Der neu erschienene «Gesundheitsreport Kanton Graubünden» gibt einen umfassenden Einblick in die Gesundheitssituation der Bündner Bevölkerung. Der Bericht, mit Daten der 2017 durchgeführten Befragung, beinhaltet insbesondere Informationen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung, zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen sowie zu den Kosten und Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Der Überblick der Resultate.
Der Kanton Graubünden zählt im Jahr 2017 197’888 Einwohnerinnen und Einwohner und ist aus statistischer Sicht klar ein ländlicher Kanton. Im Vergleich zur Gesamtschweiz (5,5%) fällt Graubündens Bevölkerungswachstum zwischen 2012 und 2017 unterdurchschnittlich aus (2,0%). Dies ist unter anderem auf die geringe Geburtenrate (8,7 Geburten pro 1000 Einwohnerinnen und Einwohner gegenüber 10,3 für die Gesamtschweiz) sowie die unterdurchschnittliche Anzahl Kinder je Frau zurückzuführen. Dementsprechend besteht Graubündens Bevölkerung aus relativ mehr älteren Personen (50-Jährige und Ältere) und relativ weniger jungen Personen (0- bis 34-Jährige). Auch ist mit 38,3% im Kanton ein überdurchschnittlicher Anteil an Einpersonenhaushalten vorzufinden (Schweiz: 35,5%). Der interkantonale Vergleich zeigt, dass der Kanton Graubünden über den höchsten Anteil an Personen mit Abschluss auf Sekundarstufe II verfügt (53,1%). Entsprechend tiefer als der Gesamtschweizer Wert (31,1%) ist mit 24,1% der Anteil Personen mit Tertiärausbildung. Die Arbeitslosenquote (1,5%) sowie die Sozialhilfequote (1,4%) liegen im Kanton Graubünden deutlich unter dem Schweizer Mittelwert von 3,2% bzw. 3,3%.
Die Indikatoren zum Gesundheitsversorgungssystem weisen im Kanton Graubünden durchschnittliche Werte aus. Eine Ausnahme bildet die Spezialärztedichte, die 2017 mit 7,9 Ärztinnen und Ärzten pro 10’000 Einwohnerinnen und Einwohner wie in vielen ländlichen Kantonen unter der Schweizer Rate von 12,4 liegt.
Bündnerinnen werden fast 85 Jahre alt
Für die Bündner Bevölkerung lässt sich im Fünfjahresdurchschnitt 2012 bis 2016 eine geschlechterspezifische Lebenserwartung – 84,9 Jahre für Frauen und 80,9 Jahre für Männer – errechnen, die ziemlich genau im Schweizer Durchschnitt (85,0 und 80,9 Jahre) liegt. Zudem gibt die grosse Mehrheit der Bündnerinnen und Bündner ab 15 Jahren im Jahr 2017 an, sich gesundheitlich gut bis sehr gut zu fühlen (86,0%). Gleichzeitig ist trotzdem ein Drittel (32,6%) der Befragten im Kanton von einem lang andauernden Gesundheitsproblem betroffen, und 16,8% berichten von starken körperlichen Beschwerden, die aber signifikant niedriger ausfallen als im Schweizer Durchschnitt (22,1%). Bündnerinnen und Bündner berichten beispielsweise deutlich seltener von Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Bauchschmerzen als Schweizerinnen und Schweizer.
Bei den Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck (17,3%), erhöhter Cholesterinspiegel (12,8%) und Diabetes (4,2%) liegen die Bündner Werte im Bereich der Schweizer Durchschnittswerte. Männer weisen dabei höhere Anteile dieser Risikofaktoren auf als Frauen. Auch bei ausgewählten Diagnosen wie akuter Myokardinfarkt, Hirnschlag sowie bei Krebserkrankungen sind Männer deutlich häufiger betroffen als Frauen, beim Myokardinfarkt und Hirschlag sind im Kanton im Vergleich zur Schweiz aber unterdurchschnittliche Anteile zu verzeichnen. Die zwischen 2006 und 2010 beobachtete überdurchschnittliche Inzidenz aller Krebsarten bei den Bündner Männern ist im Fünfjahresdurchschnitt 2011 bis 2015 nicht mehr festzustellen.
