Der HCD beendet die Regular Season auf dem 6. Rang und startet am Wochenende gegen den EHC Biel in die Playoffs. Ein Blick zurück auf eine durchzogene, schwierige Quali.
1. Das Auf und Ab
Immerhin die Playoffs geschafft. Immerhin eine relativ gute Saison gezeigt, trotz der Umstände. Immerhin ab und zu das Potential aufblitzen lassen. Das sagt der Optimist nach der Regular Season des HCD. Und was meint der Pessimist? Der schaut auf die Corsi-Statistik und sieht ein beunruhigendes Bild. (Zur Erinnerung: Corsi misst alle Schüsse, egal ob auf, neben oder ins Tor. Corsi gilt allgemein als aussagekräftigster Wert in Bezug auf Puckbesitz und besitzt eine hohe Korrelation zu Siegen: Wer eine positive (50% oder höher) Corsi-Bilanz hat, ist mehr im Scheibenbesitz und hat eine dementsprechend höhere Gewinnchance. Ein grosses Dankeschön geht an dieser Stelle an @EuroCaps Micha Hofer für das manuelle Erfassen der Statistik.)
(Der HCD hat über die ganze Saison gesehen weniger Puckbesitz bzw. Schussabgaben als der Gegner.)
Der HCD zeigte während der ganzen Saison ein Auf und Ab. Gute Spiele wechselten sich mit schwachen Auftritten ab. Um Weihnachten herum dann fiel Davos in ein Loch, und wurde während rund einem Monat von den Gegnern dominiert. Das Resultat: Seit dem 3. Januar konnte der HCD von 14 Partien gerade mal 4 Siege einfahren – 10 mal gingen die Landwassertaler als Verlierer vom Eis. Das zeigt sich auch in der Corsi-Statistik, die in dieser Zeit weit unter den Ligaschnitt fällt und zeitweise unter 47% aufweist – eine katastrophale Bilanz. Am Ende der Saison weist der HCD einen Durchschnittswert von 49.3% auf, das heisst im Schnitt hat der Gegner mehr Spielanteile als der HCD gehabt.
Das Auf und Ab zeigt sich auch in der Kurve: Nur in einer Phase im Dezember konnte der HCD in einen Lauf kommen und sich im grünen Bereich bewegen, ansonsten war die Ausbeute mehrheitlich durchzogen.
Im Vergleich zu den anderen NL-Teams schneidet der HCD dementsprechend schwach ab: Davos hat von allen Mannschaften das schlechteste Verhältnis in Bezug auf Schüsse aufs Tor (SOGF%, 12. Rang) und rangiert auf dem 9. Platz in der CF%-Statistik. Auch in den Statistiken «Tore erzielt» und «Tore erhalten» ist der HCD in den unteren Rängen zu finden: 134 erzielte Treffer ist der fünftschlechteste Wert, und 156 Gegentreffer der viertschlechteste Wert der National League.
Nicht nur in den Advanced Stats war es eine denkbar schwache Saison, also auch in den traditionellen Statistiken zog der HCD einen Negativ-Rekord ein: Zum ersten Mal in diesem Jahrtausend und seit der Saison 1999 hat der HC Davos eine negative Scoring-Bilanz. Unschön.
(Zum ersten Mal seit 1999/00 hat der HCD mehr Treffer erhalten als erzielt. Eine Negativ-Kurve.)
2. Die Nebengeräusche der Cups
Niederlagen in der Champions Hockey League gegen Cardiff, die Swiss Ice Hockey Cup Final-Blamage gegen die Rapperswil-Jona Lakers, das erneute Halbfinal-Aus am Spengler Cup: Die Cup-Saison 2017/18 stand für den HCD unter keinem guten Stern. Anfang Saison wurde von Seiten des HC Davos klar gemacht, dass das Mammutprogramm (50 Regular Season Spiele und 15 Cup-Spiele) keineswegs als Ausrede gelten soll. Ein Titel soll her – zumindest in einem der verschiedenen Wettbewerbe. Nun ist man in drei von vier Titelrennen vorzeitig ausgeschieden. Nein, die Cup-Saison war für den HCD kein Erfolgserlebnis und trug zum getrübten Bild der Saison 2017/18 bei.
