Der Kanton Graubünden weist in der Jahresrechnung 2019 erneut einen hohen operativen Ertragsüberschuss von 115,5 Millionen Franken aus (Vorjahr +105 Mio.). Dazu beigetragen haben gegenüber dem Budget geringere Sach- und Betriebsaufwendungen, wesentlich tiefere Abschreibungen, nicht ausgelöste Beiträge an Dritte und höhere Steuererträge aus Kantons- und Bundesquellen sowie einige grössere nicht planbare Sonderereignisse.
Das Gesamtergebnis zeigt ein Plus von 53,6 Millionen (Vorjahr +2,7 Mio.). Das frei verfügbare Eigenkapital wächst von 418 Millionen auf 496 Millionen. Der Kantonshaushalt ist damit für die finanziellen Herausforderungen ab 2021 gut aufgestellt. Die Eckwerte und Kennzahlen 2019 (Vorjahr) zeigen folgendes Bild:
- Operatives Ergebnis 115,5 Millionen (105,2 Mio.)
- Gesamtergebnis 53,6 Millionen (2,7 Mio.)
- Steuereinnahmen 806,9 Millionen (803,3 Mio.)
- Bruttoinvestitionen 381,1 Millionen (384,7 Mio.)
- Nettoinvestitionen 227,0 Millionen (239,7 Mio.)
- Staatsquote 13,8 Prozent (13,9%)
- Selbstfinanzierungsgrad der Nettoinvestitionen 132,3 Prozent (119,3%)
Auf der Aufwandseite wurden die Budgetkredite beim Personal-, Sach- und Betriebsaufwand um insgesamt 30 Millionen nicht beansprucht. Durch die markant unter dem Budget liegenden Nettoinvestitionen fallen die Abschreibungen in der Erfolgsrechnung um rund 50 Millionen ebenfalls deutlich unter den budgetierten Aufwand. Mit 22 Millionen dazu beigetragen haben nicht beanspruchte Budgetkredite für Investitionsbeiträge an Dritte. Diese Beiträge sind direkt vom Umsetzungsfortschritt der mitfinanzierten Einzelprojekte abhängig und damit nicht mehr im Einflussbereich des Kantons. Die Betriebsbeiträge an öffentliche Gemeinwesen und Dritte wurden um insgesamt 33 Millionen unter der geplanten Höhe ausgelöst. Knapp die Hälfte davon entfällt auf Ausgaben im Bildungs- (-8,4 Mio.) und Gesundheitsbereich (-5,6 Mio.). Die Aufwendungen für den Lastenausgleich Soziales für die Gemeinden (SLA) und die Beiträge zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen blieben ebenfalls stark unter den Budgetwerten.
Das erfreulich gute operative Ergebnis ist ertragsseitig hauptsächlich auf folgende Positionen zurückzuführen (Vergleich zum Budget / zum Vorjahr):
- Höhere Kantonssteuern (+21,6 Mio. / +3,6 Mio.)
- Zusatzausschüttung der Schweizerischen Nationalbank SNB (+15,3 Mio. / -0,2 Mio.)
- Höherer Kantonsanteil an der Verrechnungssteuer (+6,9 Mio. / +4,6 Mio.)
- Höherer Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer (+3,2 Mio. / +2,9 Mio.)
- Vergleichszahlungen aus Untersuchung «Bauleistungen Graubünden» (+4,5 Mio.)
- Buchgewinne auf Wertschriften im Finanzvermögen (+16,0 Mio.)
Bei den Kantonssteuern verzeichneten die direkten Steuern der natürlichen Personen (Einkommens-, Vermögens- und Quellensteuern sowie Aufwandsteuern von ausländischen Personen) gegenüber dem Budget einen deutlichen Anstieg (+12,2 Mio. / +2,2%). Auch die direkten Steuern der juristischen Personen (Gewinn- und Kapitalsteuern) liegen leicht über dem Vorjahr (+2,4 Mio. / +2,9%) und über dem Budget (+5,5 Mio. / +7,0%). Die Kantonsanteile an der direkten Bundessteuer und an der Verrechnungssteuer liegen nicht im Einflussbereich des Kantons und werden gemäss den jeweiligen Prognosen des Bundes budgetiert.
Die Spezialfinanzierung Strassen weist im Berichtsjahr ohne den budgetierten Beitrag aus allgemeinen Staatsmitteln von 20 Millionen eine ausgeglichene Rechnung auf. Budgetiert war ein Defizit von 20 Millionen. Eine Verbesserung des Strassenergebnisses um rund 40 Millionen gegenüber dem Budget ist einmalig und vor allem auf geringe Investitionsausgaben zurückzuführen. Nebst ergriffenen Rechtsmitteln gegen Projektgenehmigungen und Arbeitsvergaben führten die Untersuchungen im Zusammenhang mit den Preisabsprachen von Bauunternehmen im Kanton zu wesentlichen Verzögerungen im Bauprogramm. Das Strassenguthaben verbleibt auf dem gesetzlichen Maximum von 100 Millionen.
