Noch ist Chur Coronavirus-freie Zone. Und das soll auch so bleiben, wie die drei Stadträte Urs Marti, Tom Leibundgut und Patrik Degiacomi bei einem Medientermin in der Kata-Zentrale erklärten.
Das Herz des Katastabs liegt im Gebäude der Stadtpolizei Chur. Es ist eng im Zimmer, die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG, das zu zwei Metern Abstand und das auch nicht für länger als 15 Minuten rät, können nicht eingehalten werden. «Das ist der Unterschied zwischen der Öffentlichkeit und uns. Wir müssen den Betrieb aufrecht erhalten», sagt Guido Calörtscher, Stabschef des Katateams. «Aber wir lüften regelmässig und sind derzeit alle gesund.»
Seit 10 Tagen ist die Kata-Organisation, und das Kata steht für «Katastrophe», im Einsatz. Das Dokument, das die Leitplanken gibt, ist unter «Einsatzbefehl Eventualplanung Coronavirus» abgespeichert und mittlerweile auf zehn Seiten angewachsen. «Wir haben damit angefangen, weil wir auf Entscheide des Bundes vorbereitet sein wollen», sagt Stadtpräsident Urs Marti. Dabei geht es um Antworten zu Fragen wie: Was tun, wenn die Stadt abgeriegelt wird? Was tun, wenn eine Familie zuhause bleibt, wenn Schulen geschlossen werden müssen?
«Die Entwicklung zeigt, dass wir richtig gehandelt haben», sagt Urs Marti. «Wir haben bis jetzt keinen Fall in Chur.» Mit dem Verbot von Veranstaltungen über 50 Personen kann die Lage bisher unter Kontrolle gehalten werden; «in dieser Grösse können wir die Wege einer allfälligen Ansteckung mit dem Coronavirus nachvollziehen.» Wenn das scheitere, wie es in Italien innert 12 Tagen geschehen sei, könne man nur noch die Risikopatienten schützen. «Wir wollen», sagt Urs Marti, und man merkt, dass es ihm ernst ist, «auf jeden Fall verhindern, dass das Gesundheitswesen auf einen Schlag belastet wird. Sonst kollabiert es.»
Noch keine Schulschliessung in Chur
Eine weitere Maxime: Zeit gewinnen. Man geht derzeit davon aus, dass das Coronavirus mit wärmeren Temperaturen weniger schnell Verbreitung findet, wie das bei einer normalen Grippe auch funktioniert. Noch weiss man das aber nicht; entsprechende Untersuchungen an viel höherer Stelle stehen noch aus.
Weiter südlich ist viel vom Leben, wie man es gekannt hat, zusammengebrochen. Schulen sind geschlossen, ganze Dörfer stehen unter Quarantäne. «So weit sind wir hier noch nicht», sagt Patrik Degiacomi. Er hat festgestellt, dass sich vor allem Eltern gemeldet haben, deren Kinder Klassengspänli haben, die in Norditalien waren. «Am Montag war eine riesige Aufregung in der Stadtschule», sagt Patrik Degiacomi. «Aber schon gestern ist Ruhe eingetreten.» Es gäbe viele Fragen, aber wichtig sei, «dass wir Ruhe ausstrahlen.»
Hundesäckli für Nastüchli
Mit ganz anderen Problemen sieht sich Tom Leibundgut konfrontiert. «Die Abfallentsorgung geht nicht im Homeoffice», sagt er, «und mehr Kübel für die Nastüchli bereit zu stellen, ist auch eher zuviel des Guten.» Chur sei die einzige Stadt in der Schweiz, in der es an jedem öffentlichem Kübel Hundesäckli habe, und zwar an wirklich jedem. Er empfiehlt, Hundesäckli mitzunehmen und die Nastüchli darin zu versorgen, bis man zum nächsten Kübel kommt. «Das ist auch viel sinnvoller als ein vom BAG vorgeschlagener geschlossener Kübel.»
Und was ist mit all den abgesagten Veranstaltungen? «Wir sind noch nicht so weit, aber wir werden etwas entwickeln, dass den finanziellen Schaden dezimiert», sagt Urs Marti. «Wenn es um ein paar 1000 Franken geht, die in einer Vereinskasse fehlen, dann versuchen wir auf jeden Fall zu helfen.» Aber grundsätzlich sei es schon so: «Wenn wir zu schnell und zuviel gemacht haben, stirbt niemand. Es geht um Leute, es geht um ältere Leute und es geht um Leben.»
(Bild: GRHeute)