3. Die Verletzungen
Der HCD war vom Verletzungspech geplagt wie selten zuvor. Kritiker haben Arno Del Curto oftmals als Jammeri betitelt, als Tiefstapler, der Ausreden sucht. Diese Saison müssen sie dem Zampano aber recht geben: Mit Perttu Lindgren fiel der Liga-Topskorer schon frühzeitig die ganze Saison aus, und seinen Vertretungen ging es ähnlich: Anton Rödin brach sich nach nur drei Wochen im Landwassertal das Bein. Dazu kamen Verletzungen von Leistungsträgern wie Samuel Walser, Noah Schneeberger, Mauro Jörg, und vielen anderen. Am Ende der Saison kamen gerade mal vier Spieler auf das vollen Pensum: Marc Wieser, Andres Ambühl, Dario Simion und Claude-Curdin Paschoud spielten 50 Partien, der Rest des Teams war mehr oder weniger limitiert. Schlussendlich musste Arno Del Curto diese Saison 32 verschieden Spieler einsetzen. Die Verletzungshexe schlug in der Regular Season beim HCD gnadenlos zu.
4. Die Special Teams
Kurz zusammengefasst: Unterdurchschnittlich. Der HCD hatte zwar keinen Taucher, aber konnte auch keine Spiele in den Special Teams entscheiden. Weder das Boxplay noch das Powerplay waren berauschend. Eine Ausbeute von rund 19% im Powerplay war schlussendlich der siebtbeste Wert der National League, genauso wie das Boxplay (81%).
5. Die Goalies
Die Nummer 11 und 12 der Liga – das ist die Saison-Bilanz von Joren van Pottelberghe und Gilles Senn. Der erhoffte Schritt nach vorne war das nicht. Weder in der Fangquote (beide 90.5%) noch in der Statistik Gegentore-pro-Spiel (Senn 2.92 GAA bzw. JVP 3.01 GAA) blieben die HCD Keeper unter den Erwartungen und unter dem Ligaschnitt. Man kann nur hoffen, dass einer der beiden Goalies während den Playoffs in ein Hoch kommt, sonst wird es für den HCD hart. Fakt ist: Ohne einen guten Goalie ist ein Meistertitel verdammt schwierig.
6. Die Enttäuschungen im Sturm
Im Sturm blieben Samuel Walser (16 Punkte), Dario Simion (15 Punkte) und Dino Wieser (9 Punkte) alle unter den Erwartungen. Walser machte bereits Ende 2017 Schlagzeilen, als sein Transfer zum HC Fribourg-Gottéron verkündet wurde. Der Center konnte auch in seiner fünften Saison beim HCD keinen Schritt nach vorne machen.
Dario Simion liess immer wieder sein Talent aufblitzen, aber auch er muss als leise Enttäuschung betitelt werden. Mit nur 5 Toren in 50 Spielen war es seine produktiv schwächste Saison seit 2013/14.
Und als herbe Enttäuschung muss Dino Wiesers Saison bezeichnet werden. In 42 Spielen buchte der Kübliser gerade mal ein einziges Tor und 9 Punkte – das sind beides Karriere-Tiefstwerte seit seinem Debut 2006. (Wenigstens darf man bei Dino hoffen, dass er wie im letzten Jahr in den Playoffs einen Gang höher schalten kann. Zudem hatte Wieser auch unglaubliches Abschlusspech: Eine Trefferquote von knapp 1% ist eine Anomalie, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht wiederholen wird.)
(Dino Wieser Punkte pro Spiel machte diese Saison einen Taucher: Zum ersten Mal seit 2008 bucht der Küblister weniger als 0.3 Punkte pro Spiel.)