Ausserordentliches Ergebnis beeinflusst durch Marktwertanpassungen
Die Marktbewertung der im politischen Interesse gehaltenen Finanzanlagen des Kantons führte zu Bewertungskorrekturen im ausserordentlichen Ergebnis. Der Kanton bilanziert sämtliche Wertschriften im Finanzvermögen mit einem Börsenhandel zum durchschnittlichen Kurs am Jahresende. Um der eingeschränkten Realisierbarkeit sowohl der Partizipationsscheine der Graubündner Kantonalbank (GKB) als auch der Aktien der Repower AG aufgrund des relativ geringen Handels im Verhältnis zum gehaltenen Anteil des Kantons Rechnung zu tragen, wurde eine Bewertungskorrektur mit einem pauschalen Abschlag von 20 Prozent auf diesen Titeln vorgenommen. Insgesamt führte die Marktbewertung dieser Wertschriften per Ende 2019 zu einer Buchwertabnahme im ausserordentlichen Ergebnis von 69 Millionen.
Ebenfalls im ausserordentlichen Ergebnis enthalten sind die Entnahmen aus den Reserven betreffend Albulatunnel RhB (+2,2 Mio.) und systemrelevante Infrastrukturen (+4,8 Mio.).
Ertragsüberschuss erhöht das Eigenkapital
Das Gesamtergebnis (3. Stufe) als Summe des operativen (1. Stufe) und des ausserordentlichen Ergebnisses (2. Stufe) liegt bei 53,6 Millionen. Das ausgewiesene Eigenkapital beträgt nach der Gewinnverbuchung 2,5 Milliarden. Davon sind 496 Millionen frei verfügbares Eigenkapital (Vorjahr 418 Mio.). Die übrigen 2,0 Milliarden sind im Verwaltungsvermögen, in Finanzanlagen sowie in Spezial- und Vorfinanzierungen gebunden.
Hohe Nettoinvestitionen
Die Nettoinvestitionen belaufen sich im Berichtsjahr auf 227,0 Millionen. Sie unterschreiten den Vorjahreswert um 12,7 Millionen und liegen deutlich unter den sehr hohen geplanten Nettoinvestitionen gemäss Budget von 302,4 Millionen (-75,4 Mio.). Für die laufenden Bauprojekte des Hoch- und Tiefbaus sowie weitere Sachanlagen wurden insgesamt 194,0 Millionen ausgegeben (Vorjahr -0,3 Mio.; Budget -27,9 Mio.). Die Unterschreitung ist hauptsächlich auf den Tiefbau – aus den im Abschnitt über die Strassenrechnung genannten Gründen – zurückzuführen. Unter dem Budget blieben auch die eigenen Investitionsbeiträge an Dritte (-22,2 Mio.). Der Grund liegt oftmals in Verzögerungen bei den jeweiligen Investitionsprojekten Dritter.
Ausblick
Das Budget 2020 weist im Gesamtergebnis ein Defizit von 33 Millionen aus. Für das laufende Jahr 2020 darf nochmals ein gutes operatives Ergebnis erwartet werden. Dank einer ausserordentlich hohen Gewinnausschüttung der SNB und einer Jubiläumsdividende der GKB im 2020 sind bereits substanzielle Ertragsverbesserungen gegenüber dem Budget bekannt. Belastend werden sich in noch nicht bezifferbarer Höhe die aktuelle Situation mit dem Coronavirus sowie die kantonalen Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft auswirken. Die Mehrbelastungen aufgrund der Umsetzung der Unternehmenssteuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) im Kanton Graubünden und die Ertragsausfälle aufgrund der Anpassungen am Bundesfinanzausgleich werden sich erst ab dem Jahr 2021 auswirken. Das sehr gute Jahresergebnis 2019 und die Zusatzvereinbarung mit der SNB für die Gewinnausschüttungen in den Jahren 2020 und 2021 bieten auch für das Budget 2021 eine gute Basis. Für die weitere Entwicklung zeichnet sich trotzdem ein enger werdender Finanzrahmen ab. Mit der nötigen Ausgabendisziplin und gezielten Massnahmen zur Erhöhung der Budgetqualität werden sich auch in diesen Jahren die Herausforderungen meistern und die finanzpolitischen Richtwerte 2021-2024 des Grossen Rates einhalten lassen.
Der Grosse Rat wird die Jahresrechnung 2019 in der Junisession 2020 behandeln.
(Archivbild Graubünden: Pixabay)