Die Umweltpolitik darf nicht zu einem reinen Wahlkampfthema verkommen. Das würde zu kurz greifen und dafür ist das Thema zu ernst. Es wird spannend sein zu sehen, welche Parteien nach dem 20. Oktober 2019 das Thema Umweltpolitik noch aktiv bearbeiten. Denn Umweltpolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Und Wirtschaftspolitik bedeutet eben auch Chancen für Unternehmerinnen und Unternehmer im Kanton. Unsere Unternehmen können viel zum Klimawandel beitragen, aber nur, wenn Widersprüche ausdiskutiert und Verbote aufs Minimum reduziert werden und auf Eigenverantwortung appelliert wird. Die streikende Jugend hat es zwar geschafft aufzurütteln und uns Erwachsene und insbesondere auch die meisten Politikerinnen und Politiker zum Nachdenken zu bewegen. Dafür gebührt den Jugendlichen ein grosses Lob, denn ohne Druck verändert sich bekanntlich nichts oder wenig. Unschön dabei ist, dass sie die Generation sind, die am meisten fliegt und sich zum Beispiel bei Handys oder Fast Food kaum einschränken will. Wir Menschen schränken unseren eigenen Lebensstandard eben kaum freiwillig ein. Wenn jedoch auf Eigenverantwortung appelliert wird und klar aufgezeigt wird, dass mit technologischem Fortschritt viel der Umwelt beigetragen werden kann, dann hilft das uns allen.
Machen wir eine Rückblende: nur wenige verzichten auf ein Auto, auf eine Heizung oder auf Licht. Aber heutzutage gibt es LED statt Glühbirnen, Erdwärme statt Gas oder Öl und sauberere Motoren. Autohersteller, die in den kommenden Jahren keine Elektroautos auf den Markt bringen, werden vom Käufer bestraft.
Was es jetzt braucht ist ein konstruktiver, offener Dialog. Das bringt mehr, als nach jedem Naturereignis Horrorszenarien aufzeigen. Tatsachen müssen sauber aufgezeigt und die Bedeutung von Naturereignissen richtig eingeordnet werden.
In Graubünden und allgemein in der Schweiz versuchen wir immer wieder, etwas im Kleinen zu bewirken. Wir haben ein kantonales und ein Schweizerisches Energiegesetz, planen den nachhaltigen Ausstieg aus fossilen Brenn- und Treibstoffen und schauen auf Mikroebene, wie wir etwas beisteuern können: mehr Velo und ÖV statt Auto, weniger fliegen, mehr die lokalen Läden mit einheimischen Produkten berücksichtigen, duschen statt baden und vieles mehr. Aber gleichzeitig müssen wir konsterniert zusehen, wie die Politiker der mächtigsten Länder kaum griffigen Lösungen präsentieren, Lösungen, die weltweit Wirkung zeigen würden.
Wir stecken den Kopf aber nicht in den Sand, sondern müssen nun gangbare Wege in Sachen Umweltpolitik finden, insbesondere auch für Unternehmer. Wo sind die Unternehmer bereit sich einzuschränken und weniger Freiheiten zu geniessen? Wo können wir weiterhin auf Eigenverantwortung setzen und wo müssen Regeln her? Braucht es überhaupt Regeln? Müssen Verbote eingeführt werden? Regeln sind mächtig unbequem und Verbote sowieso. Anreize für Massnahmen im Umweltschutz legen auch Innovationspotenziale für Unternehmer frei. So wissen wir heute, dass das Gewässerschutzgesetz dazu geführt hat, dass die Kläranlagen so weiterentwickelt wurden, dass wir heute wieder bedenkenlos in Flüssen und Seen schwimmen können. Gefragt sind also Regeln, die ein Maximum an Freiheit erlauben. Für Unternehmer ein beliebtes Instrument sind Lenkungsabgaben, denn sie erlauben sich immer noch frei im Markumfeld bewegen zu können, tragen aber gleichzeitig dem Umweltschutz bei.
Die Fragen lauten nun: wo müssen wir ansetzen? Wo bewirken wir am meisten? Wo finden wir Akzeptanz bei der Bevölkerung und bei den Unternehmern? Sind es digitale Massnahmen um die Auslastung des Verkehrs zu optimieren? Sind es konkrete Emissionsreduktionen des Luftverkehrs? Lenkungsabgaben zu Treibstoffen, deren Einnahmen zurückverteilt werden? Oder sind es andere Massnahmen?
Es bleibt also spannend wie die Klimapolitik sich im Wahlsommer weiterentwickelt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Klimapolitik dann auch liberal und nachhaltig ist, sodass Lösungen ökologisch richtig, gesellschaftlich akzeptabel und ökonomisch tragbar sein werden. Denn sonst wird es rückblickend ein Wahlkampfthema gewesen sein, ohne langfristiger Wirkung. Und das gilt es über alle Parteien hinweg zu vermeiden.
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