an der FH Graubünden werden in den eher praktischen Studiengängen wie Architektur und Bauingenieurwesen ein Teil der Prüfungen vor Ort durchgeführt. «Wenn es darum geht, Modelle und Prototypen zu diskutieren, die von Studierenden erstellt wurden, ist der unmittelbare Austausch wichtig», sagt Prorektor Martin Studer.

PH Graubünden setzt den EDK-Beschluss um

Während die Modulprüfungen und Leistungsnachweise an der PH Graubünden vollständig im Distanzmodus abgelegt werden, finden die mündlichen und schriftlichen Diplomprüfungen vor Ort statt. Die PH Graubünden stützt sich dabei auf den Entscheid der Plenarversammlung der Schweizerischen Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). Diese hatte Anfang April entschieden, dass Prüfungen unter Berücksichtigung der Vorschriften des Bundes wie geplant durchgeführt werden können. Die Umsetzung dieses Entscheides erfordert eine aufwändige Organisation – mittels Staffelung in kleinen Gruppen und unter der Einhaltung der Schutz- und Hygienevorschriften des Bundes und des Kantons. Um der ausserordentlichen Lage Rechnung zu tragen, wurde durch den Hochschulrat der PH Graubünden zudem festgelegt, dass bei Nichtbestehen der Diplomprüfungen dieser Fehlversuch annulliert werden kann. Eine ähnliche Regelung haben auch verschiedene andere Hochschulen in der Schweiz festgelegt. Rektor Gian-Paolo Curcio unterstreicht dabei: «Die Gesunderhaltung der Studierenden und die Ermöglichung des Studienerfolgs stehen für mich nach wie vor im Zentrum.»

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(Bilder: zVg.)