Eine wöchentliche Hockey Kolumne mit den zehn wichtigsten Meldungen, besten Spielern und lustigsten Aktionen der Woche. Ein Ranking, das man nicht zu ernst nehmen sollte.
10. Gerücht der Woche
Eine Spinnerei ist es allemal, aber eine kleine Chance dazu besteht: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die ZSC Lions den fettesten Fisch auf dem Transfermarkt angeln?
Jaromir Jagr ist einer der bekanntesten Eishockey-Spieler der Welt. Der tschechische Stürmer ist eine lebende Legende. Er ist 45 Jahre alt. Und er wurde seit letzter Nacht von den Calgary Flames nicht mehr gebraucht und abgeschoben. Seine Zukunft wird in Europa beim HC Kladno stattfinden.
Eines ist klar: Jags, wie er von seinen Fans liebevoll genannt wird, will sich noch nicht zur Ruhe setzen. Bereits vor zwei Jahren verkündete er, dass er bis 50 spielen möchte. Durch seine Erfahrung, seine Physis und sein rigoroses Training (laut seinen Mitspielern ist Jagr im Training immer der erste auf dem Eis und der letzte, der es verlässt) scheint das realistisch. Bei allen anderen Spielern würde man müde lächeln, wenn jemand behauptet, er wolle mit 50 Jahren noch professionell Hockey spielen. Bei Jagr nickt man zustimmend. Der Tscheche ist zwar langsam und müde geworden, aber es gibt immer noch etliche Teams, die ihn gut brauchen könnten. Wieso also haben die Calgary Flames (und die NHL allgemein) keinen Bedarf mehr an ihm? Hierfür scheint es zwei Gründe zu geben:
1. Jagrs Formkurve ist tatsächlich rückläufig. Letzte Saison buchte der Power-Flügel ‚nur’ noch 16 Tore. Was zwar immer noch eine erstaunliche Leistung ist. Aber halt nicht mehr ganz so dominant wie früher. Vor allem bei numerischem Gleichstand hat Jagr Mühe mit dem Speed. Gerade mal 8 Tore brachte Jags letzte Saison bei 5-gegen-5 zustande. Dieses Jahr folgte bei den Flames der Einbruch: Nur noch 22 Spiele im Einsatz, gerade mal 1 Tor. Jagr wurde mit dem Alter also tatsächlich sterblich.
2. Jagr hat Bedingungen, auf die viele Teams nicht mehr bereit sind, einzugehen. Zum einen ist Jags nicht ganz billig. Und zweitens verlangt Jagr einen Platz im Powerplay und in den vorderen Linien. Und da der 45-Jährige mittlerweile saulangsam geworden ist, geben NHL Teams diese wertvollen Eiszeiten lieber einem jungen Spieler.
A better lock at Jagr doing Jagr stuff. pic.twitter.com/4azJGGf4dD
— Sean Tierney (@ChartingHockey) 14. Oktober 2017
Die NHL hat also mit Jagr abgeschlossen, die Calgary Flames schieben den alten Mann zu seinem Verein HC Kladno in die zweite tschechische Liga ab. Die alte Legende kann schlichtweg nicht mehr mit dem NHL-Tempo mithalten. Was nun? Es gibt vier mögliche Szenarien für die kommende Saison:
1. Wahrscheinlich: Jagr bleibt in der tschechischen Liga und beendet seine Karriere bei seinem eigenen Team (das er besitzt) HC Kladno.
2. Unwahrscheinlich: Jagr versucht sich nochmals in der KHL. Da würde der Tscheche mit Handkuss empfangen werden, obwohl Jagr selbst sagte, er werde nie wieder nach Russland zurückkehren.
3. Sehr unwahrscheinlich: Jagr versucht sich nochmals in der NHL. Nach einem starken Abstecher zu seinem Verein HC Kladno ist Jagr wieder gesucht und kommt noch einmal bei einem NHL Team unter.
