Kennen Sie Josi Meier? Nein?
Die CVP-Politikerin aus dem Luzernischen (1926-2006) amtete als erste Ständeratspräsidentin der Schweiz. Das war 1991. Nur ein Jahr zuvor, 1990, führte der Kanton Appenzell als letzter Schweizer Kanton das Stimmrecht für Frauen ein. Was heute fast unvorstellbar und absurd scheint, war vor nicht allzu langer Zeit noch Realität in einem Land, das sich mit seiner einzigartigen Demokratie rühmt. Die Hälfte der Bevölkerung, nämlich die weibliche, wurde aus der Politik über Jahrzehnte ausgeschlossen.
Gleichstellung kommt nicht von allein
Wer sich nun wundert, warum Frauen am 14. Juni 2019 überhaupt zum Streik aufrufen, verkennt, dass es mit der Einführung des Frauenstimmrechts noch längst nicht getan ist. Das Frauenstimmrecht war zwar, wenn in der Schweiz auch relativ spät, so doch der grösste Meilenstein auf dem Weg zur rechtlichen Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann. Dieser Weg ist jedoch noch längst nicht zu Ende.
Es ist heute selbstverständlich, dass Frauen wählen und abstimmen. Genauso selbstverständlich sollte es sein, dass Frauen für gleichwertige Arbeit gleich viel verdienen wie Männer. Dass die Ungleichbehandlung von Frauen in den Sozialversicherungen beseitigt und die Stellung der Frau auf dem Arbeitsmarkt endlich verbessert wird. Oder dass die wertvolle Freiwilligenarbeit von Frauen, die sich monetär kaum beziffern lässt, endlich mehr Anerkennung bekommt. Und – nicht zu vergessen – , dass sich Frauen auch stärker in der Politik engagieren. Noch immer ist im Nationalrat nur jeder dritte Sitz, im Ständerat lediglich jeder siebte Sitz und in den Schweizer Kantonsregierungen nur jeder vierte Sitz von einer Frau besetzt. Und Sie wissen es: seit kurzem sitzt in der Bündner Regierung gar keine Frau mehr.
Es braucht Vorbilder
Politikerinnen wie Josi Meier sind darum auch heute noch wichtige Vorbilder. An der Frauensession von 1991 sagte sie: «Erst heute begreife ich jene Männer, die mir am Anfang meiner Karriere sagten, die Frau gehöre ins Haus. Recht hatten sie. Die Frauen gehören ins Gemeindehaus, ins Rathaus, ins Bundeshaus!»
Recht hatte Josi Meier. Heute mehr denn je.
(Bild: zVg Marco Berardi/ GRHeute)