Am Ende war es ein hauchdünnes Resultat: Die SVP Graubünden scheiterte mit Walter Schlegel einmal mehr am Versuch, in die Bündner Regierung einzuziehen. Der bisherige BDP-Regierungsrat Jon Domenic Parolini rettete sich in extremis über die Ziellinie. Strahlende Gewinner des Wahlkampfes sind die CVP und die SP.
Am Ende kämpften die beiden meist kritisierten Protagonisten des Baukartell-/Verhaftungsskandals, Jon Domenic Parolini und Walter Schlegel, um den letzten Regierungsratssitz. Das Hitchcock-Finale zwischen BDP und SVP war so nicht erwartet worden, schien doch zumindest Jon Domenic Parolini als Bisheriger sicher im Sattel zu sitzen. Der Engadiner wurde für seine Rolle in der Baukartell-Affäre aber in vielen Regionen Graubündens brutal abgestraft und verlor im Vergleich zur letzten Wahl 2014 über ein Drittel der Stimmen. In seiner Heimatgemeinde in Scuol, im Herzen der Kartellaffäre, hinterliess der landesweite Bauskandal interessanterweise keine Spuren – Parolini machte klar das beste Ergebnis.
Knapp vorbei ist auch daneben
Für den Polizeikommandanten Walter Schlegel ist das brutale Ende seines Regierungsrats-Wahlkampfes noch bitterer, wäre seine Wahl ohne die in der Republik veröffentlichte Verhaftungsgeschichte wohl ausser Frage gestanden. Ob sich diese tatsächlich so zugetragen hat, wird sich erst im Herbst nach der Untersuchung zeigen, für viele Bündnerinnen und Bündner reichte die flächendeckende mediale Berichterstattung aber, um den SVP-Kandidaten nicht zu wählen. Vorzuwerfen ist der Volkspartei, dass sie sich PR-mässig nicht besonders geschickt anstellte, als es medial brannte. Letztlich kostete dies der SVP den angestrebten Regierungsratssitz. Dass der Rückstand am Ende nur minimale 68 Stimmen betrug – oder umgerechnet 0,004% – macht das Resultat umso brutaler für den Polizeikommandanten. Auch dürften sich die einen oder anderen, die der Wahl fernblieben, ärgern, dass sie mit ihrer Stimme diesmal tatsächlich einen Unterschied hätten ausmachen können. Eine blamable Wahlbeteiligung von 35,79% ist im Grunde eine Schande, wenn man bedenkt, worum es bei Regierungsratswahlen geht.
Wegen des knappen Ergebnisses werden die Stimmen nochmals nachgezählt, allenfalls gibt es noch minimale Verschiebungen. An der Endentscheidung dürfte sich hingegen nichts mehr ändern.
CVP als grosse Gewinnerin
Die grossen Gewinner der Wahl waren alle, die nicht direkt in den Vorfall um Adam Quadroni verwickelt waren, in erster Linie CVP-Kandidat Marcus Caduff, der im Windschatten des Partei-Zugpferds Mario Cavigelli überraschend locker den einst an die SP verlorenen Sitz zurück eroberte. Auch GRHeute unterschätzte die Zugkraft Cavigellis für Caduff und den Einfluss der medialen Verurteilung Parolinis und Schlegels und sah Caduff vor den Wahlen nur auf Rang 6. Am Ende holten die beiden CVP-Politiker die Ränge 2 und 3. Geschickt hielt sich die CVP aus allen Grabenkämpfen raus und kann sich nun ins Fäustchen lachen, am meisten Profit aus den Skandalen geschlagen zu haben. Zumindest parteipolitisch ist die Bündner Regierung damit – mit dem Wechsel eines Sitzes von der BDP zur CVP – leicht nach links gerutscht. «Es ist sensationell! Ich freue mich sehr, mit Marcus zusammenzuarbeiten. Nach den letzten Wochen war ein solches Resultat allerdings auch zu erwarten», äusserte sich Mario Cavigelli nach der Wahl überschwänglich.
Auch die SP profitierte vom politischen Kartell-Erdbeben in Graubünden und verteidigte den Sitz von Martin Jäger souverän: Dass die SP während der letzten Legislatur auch bei Sachthemen – insbesondere bei der zweiten Olympia-Abstimmung – in der Bündner Bevölkerung punkten konnte, half natürlich auch. Mit einer professionellen und auf die neuen Medien ausgerichteten Kampagne war schon früh absehbar, dass Peter Peyer in die Bündner Regierung einziehen würde – was dann auch relativ sicher gelang.
Einen Spaziergang erlebte der bisherige FDP-Regierungsrat Christian Rathgeb, der mit dem Bestresultat aller Kandidaten locker wieder gewählt wurde.
Mehr als einen Farbtupfer in den Wahlkampf brachte der Künstler Linard Bardill, der das absolute Mehr verpasste und erwartungsgemäss Letzter wurde. Immerhin konnte er mit 12206 Stimmen einen Achtungserfolg feiern.
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(Bildmontage: Walter Schlegel/GRHeute)