Frauen fällen im Schnitt die besseren Anlageentscheide als Männer. Schon allein deshalb lohnt sich für die Graubündner Kantonalbank ihre Investition ins Investment Center – das mit Martina Müller-Kamp von einer Frau geleitet wird.
Martina Müller-Kamps Ziel war nie Zahlenjonglieren. Dennoch liest sich ihr Lebenslauf wie wenn es von Anfang an keinen Ausweg gegeben hätte: Nach dem Abitur in Bonn studierte sie in Helsinik Economics and Business Administration, machte die Dissertation an der Universität Bochum und kam 2007 mit Mann und Kindern nach Maienfeld, weil sie einen Job bei der VP Bank in Liechtenstein hatte. Nach einem Jahr VPBank wechselte Sie zur GKB. Heute lebt sie mit ihren beiden Jungs Felix und Paul, die mittlerweile 12 und 16 Jahr sind, in Maienfeld.
Warum Investmentbanking? Das ist ja eher eine Männerdomäne. War das ein bewusster Entscheid oder gab einfach eins das andere?
Nach meinem Abitur wollte ich sicher gar nicht in eine Bank gehen. Das war mir damals zu konservativ. Da ich meine Stärken eher im mathematischen-analytischen habe als im sprachlichen, habe ich in Bonn angefangen, Volkswirtschaftslehre zu studieren. Nach meinem Studium habe ich doktoriert und suchte dann bewusst den Praxisbezug. Ich habe beim Bankhaus Lampe in Düsseldorf als Volkswirtin begonnen. Ich habe Analysen geschrieben, wie sich die Konjunktur, die Zinsen, die Aktienmärkte entwickelt haben und werden und habe damit die Meinung des Bankhauses repräsentiert. Schnell aber habe ich gemerkt, dass der «Prophet im eigenen Land» wenig wert ist. Ich wollte daher nicht Prognosen schreiben, sondern selbst am Markt agieren. Bei der Lampe Asset Management GmbH hatte ich die Chance, Analysen zu schreiben und gleichzeitig als Portfoliomanagerin zu starten. So bin ich ins Banking gekommen. Von daher eine kurze Antwort: Viele Zufälle haben meinen Weg geprägt und es war kein Ziel, keine Vision von mir, dort anzukommen, wo ich heute bin. Da ich aber immer darauf geachtet habe, Dinge zu machen, die mir Spass machen und ich auch das Glück hatte, dass mir das immer ermöglicht wurde, bin ich mit meinem Weg sehr zufrieden. Dass mein Job eine Männerdomäne ist, war immer vollkommen sekundär für mich. Trotzdem würde ich mir für die Zukunft eine bessere Durchmischung in dieser heutigen Männerdomäne wünschen.
Im Investmentbanking jongliert man mit dem Geld anderer. Das ist ja auch eine Art von Macht. Dürstete es Sie nach Macht?
Mit dem Geld anderer Menschen zu arbeiten, ist eine grosse Verantwortung. Das Anlagegeschäft ist meines Erachtens ein Handwerk, welches man erlernen kann. Wir wetten nicht mit dem Geld unserer Kunden. Es geht vielmehr darum, eine solide Anlagepolitik zu betreiben und Fehler zu vermeiden. Machtstreben ist hier vollkommen fehl am Platz. Mit dem Machtstreben einher gehen die Probleme von Selbstgefälligkeit und Selbstüberschätzung. Wir wissen aus der Behavioral Finance, dass wir als Menschen zur Selbstüberschätzung neigen. Männer allerdings mehr als Frauen. Es gibt daher verschiedene empirische Untersuchungen, die belegen, dass Frauen im Schnitt die besseren Anlageentscheide treffen als Männer. Auch ein guter Grund, warum mehr Frauen in diesem Business arbeiten sollten.
Wenn es Sie nicht nach Macht dürstet: Sie sind zwar in leitender Stellung, aber nicht in der Geschäftsleitung. Wollen Sie dahin? Denken Sie, Sie können dahin?
Mich dürstet es nicht nach Macht, mich dürstet es nach einer spannenden, interessanten Tätigkeit, in der ich etwas bewegen kann. Bewegen kann man natürlich besser ab einer bestimmten Hierarchiestufe. Zudem braucht man auch eine gewisse Durchsetzungskraft. Allerdings setze ich hier lieber auf Kompetenz als auf alleinige Macht. Von daher gehen mein Gestaltungswunsch mit einer gewissen Karriere Hand in Hand. Genau, wie in meinen früheren Lebensphase, habe ich aber kein konkretes Karriereziel, sondern will meinem Motto treu bleiben: Immer etwas spannendes machen, wo ich gestalten kann. Ob das nun in der Abteilungsleitung, in der Bereichsleitung oder in der Geschäftsleitung ist, ist für mich sekundär. Ich bin nicht auf eine Hierarchiestufe fokussiert und daher auch nicht auf die Geschäftsleitung. Aber warum sollte ich nicht dahin können?
Sie sind eine Art Youtube-Star in der Investmentbanking-Szene, Ihre Anlagetipps werden in der ganzen Branche beachtet. Warum, denken Sie, ist das so?
Ich denke nicht, dass ich ein Youtube Star bin, das hätten meine Söhne sonst schon bemerkt. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass Anleger und Kunden in dem komplexen Anlagegeschäft das Bedürfnis nach Informationen, nach Beratung, nach Antworten haben. Der online Kanal ist für uns mit der fortschreitenden Digitalisierung ein zusätzlicher Kanal, wo wir versuchen, dieses Bedürfnis zu bedienen.
Heute ist der Tag der Frau. Was wünschen Sie anderen Frauen?
Ich wünsche Frauen das Vertrauen in sich und den Mut, ihren persönlichen Weg, unabhängig von gesellschaftlichen Konventionen und Gewohnheiten, zu gehen.
(Bild: zVg)