4. Nicht unrealistisch: Jagr versucht sich in der Schweiz. Was? Ja. In der Schweiz.
Ist das ein Witz? Nein. Unwahrscheinlich? Ja. Aber möglich? Ja. Denn die Schweiz bietet alles, was sich ein alter Hase wünscht. Eine kurze Saison ohne grosse Belastungen. Kurze Anreisezeiten, viele Pausen. Und genug Salär.
Klar, ein Team müsste das Portemonnaie für den Superstar öffnen. Und zwar so richtig. Unter 1 Million läuft nichts. Aber wenn es Teams gibt, die für einen Damien Brunner soviel bezahlen, dann gibt es sicher auch Teams, die für Jagr diesen Betrag hinblättern. Jaromir Jagr wäre ein Sechser im Lotto für die NLA. Er würde die Schweizer Hallen füllen, für Highlights en Masse sorgen und die National League (inkl. Schlagzeilen) dominieren.
Und wenn wir schon bei Spinnereien sind: Wie geil wäre es, wenn aus einem Abstecher ein längeres Engagement wird und die Fans in ein paar Jahren ZSC-Jagr gegen HCD-Thornton zu sehen bekommen? Zwei alte bärtige Legenden, die sich zum Abschied nochmals in der Schweiz um den Titel bekämpfen? Träumen darf man.
9. Lacher der Woche
Brock Boeser ist der neue NHL-Superstar Der 20-jährige Stürmer der Vancouver Canucks gewann am Wochenende den MVP Titel am NHL All-Star-Game. Der Verteidiger der San Jose Sharks, Brent Burns, war von dessen Leistung derart beeindruckt, dass er sich ohne Hosen nach dem All-Star-Game ein Autogramm von Boeser holte.
We now interrupt Boeser family time for an autograph request. From Brent Burns. For lil Burns. pic.twitter.com/BhTAwiLTav
— Vancouver Canucks (@Canucks) 29. Januar 2018
8. Assist der Woche
Das ist fast etwas unfair. Jack Eichel und Nikita Kucherov im gleichen Team: Die beiden Stars spielen den Verteidiger und den Goalie mit zwei Pässen hinter dem Rücken komplett aus.
7. Spieler der Woche
Nikita Kucherov, der russische Superstar der Tampa Bay Lightning war übrigens in den Augen vieler der wahre MVP. Mit Tricks wie diesen und dem vorher erwähnten Doppelpass versteht man die Argumente für Kucherov.
6. Jersey Foul der Woche
Nein, Kucherov ist kein Tscheche, ganz egal wie sehr sich dieser Fan sich das wünscht.
5. Heavyweight Champion der Woche
Es ist wieder mal Zeit, einen Blick auf den Schwergewichtsgürtel zu werfen. Nachdem der SCB von Anfang Dezember bis ins neue Jahr ungeschlagen blieb, wechselte der Champion-Belt innert einem Monat gleich sieben Mal den Besitzer: Zuerst holte sich der HCD den Titel, dann der EVZ, dann Fribourg-Gottéron, dann wieder der HCD. Einen Tag später besiegte der EHC Biel die Bündner, und verlor danach den Titel gegen Ambri-Piotta. Und die Tessiner mussten sich nur einen Tag später vom SCB geschlagen geben. Womit der Schwergewichts-Gürtel also nach vielen Umwegen zur Zeit wieder in der Hauptstadt ist.
27.1.18: SC Bern – HC Ambri-Piotta 6:4
26.1.18: HC Ambri-Piotta – EHC Biel 3:2 OT
20.1.18: EHC Biel – HC Davos 5:1
19.1.18: HC Davos – HC Fribourg-Gottéron 6:5
13.1.18: HC Fribourg-Gottéron – EV Zug 6:0
6.1.18: EV Zug – HC Davos 5:1
2.1.18: HC Davos – SC Bern 4:1
9.12.17: SC Bern – HC Lausanne 3:2 OT
8.12.17: HC Lausanne – HC Lugano 5:3
25.11.17: HC Lugano – HC Ambri-Piotta 4:1
24.11.17: HC Ambri-Piotta – HCD 7:2
19.11.17: HC Davos – ZSC Lions 3:1
14.11.17: ZSC Lions – SC Bern 3:1
27.10.17: SC Bern – HC Lausanne 4:2
24.10.17: HC Lausanne – HC Davos 4:3
20.10.17: HC Davos – EHC Kloten 4:1
17.10.17: EHC Kloten – HC Lugano 3:1
30.9.17: HC Lugano – SCL Tigers 3:1
22.9.17: SCL Tigers – Genf-Servette 3:2 OT
15.9.17: Genf-Servette – SCB 2:1
4. Tor der Woche
Der schwedische Jungstart Oskar Lindblom erzielt in der AHL für die Lehigh Valley Phantoms einen sehenswerten Treffer in Unterzahl und vernascht dabei den gegnerischen Verteidiger gnadenlos.
