Mit der Vergabe der Marke graubünden an die Zürcher Agentur Wirz fliesst in den nächsten vier Jahren das Agenturhonorar nach Zürich. Den Bündner Agenturen bleibt nur die Frage: Warum musste es für Gian und Giachen wieder ein Zürcher sein?
Zwölf Jahre lagen die Geschicke der Kommunikation der Marke graubünden bei der Zürcher Agentur Jung von Matt. Die Spots mit den beiden Steinböcken Gian und Giachen kamen bisher aus dieser Küche. Auch Aktionen wie das Fotografierverbot in Bergün, das Dorftelefon in Tschlin gehen auf das Konto von Jung von Matt und trugen die Marke graubünden als Tourismus-Hotspot in die ganze Welt hinaus.
Inskünftig soll im Rahmen von «Enavant 4.0» die Marke graubünden aber nicht nur den Tourismus, sondern auch andere Bereiche wie Wirtschaft und insbesondere Industrie abdecken. «Wir haben ein industriell starkes Rheintal, das kam bisher viel zu wenig zum Tragen», sagte der Leiter des Amtes für Wirtschaft und Tourismus, Eugen Arpagaus. Der Kanton hat für die Umsetzung von Kommunikationsmassnahmen der Marke graubünden das Agenturmandat in einem öffentlichen Verfahren neu ausgeschrieben.
29 Bewerbungen
Beworben haben sich mindestens sechs Bündner Agenturen: Clus, Hü7, Markenkern, Pluswert, Skipp und Viaduct, wie die IG der Kommunikationsagenturen Graubünden im letzten Mai bekannt gegeben hatte. Insgesamt hatten sich gemäss Eugen Arpagaus 29 Agenturen beworben. Anfang November wurde bekannt, dass die Zürcher Kommunikationsagentur Wirz den Pitch gewonnen hat.
Mit diesem Entscheid fliesst in den nächsten vier Jahren das Agenturhonorar ins Unterland. Gab es keine Möglichkeit, dieses Geld in Graubünden zu behalten? «Die Ausschreibung verlief nach Submissionsregeln. Jeder Bewerber wurde nach denselben Kriterien beurteilt. Am Schluss war es einfach so, dass eine Agentur geeigneter schien als die anderen», sagte Eugen Arpagaus.
«Das AWT hätte ein Zeichen setzen können»
Bei den Agenturen ist man überzeugt: Dieser Pitch war so angesetzt, dass nur die grossen Namen eine Chance hatten. «Es schien von Anfang an klar, dass keiner von uns die in der Präqualifikation geforderten Bedingungen erfüllen könnte», sagte Muriel Stillhart von der IG Kommunikationsagenturen Graubünden. «Das trifft nicht zu. Wir haben die Eignungs- und Zuschlagskriterien ausgewogen umschrieben. Wir suchten eine Agentur mit unter anderem genügend Kompetenzen, Erfahrungen und Referenzen», sagte Eugen Arpagaus.
Muriel Stillhard bedauert diese Vorgehensweise. «Das AWT hätte hier ein Zeichen setzen können. Beispielsweise mit einem Ideenwettbewerb, bei dem der beste Ansatz gewinnt, wie man dies auch in der Architektur kennt. So hätten die Bündner Agenturen eine echte Chance erhalten, ihre Ansichten und ihr Können zur Weiterentwicklung der Marke darzulegen», sagte die Agenturleiterin von Miux. «Denn so entscheidet nicht die Grösse, sondern die Kreativität und der Weitblick der Agentur.»
Auch Eugen Arpagaus bedauert, dass keine der Bündner Agenturen in die zweite Runde des Pitchs gekommen ist. «Mindestens ein halbes Dutzend Agenturen wurden vom Beurteilungsgremium besser bewertet als die Bündner Agenturen», sagte Eugen Arpagaus. Weiter weist er darauf hin, dass keine der Agenturen den Rechtsweg in den beiden Phasen beschritten habe. «Die Rekursfrist ist ohne eine Eingabe abgelaufen.»
(Bild: zVg)