Bündner Regierung erlässt Botschaft zur Fremdspracheninitiative

Die Botschaft zeigt auf, wie die Fremdspracheninitiative ohne Diskriminierung der Bündner Minderheitssprachen umgesetzt werden könnte und welche Folgen dies hätte. Die Regierung beantragt dem Grossen Rat, die Initiative dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen und auf einen Gegenvorschlag zu verzichten. 

Im November 2013 wurde die Volksinitiative „Nur eine Fremdsprache in der Primarschule (Fremdspracheninitiative)“ eingereicht. 2014 stellte die Regierung zuhanden des Grossen Rates Antrag auf Ungültigerklärung der Initiative wegen offensichtlichem Widerspruch zu übergeordnetem Recht. Sie stützte sich im Wesentlichen auf ein Rechtsgutachten. Der Grosse Rat beschloss am 20.April 2015 mit 82:34 Stimmen, die Fremdspracheninitiative für ungültig zu erklären. Mit Urteil vom 15. März 2016 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden eine gegen die Ungültigerklärung erhobene Beschwerde gut. Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde an das Bundesgericht wurde am 3. Mai 2017 abgewiesen. Somit äussert sich die Regierung in der vorliegenden Botschaft nun materiell zur Initiative. 

Umsetzung der Initiative ohne Diskriminierung

Die Umsetzung der Fremdspracheninitiative strikte nach dem Wortlaut würde bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler in Italienisch- und Romanischbünden mit der Fremdsprache Englisch frühestens im 7. Schuljahr beginnen würden. Das Verwaltungsgericht Graubünden und das Bundesgericht stellen fest, dass damit eine klare Benachteiligung, also Diskriminierung, aufgrund der Sprache erfolgen würde. Würde eine zweite Fremdsprache als Freifach auf der Primarstufe angeboten, könnte diese Benachteiligung verhindert und damit die Gleichbehandlung gewährleistet werden. Dieses Angebot müsste nicht nur in Italienisch- und Romanischbünden, sondern analog auch in Deutschbünden gemacht werden. Als Folge davon gelangten die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Wissensstand in der zweiten Fremdsprache in die Oberstufe, darum müssten auf dieser Stufe mindestens zwei verschiedene Niveaugruppen geführt werden. 

Hoher Umsetzungsaufwand

Die organisatorischen und finanziellen Herausforderungen für eine diskriminierungsfreie Umsetzung der Fremdspracheninitiative wären sehr gross. Der Kanton und insbesondere die Gemeinden hätten bei einer Annahme der Initiative respektive bei einer nachfolgenden verfassungskonformen Umsetzung in der Folge zusätzliche, derzeit noch nicht bezifferbare, finanzielle und personelle Ressourcen bereitzustellen. 

Verzicht auf Gegenvorschlag

Auch andere Varianten mit nur einer obligatorischen Fremdsprache auf der Primarstufe führten zu einem Alleingang Graubündens innerhalb der Schweiz und bedeuteten eine Abkehr vom Harmonisierungsmodel 3/5, verbunden ebenfalls mit erheblichen zusätzlichen Kosten. Graubünden würde zum doppelten Sonderfall, weshalb die Regierung dem Grossen Rat beantragt, auf einen Gegenvorschlag zu verzichten. 

Initiative zur Ablehnung beantragt

Gemäss dem bestehenden Bündner Sprachenmodell werden die drei Sprachregionen im Fremdsprachenunterricht seit der Teilrevision des Schulgesetzes von 2008 weitestgehend gleich behandelt. Zudem soll die Mobilität innerhalb Graubündens und der Schweiz möglichst nicht erschwert werden. Die mit der Fremdspracheninitiative geforderte Abweichung vom bisherigen Modell würde neue Mobilitätshindernisse bringen und könnte nur mit teuren und komplizierten Massnahmen umgesetzt werden. Lösungen zu Ungunsten der sprachlichen Minderheiten gefährden den Sprachfrieden. Und schliesslich würde ein Eingreifen des Bundes bei einer erstmaligen aktiven Abkehr eines Kantons von der schweizerischen Harmonisierungslösung wahrscheinlich. Aus all diesen Gründen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, die Fremdspracheninitiative dem Volk zur Ablehnung zu empfehlen. 

Der Grosse Rat wird die Botschaft in der Junisession 2018 beraten. 

 

(Quelle: Standeskanzlei Graubünden, Bild: GRHeute)