7. Die Enttäuschungen in der Verteidigung
Auch in der Verteidigung gab es ein paar unschöne Entwicklungen: Felicien Du Bois machte einen Schritt zurück und wurde zeitweise zum Unsicherheits-Faktor. Das Duo Nygren/Du Bois schien oftmals keine klare Aufgabenverteilung zu haben. Du Bois Nati-Aufgebot wurde dementsprechend kritisiert. Und auch die junge Generation um Paschoud, Jung, Kindschi und Heldner konnte den berühmten Schritt nach vorne nicht machen. Alle vier zeigten sich als solider Drittlinien-NL-Verteidiger, aber nicht mehr. Das zweite Verteidiger-Paar mit den abwandernden Schneeberger und einem der jungen Verteidiger war während der ganzen Saison eine Hypothek.
(Der HCD setzte in der Verteidigung hauptsächlich auf Magnus Nygren, Felicien Du Bois, Noah Schneeberger und Claude-Curdin Paschoud.)
8. Die Aufsteiger im Sturm
(Broc Little buchte die meisten Punkte und erzielte als Einziger mehr als 20 Tore.)
Es gab aber auch positive Ergebnisse. Nicht alles war schlecht. Broc Little brachte die erwarteten Skorerqualitäten. Auch wenn der Amerikaner die GRHeute-Prognose von 48 Punkten nicht halten konnte, und zweitweise in ein Tief fiel, so ist er für die Offensive doch eine Bereicherung. Der HCD hatte schon lange keinen Sniper mehr, und Little war der Einzige, der die 20-Tore knacken konnte.
Brandon Buck erwies sich im Slot (nebst dem dominanten Broc Little) als gefährlichster Stürmer, und Robert Kousal übertraf die Erwartungen: Der Tscheche buchte 26 Punkte (7 Tore, 19 Assists), spielte Box- und Powerplay, und gehörte zu den Top-5 Spielern, was Schüsse aus dem Slot anbelangt. Am Tschechen gab es wenig zu bemängeln.
(Broc Little hat mit Abstand am meisten Schüsse aus dem Slot – 1.92 pro Spiel. Gefolgt wird der Amerikaner von Brandon Buck, Marc Wieser und Andres Ambühl).
Und dann sind da noch die einheimischen Spieler wie Enzo Corvi, Marc Wieser und Mauro Jörg, die alle eine vorbildliche Regular Season zeigten. Marc Wieser etablierte sich erneut als einer der gefährlichsten Flügelstürmer des HCD und hatte die produktivste Ausbeute bei numerischem Gleichstand. Enzo Corvi holte sich seine erste Olympia-Nomination, und Mauro Jörg erwies sich als Allrounder.
Und Andres Ambühl war erneut der Motor und sorgte in allen Facetten des Spiels für einen positiven Output. Der Captain des HCD wurde seiner Rolle einmal mehr vollauf gerecht.
9. Der Aufsteiger in der Verteidigung
Magnus Nygren wurde seinen Vorschusslorbeeren gerecht und wurde zum erhofften Offensiv-Verteidiger für den HCD. Mit 32 Punkten erfüllte er die GRHeute-Prognose und war am Ende der Saison der fünftbeste Skorer im Landwassertal. Der schwedische Verteidiger war zudem ligaweit der viertproduktivste Verteidiger, und beendete die Regular Season mit einer +7 Bilanz. Nygren wurde dementsprechend verdientermassen ins National League All-Star-Team gewählt – als einziger HCD Spieler notabene. Zudem erwies er sich als die erhoffte Steigerung gegenüber dem letztjährigen Verteidiger-Import Daniel Rahimi.
10. Der Ausblick
Alle diese Zahlen und Fakten sind zwar ernüchternd, aber spielen ab sofort keine Rolle mehr. Am Samstag beginnt ein neues Kapitel, und was in der Regular Season oder in den Cups geschah, ist passé. Einen guten Monat erwischen, das Momentum auf seine Seite erzwingen, ein bisschen Glück haben – dann ist alles möglich. Zur Erinnerung: 2016 gewann der SCB als Achtplatzierter, 2015 gewann der HCD als Fünftplatzierter. Hoffen darf man also. Am Wochenende geht’s los.
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(Bild: HCD Twitter, Stats: SIHF, @EuroCaps Micha Hofer, Eliteprospects. Berücksichtigt sind nur Spieler mit mindestens 10 Regular Season Spielen.)