Die Regisseurin Hedwig Huber, der Komponist Martin Schütz, der Bühnenbildner Dominic Huber und die Performerin Lara Körte schaffen in «Die Sonne verlässt jetzt die Wohnung» einen polyphonen Hör-Schau-Raum für Märchengrotesken des britischen Autors und Künstlers Tim Etchells: Tragikomische, hoch aktuelle Literatur, die Weltmomente in poetisch-verstörenden Bildern an die Oberfläche hyperrealer Erzählungen schwemmt. Das Theater Chur zeigt diesen feinziselierten Abend, der auch ein sinnlich irrlichternder Resonanzraum für unsere Weltwahrnehmung ist, am Donnerstag, 15. und am Freitag, 16. März 2018.
Sichtbar und hörbar wird eine Gegenwart, die nur im Zustand ihrer Unschärfe fassbar ist und in der Figuren auftauchen, abtauchen, wiederkehren, verschwinden oder nur noch verpixelt erkennbar sind. Protagonisten, die sich um ihre Fallhöhe nicht mehr kümmern, agieren als archaische Überlebenskünstler und erkennen trotzdem im Angesicht des allgemeinen und ganz persönlichen Desasters, den Ernst der fatalen Lage: Drinnen in den Wohnungen, draussen in der Welt mit den anderen. Die Grundprinzipien dieser skizzenhaften, menschlichen Existenzen – wie auch ihre Vergangenheit und ihre Sehnsüchte – finden an einem (fikiven?) Ort statt, in dem vom Autor virtuos eine Durchlässigkeit für Raum und Zeit in alle nur erdenklichen Richtungen eingeschrieben ist.
Im Hör-Schau-Raum von Hedwig Huber werden Etchells’ Texte in ihrer performativen Sprengkraft, in ihrer spielerischen Leichtigkeit mit einer erodierenden Dynamik und kalkulierten Stillständen ausgelotet. Die Performerin Lara Körte wird darin zu einer Figur, die mit An- und Abwesenheiten ihres Körpers und der Stimme in den Kosmos von Etchells’ Erzähllandschaften verführt. Im Zusammenspiel mit einer Komposition für Lautsprecher von Martin Schütz und der Lichtchoreografie von Dominic Huber entsteht Kino im Kopf: Das Publikum wird zum Mitautor. Der entkernte Bühnenraum erzeugt akustisch und mit Licht strukturiert einen Song in ein reales und imaginiertes Draussen.
(Bild: zVg.)