«Gästebetreuer an einer Bergbahn» – weit mehr als die gängige Bezeichnung Liftboy, der schaut, dass das Seil über die Rollen gleitet: Ein Tag im Leben eines Gästebetreuers an der Talstation der Gondelbahn in Vals.
Kurz nach sieben
Leichter Schneefall und klirrende Kälte. Noch ganz allein erreicht der Mitarbeiter mit knirschendem Schritt die Talstation der Gondelbahn hinauf nach Gadastatt, wo in wenigen Minuten der Dienst beginnt.
Da wir um neun Uhr für unsere Gäste den Betrieb öffnen, gibt es noch einiges zu tun und vorzubereiten. Nach dem Starten der Anlage gilt es zuerst einmal, die drei Gondeln – die während der Nacht unserer Technik- respektive Pistenequipe als zuverlässiges Transportmittel auf und vom Berg diente – einzugaragieren. Dieser Vorgang wird kurz unterbrochen durch das Beladen des 600 Liter fassenden Diesel-Tankes, mit welchem der unverzichtbare Treibstoff für Pistenfahrzeuge und dergleichen hinauf zum Tank der Bergstation Gadastatt verbracht wird.
Wenn der Tank gefüllt, die Drehkreuze und Kassen eingerichtet und jeweils zwei Mal in der Woche auch die Abfall-Container zum Wendeplatz gebracht wurden, nähern sich nach des nach auch bereits jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Piste und Gastronomie, die pünktlich um 08.00 Uhr mit der ersten Dienstfahrt, Diesel und allfälligen Anlieferungen der verschiedenen Lieferanten ihrem Arbeitsplatz entgegen schweben. Noch ist es sehr ruhig und jeder in Gedanken versunken, doch bereits um neun Uhr wird der lokale Ski Bus in steter Regelmässigkeit eine schwatzende und lachende Besucherschar ausschütten, die umhüllt vom Duft der reichlich aufgetragenen Sonnencreme, voller Vorfreude der Station entgegen eilt.
Seit diesem Winter werden die beiden Kassen durch zwei schmucke Ticketautomaten ersetzt, an welchen die Gäste die begehrten Tageskarten selber bargeldlos beziehen können. Es versteht sich von selbst, dass die Aufgabe des Gästebetreuers an der Talstation auch darin besteht, die Kunden einerseits zu beraten, Gratistickets für Jugendliche unter 16 Jahren zu verteilen, Fragen zu beantworten, Auskünfte zu erteilen und last but not least, sich in steter Regelmässigkeit auch um die beiden Verkaufsautomaten zu kümmern, technische Probleme zu beheben oder ganz einfach wieder neue Tickets aufzufüllen.
Vor allem auch während der Hauptsaison kommt es immer wieder vor, dass ein Lieferant zufährt und Lebensmittel und Getränke fachgerecht in den Gondeln verstaut und nach Gadastatt transportiert werden müssen. Eine wichtige Aufgabe, welche den Gastrobetrieben den erforderlichen kulinarischen Nachschub sichert.
Während einiger Stunden am Vormittag erhält der Gästebetreuer zusätzliche Unterstützung durch einen weiteren Mitarbeiter. Diesem obliegen neben der Kundebetreuung vor allem auch anfallende Schneeräumungs- respektive Reinigungsarbeiten und den täglichen Check der technischen Transportanlage. Diese Stunden zu zweit gilt es zu nutzen, da der zweite Mitarbeiter jeweils um elf bergwärts fährt, um dort den Mitarbeiter an der Bergstation oder an einer der drei Skiliftanlagen für die Mittagspause abzulösen. So wird auch der Gästebetreuer an der Bahn unten im Tal, meistens um 13.00 Uhr abgelöst und kann eine knappe Stunde «Ruhe vor dem Sturm» im Restaurant Gadastatt geniessen.
Widmet sich der Gästebetreuer bei starkem Besucheraufkommen vormittags vor allem der Gästebetreuung, so bietet dann der frequenzschwächere Nachmittag (vor allem wenn der Ablöser je nach Arbeitsplan auch vor Ort ist) die Möglichkeit, verschiedene administrative Aufgaben wie Email Anfragen und einfache administrative Aufgaben wahrzunehmen. Doch erstes Augenmerk gilt natürlich dem sicheren Betrieb der Anlage und dem Wohle unserer Gäste.
Vier Uhr nachmittags
Die Sonne hat sich seit geraumer Zeit hinter die mächtigen Berggipfel zurückgezogen und bereits seit fast einer Stunde transportieren die gesamthaft 34 Achtergondeln eine Vielzahl müder aber glücklicher Wanderer und Wintersportler hinab ins Tal. Immer wieder gilt es dann, vor allem betagteren Gästen beim Aussteigen zu helfen, die Bahn für Kinderwagen zu verlangsamen oder ganz allgemein, der fröhlichen Schar ein freundliches und nettes Wort (in verschiedenen Sprachen) mit auf den Heimweg zu geben.
Halb fünf
Die letzten Gäste und ersten Mitarbeiter des Berges entfernen sich von der Talstation. Feierabend? Mitnichten. Jetzt gilt es die Talstation für die Nacht vorzubereiten. Neben dem Auslad von Abfall, Leergut und dergleichen, muss man nun auch die Drehkreuze abdecken, den Platz wischen, Müll entsorgen und überhaupt, alles aufzuräumen. Normalerweise werden ab fünf Uhr dann die Gondeln (bei 100% 34 Stück / bei 50% entsprechend 17 Stück – je nach morgendlicher Anweisung des technischen Verantwortlichen) wieder eingaragiert, bei der Retourfahrt werden die Gondeln wo nötig gereinigt und Liegengelassenes eingesammelt. Bemerkenswert, was die Leute so alles vergessen.
In diesem Zusammenhang sei kurz geschmunzelt und die Anekdote erzählt, als eine etwas forsche Mitfünfzigerin aus dem Zürcher Seeland den Verlust ihrer Designer-Skis beklagte, seitdem sie morgens um zehn Uhr auf den Berg entschwebt war. Dort waren dann die Skier plötzlich nicht mehr auffindbar. Nun gut, die ganze Angelegenheit löste sich dann gegen Abend und nach diversen Telefonaten seitens besagter Dame doch noch in Wohlgefallen auf. Die liebe Frau hatte es ganz einfach versäumt, vor der Bergfahrt, der Sicherung ihrer Skier im Ski-Korb der Gondel die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, was zur Folge hatte, dass selbige bei der Einfahrt in die Bergstation Gadastatt aus dem Korb in das dort angebrachte Fangnetz fielen und den ganzen Tag friedlich dort verbrachten.
Mittlerweile zeigt die Büro-Uhr bereits halb sechs und die letzten Handgriffe sind vollzogen und das Ausgangsgitter der Talstation geschlossen. Es war wieder ein sehr abwechslungsreicher Tag mit vielen guten Kontakten, einigen kleinen Reklamationen und Verbesserungsvorschlägen, der dennoch mit dem stolzen Bewusstsein endet, einer grossen Anzahl sehr zufriedener Gäste im Zusammenwirken mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, einen wunderschönen Tag am winterlich eingeschneiten Berg ermöglicht zu haben.