Bündner haben mehr Energie als die anderen Schweizer
54,0% der Bündnerinnen und Bündner weisen ein hohes Energie- und Vitalitätsniveau aus, welches über dem Schweizer Durchschnitt (48,7%) liegt. Des Weiteren verfügen Bündner Männer (60,4%) über ein deutlich höheres Energie- und Vitalitätsniveau als Schweizer Männer (53,7%) und als Bündner Frauen (47,6%). Von den Befragten berichten 10,5% von einer mittleren bis hohen psychischen Belastung (Nervosität, Niedergeschlagenheit, Entmutigung etc.); dieser Wert ist wie in der vergangenen Gesundheitsbefragung 2012 tiefer als jener für die Gesamtschweiz (15,1% im Jahr 2017). Auch bei der spezifischen Frage nach depressiven Symptomen weisen die Bündner signifikant und die Bündnerinnen tendenziell unterdurchschnittliche Werte aus. Diese vergleichsweise bessere psychische Gesundheit im Kanton geht mit vorhandenen Gesundheitsressourcen einher. So weisen im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt (23,4%) deutlich weniger Bündnerinnen und Bündner eine geringe Kontrollüberzeugung aus (18,3%).
39% der Bündnerinnen haben Einsamkeitsgefühle
Auch Einsamkeitsgefühle sind in der Bevölkerung Graubündens (33,3%) weniger verbreitet als in der Schweiz insgesamt (38,6%). Im Kanton fühlen sich Frauen (39,0%) jedoch deutlich häufiger einsam als Männer (27,6%). Dieser Unterschied zeigt sich auch zwischen der Bündner Bevölkerung mit Migrationshintergrund (45,1%) und ohne Migrationshintergrund (29,1%) oder zwischen jüngeren (39,9% bei den 15- bis 34-Jährigen, 37,6% bei den 35- bis 49-Jährigen) und älteren Bündnerinnen und Bündnern (22,9% bei den 65-Jährigen und Älteren).
Unfälle und daraus folgende Verletzungen können wichtige Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen. Im Kanton Graubünden (27,4%) und in der Gesamtschweiz (24,8%) erleiden Männer deutlich häufiger Verletzungen bei Unfällen als Frauen (15,8% bzw. 17,6%). Betrachtet man die Häufigkeit von Stürzen – diese können besonders für ältere Personen gravierende Folgen haben – so gibt jede vierte Person ab 65 Jahren im Kanton Graubünden an, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal gestürzt zu sein.
42% der Bündner sind übergewichtig
91,0% der Bündner Bevölkerung geben an, eine «beachtende/orientierte» Gesundheitseinstellung zu haben; bei den Bündnerinnen (93,7%) ist dieser Wert höherer als bei den Schweizerinnen (90,1%). Auch achten Bündnerinnen (81,5%) signifikant häufiger auf ihre Ernährung als Schweizerinnen (73,4%). Trotzdem sind 41,8% der Bündner Bevölkerung übergewichtig oder adipös, etwa gleich viele wie in der Gesamtschweiz (42,7%). Im Vergleich zu 1992 ist der Anteil übergewichtiger oder adipöser Personen sowohl im Kanton Graubünden (30,0%) wie auch in der Schweiz (31,2%) deutlich angestiegen. Des Weiteren ist der Anteil Männer mit Übergewicht oder Adipositas deutlich höher als bei den Frauen: Im Kanton liegt er 2017 bei 54,0% gegenüber 29,2% bei den Frauen. Sowohl Bündnerinnen als auch Bündner sind körperlich deutlich aktiver als Schweizerinnen und Schweizer. Der Anteil der körperlich Aktiven ist ausserdem im Kanton (ähnlich wie in der Gesamtschweiz) deutlich angestiegen (von 76,7% im Jahr 2012 auf 82,9% im Jahr 2017).
