Vor knapp zwei Wochen nominierte die SVP Graubünden die Davoserin Valérie Favre Accola als Ständeratskandidatin. Die Erwartungen sind hoch: Erstmals soll in Graubünden eine Frau in den Ständerat gewählt werden – ein aussichtsloses Unterfangen gegen die Bisherigen Stefan Engler (CVP) und Martin Schmid (FDP)? GRHeute hat mit der Grossrätin über ihre Kandidatur gesprochen.
Valérie Favre Accola, was bedeutet die Nomination als Ständeratskandidatin für Sie?
Es war ein sehr emotionaler Moment. Die Delegierten sind trotz sehr schlechtem Wetter und einer kurzfristig angesetzen Nominationsversammlung zahlreich angereist, um mich zu unterstützen. Ich empfinde dies als Anerkennung meiner bisherigen politischen Tätigkeit, aber auch als Signal, dass wichtige politische Ämter in unserem Kanton nicht nur Männern vorbehalten sein sollen.
Warum soll man Sie wählen?
Ich bringe Erfahrung aus der Exekutive und Legislative mit, bin aber auch thematisch eine Alternative zu allen anderen Ständeratskandidaten. Es ist wichtig, dass unser Kanton in der grössten Bundeshausfraktion stark vertreten ist, um Bündner Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen.
Sie sprechen von einer thematischen Alternative. Was meinen Sie damit konkret?
Die Bündner Mehrheit, welche sich mit der Ausschaffungsinitiative für einen stärkeren Opferschutz ausgesprochen haben, ist bis heute nicht im Ständerat vertreten. Ebenso jener Teil der wertkonservativen Bevölkerung wie die Bündner Schützen, die das EU-Waffengesetz bekämpft haben oder jene Bündner, welche grösste Bedenken bei der Abstimmung über das Fortplanzungsmedizingesetz hatten. Aktuell jene, welche den vorliegenden Rahmenvertrag, mit dem wir uns verpflichten, EU-Recht automatisch zu übernehmen, ablehnen.
Sie haben auch deutlich gemacht, dass endlich eine Frau in den Ständerat gewählt werden soll. Warum ist das wichtig?
Die andern Parteien sprechen sich immer wieder für eine gerechte Vertretung der Frauen in wichtigen politischen Ämtern aus. Meistens sind das nur schöne Worte vor den Wahlen. In Wirklichkeit sind die Frauen heute weder im Ständerat noch in der Regierung vertreten. Auch im Nationalrat wird es einen Grosskampf geben, dass überhaupt noch mindestens eine Frau nach Bern delegiert werden kann. Nach bald 50 Jahren Frauenstimmrecht eine bedenkliche Situation!
Spielt es denn eine Rolle, ob Männer oder Frauen in Bern Bündner Interessen vertreten?
Das sollen die Bündnerinnen und Bündner entscheiden. Ich bin klar der Meinung, dass Frauen, die oft eine andere Sicht der Dinge haben, an den Verhandlungstisch gehören, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für unsere Gesellschaft zu gestalten. Schlussendlich sind wir Frauen genau so betroffen wie die Herren. Die Zeit ist auf jeden Fall reif, dass wir Frauen ein klares Signal setzen sollten, dass man auch mit uns rechnen muss.
Aktuell spricht alles über das Klima, abgesehen von der SVP überbieten sich die Parteien mit Vorschlägen für neue Lenkungsabgaben. Was ist Ihre Meinung?
Der Klimawandel ist ohne Zweifel Fakt und verdient höchste Beachtung. Eine wirksame Bekämpfung des C02-Ausstosses ist nur möglich, wenn wir weltweit dort Massnahmen treffen, wo die höchsten Belastungen entstehen. Mit neuen Zwangsabgaben, die vor allem die Rand- und Berggebiete und den Mittelstand belasten, erreichen wir wenig und belasten vor allem jene Kreise, die kaum zum Klimawandel beitragen.
Es braucht demgegenüber Anreize, damit sich mehr Leute klimabewusst verhalten: Beispielsweise der Vorstoss der SVP Graubünden, der steuerliche Abzüge für Ferien in der Schweiz verlangt. Oder die Zuwanderung begrenzen, um den Landverschleiss und die zusätzliche Verkehrsbelastung einzudämmen oder die Förderung unserer Berglandwirtschaft zur Sicherstellung unserer einmaligen Kulturlandschaft und der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten aus der Region.
Mit der «Apfelkampagne» hat die nationale SVP in breiten Kreisen für Empörung gesorgt. Wie stehen Sie dazu?
Ich kann mich mit der Kernbotschaft identifizieren, dass Befürworter des EU-Rahmenvertrags die Erfolgsgeschichte der Schweiz gefährden, indem sie das Fundament unseres Staates, nämlich die direkte Demokratie und den Föderalismus angreifen.
Ich fand das damalige Schäfli-Plakat witzig gestaltet, was die Umsetzung der Redewendung ein «schwarzes Schaf in der Familie» und die Bildbotschaft betrifft. Das fehlt mir beim aktuellen «Apfel-Würmer»-Plakat ehrlich gesagt total. Mein Geschmack ist es definitiv nicht, denn ich möchte nicht über Plakatgestaltungen diskutieren, sondern über politische Inhalte.
Sie haben sich in Graubünden und speziell in der Region Davos einen Namen im Bereich Sport- und Kulturförderung gemacht. Müssten sie bei einer allfälligen Wahl in Zukunft etwas kürzertreten?
Es scheint mir wichtig zu sein, eng mit diesen Bereichen verbunden zu sein, man muss den Puls der Bevölkerung spüren, wenn man erfolgreich politisieren will. Dabei ist klar: Jedermann, der politisieren will, muss sich entsprechend organisieren. Bei unserer Familie ist es so, dass unsere Tochter Carina zwischenzeitlich 17 und bereits im 2. Lehrjahr, Kristian in der zweiten Oberstufe und Jann der jüngste bereits ein 5. Klässler ist. Als Familie haben wir diese Herausforderung bereits mit den Grossratsessionen gemeistert und damit organisatorische Erfahrungen gesammelt. Wir werden uns auch in Zukunft so organisieren, dass wir auch unserer Familie gerecht werden können.
(Bilder: zVg.)