Letzte Woche hat er Donald Trump fotografiert, diese Woche muss er seinen Müll wieder selbst entsorgen: Mattias Nutt beherrscht den Tanz zwischen den Welten.
Da ist dieses Schwarzweiss-Foto von Amerikas Präsidenten Donald Trump. Man sieht ihn von der Seite, er lacht und streckt den Arm in die linke obere Ecke des Bildes. «President Donald J. Trump greets the participants at the World Economic Forum on Friday January 26», steht unter dem Foto: «Präsident Donald J. Trump grüsst die Teilnehmer des World Economic Forum am Freitag, 26. Januar», steht in der Fotolegende.
Das Foto sollte es eigentlich gar nicht geben. Mattias Nutt war im Davoser Kongress Center in einen Workshop eingeteilt, der in wenigen Minuten beginnen sollte. «Wir haben aber schon früh beobachtet, dass Teile des Center abgesperrt wurden», sagt Mattias Nutt. Die Zeit rannte ihm davon, aber er blieb – bis Trump dann auch wirklich da war. «Alle drängelten, es war sehr eng. Alle zückten ihre Handys. Ich fand eine Lücke, beobachtete, drückte ab, und dann hatte ich auch ein Foto von Trump.» Den Workshop erreichte er trotzdem pünktlich.
Das Foto ist einer der Höhepunkte für Mattias Nutt. Viereinhalb Tage stand er unter Strom: Aufstehen um 5.45 Uhr, um 6.15 Abfahrt von seinem temporären Zuhause in Klosters nach Davos, frühstücken, Tag vorbereiten, Durcharbeiten bis 20 Uhr, Rückkehr nach Klosters um 22 Uhr, schlafen: etwa um Mitternacht. Zum zweiten Mal hatte Mattias Nutt die Einsätze der 13 offiziellen WEF-Fotografen geplant.
«Es sind zwei völlig verschiedene Welten», sagt der Fotograf, der für die Infanterie Offiziersschule auch Mehrtagesmärsche lückenlos dokumentiert. «Man taucht ein in die WEF-Welt und eine Woche später wieder auf.» Was draussen im eigenen Leben passiert, spielt keine Rolle, dafür fehlt auch die Zeit. «Es ist viel Lärm, viel Bewegung, viel Begegnung, viel Spirit an den Sessions.» Einer der Sessionteilnehmer habe zum Beispiel über den Davoser Verkehrsstau nur gelacht: «In Jakarta haben wir das zehnfache an Chaos.»
Mattias Nutt hat viele von denen, die man sonst nur aus Funk und Fernsehen kennt, persönlich gesehen. «Sie sind alle ganz nett», sagt er, dem es keine Rolle spielt, ob er Donald Trump, Kronprinz Haakon von Norwegen, Bundespräsident Alain Berset, den ehemaligen Uno-Generalsekretär Kofi Annan oder den kanadischen Premierminister Justin Trudeau vor der Linse hat. «Es ist eine familiäre Atmosphäre, viele kennen sich.»
Überhaupt mag Mattias Nutt die kleinen Workshops fast lieber als die Topshots. «In Workshops mit nur wenigen Teilnehmer passiert manchmal viel mehr als während einer grossen Rede. Man ist denn Menschen dort auch viel näher und spürt sie so viel besser.» Tendenziell sei es so, dass, je bekannter eine Person sei, desto weniger Zeit habe man, sie zu fotografieren.
Mattias Nutt ist auch zwei Tage nach dem Ende des WEF noch immer daran, sein System wieder auf selbstständig zu schalten. «Jetzt muss ich wieder selber kochen und selbst den Müll raus bringen», sagt er lachend. Viel Zeit zur Erholung bleibt ihm nicht – die nächste Woche ist voll mit Terminen. Und was auch dann nicht fehlen darf: Die nächtliche Ration Toffifee, die er am WEF mit seinen Fotografen-Kollegen geteilt hat.
(Bilder: WEF/Mattias Nutt/Manuel Lopez)