Fast jede/r Vierte raucht
Im Jahr 2017 rauchen 23,6% der Bündnerinnen und Bündner ab 15 Jahren; das sind weniger als im Schweizer Durchschnitt (27,1%) und auch weniger als 1992 (30,8%). Im Kanton Graubünden rauchen Männer (28,0%) häufiger als Frauen (19,2%), und Personen in der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren rauchen deutlich seltener (12,2%) als die Personen der drei jüngeren Altersgruppen (zwischen 22,1% bei den 50- bis 64-Jährigen und 30,7% bei den 15- bis 34-Jährigen). Im Kanton Graubünden weisen 3,9% der Bevölkerung ein mittleres bis hohes Risiko bezüglich ungesunden Alkoholkonsums auf, was dem Schweizer Durchschnitt (4,6%) entspricht. Hierbei zeigen sich im Kanton keine signifikanten Geschlechterunterschiede, während jedoch deutlich mehr Bündner Männer (19,1%) rauschtrinken als Bündner Frauen (8,2%).
Deutlich mehr Kiffer/-innen im Kanton
Der Anteil Personen, die schon einmal Cannabis konsumiert haben (25,4%), liegt im Kanton Graubünden deutlich unter dem Schweizer Mittel (32,1%), ist im Vergleich zu 1992 (6,2%) aber signifikant angestiegen. Dieselbe zeitliche Entwicklung zeigt sich beim Medikamentenkonsum: Während 1992 ein Drittel (32,2%) der Bündner Bevölkerung irgendein Medikament in der Woche vor der Befragung konsumierte, ist dies 2017 knapp die Hälfte (45,7%). Hierbei gilt es jedoch hervorzuheben, dass Bündnerinnen (47,2%) weniger Medikamente konsumieren als Schweizerinnen (55,0%) insgesamt. 2,6% der Bündner Bevölkerung haben einen problematischen Internetkonsum. Dieser Anteil liegt bei den Bündner Männern (1,8%) signifikant unter jenem der Schweizer Männer (4,3%).
Weniger arbeitsbezogene körperliche Belastungen
Von den Befragten im Kanton Graubünden geben 30,9% an, 2017 im Wohnbereich mindestens einer Störung (von Strassenverkehrslärm bis Lichtquellen) ausgesetzt gewesen zu sein. Dieser Anteil entspricht dem kleinsten kantonalen Wert und ist dementsprechend deutlich niedriger als in der Gesamtschweiz (44,3%). Im Bereich der Immissionen bei der Arbeit ist der Bündner Anteil (51,1%) zwar im Bereich des Schweizer Wertes (48,3%), Bündnerinnen und Bündner sind bei der Arbeit aber signifikant häufiger niedrigen Temperaturen ausgesetzt als Schweizerinnen und Schweizer. Während sich der Kanton Graubünden bei den psychosozialen Belastungen und der emotionalen Erschöpfung am Arbeitsplatz nicht signifikant von der Gesamtschweiz unterscheidet, liegt der Anteil Personen mit körperlichen Belastungen bei der Arbeit im Kanton (11,9%) unter dem Schweizer Durchschnitt (16,7%). Vor allem die Bündner Männer (9,8%) weisen einen signifikant niedrigeren Anteil arbeitsbezogener körperlicher Belastungen aus als die Schweizer Männer (15,5%). Der Anteil der Erwerbstätigen, die mit ihrer Arbeitssituation zufrieden sind, ist im Kanton Graubünden (94,5%) signifikant höher als in der Schweiz insgesamt (89,7%). Besonders die Bündner Männer sind mit einem Anteil von 94,7% deutlich zufriedener als der Schweizer Durchschnitt (89,2%).
