Was bleibt, wenn man sich das ganze Leben hinter einer Maske versteckt hat? Oder was ist Maske, was ist Realität? Die Premiere der szenischen Lesung von «Sie liebt» von Karin Hobi-Pertl im Loucy in Chur lieferte dazu einige Antworten, ohne zuviel vom Buch zu verraten.
Oberflächlich gesehen ist das Buch die Geschichte von Lena, deren oberflächliches Leben nach und nach Tiefe bekommt. Aber es ist auch die Geschichte ihrer besten Freundin Sandy, deren Leben nach und nach aus den Fugen gerät. Und während Lena nichts dazu beitragen muss, hat Sandy sich am Ende alles selbst zu zu schreiben. Oder ist es umgekehrt?
Am Donnerstagabend haben Lena und Sandy – gespielt von der ehemaligen GRHeute-Geschäftsführerin Andjela Dinkel und Autorin Karin Hobi-Pertl – vor ausverkauftem Haus im Loucy in Chur die Premiere der szenischen Lesung von «Sie liebt» gespielt. Zusammen mit Jürgen (Alex Tobisch), Lars (Immanuel Siddharta Giger), David (Maic Neurauter) und zwei Putzfrauen (Kirsten Gross und Miriam Talesa), die immer wieder mal die Bühne aufräumen und ihren Senf zum Geschehen abgeben. Als Stimme aus dem Off oder, wie man es auch nennen könnte, dem roten Faden durch die Geschichte, sitzt Jana Casotti auf einem roten Stuhl und liest. Jana Casotti ist auch die Sprecherin des Hörbuchs, das gleichzeitig mit der Premiere auf den Markt kam.
Die Szenen werden immer wieder mit Musik unterlegt. Es beginnt mit Masken und dem «Feuer» von Latih Al-Deen, «jeder Morgen gleicht dem Gestern/ Du liegst im Bett, schaust aus dem Fenster/ In Deinem Kopf Gespenster», und es ist tatsächlich eine Art Ouvertüre für das, was noch kommen wird. Lena wird von dem Mann ihres Lebens, Lars, verlassen, und Queen singt «Love of my Life». Und als Lena erkennt, dass sie ihrem Leben einen Reset geben muss, tanzt sie mit Jürgen, ihrer nicht ganz so grossen Liebe, zu «I will survive». Ganz am Anfang und ganz am Schluss ertönen die Klänge einer Komposition von Immanuel Siddharta Giger, der das eigens für «sie liebt» geschrieben hat.
«Eine schnell tickende Zeitbombe»
Am Schluss ist Lena mit David zusammen, ihrem Chef, Jürgen hat eingesehen, dass Lena die Falsche beziehungsweise nur ein Trost war, und Sandy ist zu einer, wie es die Putzfrau nennt, «schnell tickenden Zeitbombe» geworden. Irgendwann implodiert Sandy und das Ganze endet in einer Katastrophe. Wobei die Katastrophe im Buch noch einen Zacken weitergeht als auf der Bühne, und dort auch Frank (Lars Scheffelmeier), Sandys Mann und ihre zwei Söhne eine Rolle spielen.
Es ist kurzweilig anzusehen, was Karin Hobi-Pertl und ihre Gang auf die Bühne gestellt haben und in ganz vielem besser als manch Netflix-Storyteller. Auf jeden Fall ist es gute Unterhaltung mit Überraschungen, Witz und einigen gerauchten Zigaretten.
Die nächste Veranstaltung findet am 4. Oktober in der alten Bahnhofunterführung in Chur statt – ist aber leider schon komplett ausverkauft. Verdient, oder wie Karin Hobi-Pertl das in einem Song ausdrücken würde: «Ein Hoch auf uns!»
(Bilder: GRHeute)