Der Verband «Schweizer Medien» fordert mehr Geld für Print. Trotz (oder wegen) des offenkundigen gesellschaftlichen Wandels mit der einhergehenden Erosion bei den Zeitungsabos und dem drastischen Rückgang der Werbeeinnahmen fordert der Verband eine Vervierfachung der indirekten Presseförderung (IPF) von heute 30 auf neu 120 Mio. Franken für die Print-Presse. Die Initiative weckt auf breiter Basis Widerstand.
Gemäss der Stiftung Werbestatistik Schweiz hat die Presse 2018 nach einem Rückgang der Umsätze von 9,6 Prozent noch 1’009 Mio. Franken netto im Werbemarkt verdient. Zu wenig für den Verband «Schweizer Medien», der nun eine Vervierfachung des indirekten staatlichen Presse-Förderung für Print-Medien fordert. Insbesondere soll die abonnierte Tagespresse (wie auch die ‹Südostschweiz›) und die abonnierte regionale Wochenpresse und Sonntagszeitungen von einem neuen Geldregen des Bakom profitieren. «Dies hilft den Verlagen, die Herausforderungen des Wandels im Zuge der Digitalisierung des Nutzer- und Werbemarktes zu meistern», heisst es auf der Webseite des Verbandes Schweizer Medien.
«Unverfroren und ungerecht»
Ob eine stärkere Förderung eines Mediums, das offensichtlich von der Zeit (sprich: der Digitalisierung) überholt worden ist, sinnvoll ist, ist allerdings umstritten. Auch bei vielen Online-Medien (wie GRheute), die sich ohne staatliche Unterstützung gegen (oft) monopolartige Grossverlage im Markt bewegen, stösst dieses Vorhaben sauer auf. «Die gut situierten Verleger von fast durchwegs Monopol-Zeitungen verlangen vom Parlament schon in diesem Sommer als dringlichen Beschluss die Erhöhung der Subventionen von jährlich 30 auf 120 Millionen Franken. Unabhängig von allen weiteren Diskussionen um das neue Mediengesetz», ist Bruno Hug, Präsident des Verbandes Schweizer Online-Medien VSOM, über die neue Offensive der Print-Verleger auf öffentliche Gelder entrüstet, «das ist unverfroren und ungerecht. Die Verlage, welche ihre Monopolstellungen mit Steuergeld verteidigen wollen, verhindern damit die Medienvielfalt – und sind selbst erst noch sehr begütert.»
Stützt der Staat Medien-Monopole?
Dass neben der Somedia auch noch grössere Verlage wie Ringier und Tamedia von neuen Bundesmillionen profitieren sollen, haben neun Schweizer Online-Medienverlage (GRHeute gehört noch nicht dazu) anfangs Mai dazu bewogen, den Verband Schweizer Online-Medien zu gründen und – wegen der «sich anbahnenden, falschen Subventionsverteilung» – beim Bakom vorstellig zu werden: «Sollte es zu einer staatlichen Förderung von Online-Medien kommen, wie dies im Entwurf des neuen Mediengesetzes vorgesehen ist, sowie zu einer erhöhten Print-Medien-Unterstützung, welche die Print-Verleger fordern, dann sollte die Medienförderung – wenn schon – klug und zukunftsgerichtet gestaltet werden», so Hug, «eine einseitige, auf Grossverlage ausgerichtete Medienförderung würde zu Lasten der Medienvielfalt gehen und bestehende Medien-Monopole weiter festigen. Im Zuge des Medienwandels soll jedoch der freie Markt spielen. Auch sollen möglichst viele Bürgerinnen und Bürgern des Landes zur politisch relevanten lokalen, regionalen und nationalen Information einen kostengünstigen Zugang erhalten».
Online-Medien im Aufstieg, Print im freien Fall
Dass die Medien-Zukunft online ist, dürfte heute wohl jedem klar sein. Gemäss dem Jarren-Bericht der Universität Zürich von Ende 2018 erhöhte sich die Nutzung des Internets in den letzten 15 Jahren um das Achtfache. In derselben Zeit halbierte sich diejenige der Printmedien um fast die Hälfte. Die 18- bis 54-Jährigen nutzen das Internet als ihre Hauptquelle für News. «Die auf politische und gesellschaftliche Nachrichten basierenden Online-Medien sind somit von hoher Bedeutung für die Demokratie des Landes. Insbesondere auch für die jüngeren Generationen, die sich stark über Internet und Mobile informieren», schreibt der VSOM in einer Medienmitteilung.
Ob es Sinn macht, Millionen an öffentlichen Gelder in Print zu pumpen, ist vor diesem Hintergrund sicher fraglich. Ob der Verband Schweizer Online-Medien (VSOM) allerdings gegen die starke Lobby des (Print-)Verbandes «Schweizer Medien» ankommt, wird sich zeigen.
(Archivbild Somedia: GRHeute)