72,2% der Bündner Bevölkerung geben in den zwölf Monaten vor der Befragung 2017 mindestens eine Hausarztkonsultation an, was dem gesamtschweizerischen Anteil (70,7%) entspricht. Im Gegensatz hierzu konsultiert die Bündner Bevölkerung (35,7%) weniger Spezialärztinnen und -ärzte als der Schweizer Schnitt (42,8%). Insgesamt stieg die Anzahl Hausarzt- und Spezialarztkonsultation auf kan- tonaler wie auch auf gesamtschweizerischer Ebene seit 2012 an.
Weniger Grippeimpfungen als in der Rest-Schweiz
In Bezug auf Kontrolluntersuchungen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Blutdruckmessungen, Untersuchungen des Cholesterin- und des Blutzuckerwertes) zeigt die Bündner Bevölkerung keine bedeutenden Abweichungen vom Schweizer Durchschnitt, diese Untersuchungen werden im Jahr 2017 aber häufiger vorgenommen als 2012. Auch im Bereich der Krebsvorsorgeuntersuchungen (Gebärmutterhalskrebs, Mammographie und Prostatakrebs) sind im Kanton keine signifikanten Unterschiede zur Schweiz feststellbar. Bündnerinnen und Bündner lassen sich aber signifikant seltener (11,0%) gegen die Grippe impfen als Schweizerinnen und Schweizer (13,8%). Dieser Unterschied ist vor allem bei der älteren Bevölkerung frappant: Während sich mehr als ein Drittel (35,9%) der 65-jährigen und älteren Schweizerinnen und Schweizer gegen die Grippe impfen lässt, sind es nur 26,8% der älteren Bündnerinnen und Bündner.
Die Inanspruchnahme komplementärmedizinischer Leistungen ist bei Bündner Frauen (29,2%) zwar häufiger als bei Bündner Männern (17,0%), Bündnerinnen nehmen diese Leistungen aber deutlich seltener in Anspruch als Schweizerinnen (36,0%). Die Inanspruchnahme ambulanter Spitalbehandlungen (29,9%) sowie jene der stationären Spitalbehandlungen (13,0%) entsprechen in etwa den Werten der Gesamtschweiz (32,9% bzw. 12,0%). Während das Ausmass an Langzeitpflege in Alters- und Pflegeheimen sowie durch Spitex-Organisationen im Bereich des Schweizer Mittelwertes liegt, beansprucht die Bevölkerung im Kanton Graubünden signifikant weniger Unterstützung durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn (9,1%) als Schweizerinnen und Schweizer (12,6%).
Kosten und Prämien in der OKP
Die Bruttokosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) belaufen sich im Kanton Graubünden im Jahr 2017 auf 3369 Franken pro versicherte Person. Dies sind 473 Franken oder 12,3% weniger als der Gesamtschweizer Durchschnitt von 3842 Franken. Zwischen 2013 und 2017 sind die OKP-Bruttokosten im Kanton Graubünden um jahresdurchschnittlich 3,5% gestiegen. In der Gesamtschweiz war diese Zunahme mit 3,8% leicht höher.
Die tieferen Kosten im Kanton Graubünden schlagen sich in vergleichsweise tiefen OKP-Prämien nieder: Die Jahresprämie 2017 für Erwachsene ab 26 Jahren (Durchschnitt über alle Versicherungsmodelle und Prämienregionen) beträgt im Kanton Graubünden 3634 Franken, im Schweizer Durchschnitt sind es 4216 Franken. Damit hat der Kanton Graubünden die siebtniedrigsten Prämien aller Kan- tone. Das im Kanton Graubünden 2017 am meisten verbreitete Versicherungsmodell ist das Hausarztmodell ohne Capitation. Fast die Hälfte (49,9%) der Versicherten hat ein solches Hausarztmodell mit Einzelleistungsabrechnung gewählt.