Oskar Lindblom shorthanded goal! pic.twitter.com/gXMpgaWtQo
— Broad Street Hockey (@BroadStHockey) 28. Januar 2018
3. Interview der Woche
Arno del Curto wie er leibt und lebt.
????️»Auch wenn wir 30:29 gewinnen, ist mir sch***ss egal.» HC Davos-Coach Arno Del Curto wie er ist ????#MySportsCH #NationalLeague pic.twitter.com/Ra7MLNN4Ye
— MySportsCH (@MySports_CH) 27. Januar 2018
2. Statistik der Woche
17 Tore in der laufenden Saison ist der zweitbeste Wert beim HCD – Enzo Corvi läuft auf Hochtouren und rechtfertigt dieses Weekend seine Olympia-Nomination. Noch eindrücklicher: Darunter sind 5 Gamewinners (ligaweit der zweitbeste Wert hinter Marc-Antoine Pouliout vom EHC Biel) und 9 Equalizers – 14 seiner 17 Treffer führen zum Ausgleich oder zur Führung. Das sind Wahnsinns-Zahlen und ein Zeichen dafür, wie stark der Churer im Dienste des HCD in wichtigen Situationen aufblüht. Enzo Corvi wird der Nachfolger von Reto von Arx und Andres Ambühl. Wenn er denn beim HCD bleibt.
1. Sieger der Woche
SIEG! SIEG!
Man konnte es kaum glauben, als man am Samstag den Liveticker verfolgte: Im 16. Saisonspiel war es endlich soweit. Der EHC Lenzerheide-Valbella holte sich den ersten Saisonsieg. 15 Spiele mussten die Heidner unten durch. 15 Spiele lang drohte die unsägliche Schmach, sieglos in die Playouts zu müssen. 15 Spiele lang waren die Zentralbündner der Hockey-Schandfleck von Graubünden.
Und nun also die Erlösung. Gegen das zweitletzte EHC Urdorf setzten sich die Heidner auswärts mit einem starken Auftritt 4:0 durch. Ein klarer Sieg gekrönt mit einem Shutout.
Das Spiel war lange ausgeglichen: Erst in der 36. Minuten fiel der erste Treffer, erzielt von Mauro Hemmi auf Zuspiel von Markus Waidacher. Mit der 1:0 Führung ging der EHC Lenzerheide-Valbella ins letzte Drittel, und konnte dort gleich 36 Sekunden nach Wiederanpfiff die Führung durch Rémy Allemann im Powerplay auf 2:0 ausbauen. Und als Yves Koch in der 54. Minute auf 3:0 erhöhte, schien es klar: Der EHC Lenzerheide-Valbella steuerte dem ersten Saisonsieg zu! Das 4:0 in der letzten Spielminute durch Christian Litscher war dann nur noch die Krönung der Party, die auf der Heidner Spielerbank bereits in vollem Gange war.
Das Ganze liest sich wie eine Loser-Geschichte. War es auch. Bis letztes Weekend. Aber nun ist es vorbei, und der EHC Lenzerheide-Valbella darf sich für eine Woche als Sieger fühlen. Herzliche Gratulation. Auch wenn sie die Saison auf dem letzten Platz beenden werden, so gehört ihnen diese Woche der Ruhm und die Ehre, den wichtigsten Sieg im Kanton eingefahren zu haben. Man darf nur hoffen, dass die Zentralbündner dieses Momentum weitertragen können.
Der Bann ist gebrochen.
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(Bild: GRHeute)