«Was mich nicht umbringt, macht mich stärker», schrieb Nietzsche einst in der Götterdämmerung. Macht es aber auch weitsichtig?
Wenn man den Statistiken und den Wirtschaftsprognosen glaubt, hat nun auch der Bündner Tourismus die Talsohle durchschritten. Der Euro-Wechselkurs sei kaum mehr ein Thema, konnte man kürzlich lesen; es geht wieder aufwärts, die Gäste aus der Schweiz und dem Euroraum kehren wieder zurück.
Ich will das Problem mit dem Euro-Kurs nicht verniedlichen, aber er ist nicht der einzige Grund, wenn es bei uns nun wieder besser läuft. Die Weltwirtschaft und diejenige des Euroraums laufen wieder rund und die Sicherheitslage spricht für die Schweiz als Ferienland. Zudem haben gerade die Schweizer gemerkt, dass auch im so hoch gelobten Österreich nicht alles Gold ist, was glänzt, und auch nicht alles billig, was in Euro angepriesen wird.
Aber auch in der Schweiz hat sich etwas getan: Not macht erfinderisch, sagt man ja, und so haben sich zahlreiche Leistungsträger auf ihre Tugenden (oder besser: die Tugenden ihrer Eltern und Grosseltern) besonnen und treten wieder vermehrt als Dienstleister und herzliche Gastgeber auf. Unser Qualitätsniveau ist in den letzten Jahren alles in allem wohl etwas gestiegen und dies bei einem tendenziell sinkenden Preisniveau.
Schön! Dann geht’s jetzt also wieder aufwärts. Und nun?
Die Krise hat niemandem in Graubünden gefallen. Aber Hand aufs Herz: in den Köpfen hat sie uns auch gut getan. Die Baisse hat neue Kräfte und neue Kreativität mobilisiert. Konkurrenten begannen zusammenzuarbeiten, neue Angebote wurden vermehrt auf die Gäste ausgerichtet. Statt in eine Rabattschlacht einzusteigen, fokussierte sich Graubünden auf die Mehrwerte.
Die Versuchung ist nun gross, in der Krise aufwändig erarbeitete Mehrwerte gleich wieder über Bord zu werfen, sobald es etwas besser läuft. Hier lauert eine grosse Gefahr. Die Gäste werden uns an dem messen, was wir in der Krise geboten haben und heute bieten. Jeder Rückschritt wird nicht nur bemerkt, er wird auch in Gäste-Reviews vermerkt und damit gnadenlos abgestraft.
Für die nun hoffentlich kommende, neue Wachstumsphase wünsche ich Graubünden drei Dinge
– Graubünden möge nun nicht nachlassen und sich noch mehr auf die Gäste und ihre Wünsche ausrichten. Was die Gäste wollen zählt – und nur das.
– Bündner Unternehmer mögen genug von den nun kommenden Gewinnen beiseitelegen und investieren. Denn was heute noch tipptopp aussieht, ist morgen schon veraltet.
– Graubünden möge sich mit Weitsicht weiterentwickeln und die Baisse der vergangenen Jahre nicht vergessen. Sie wird nicht die letzte gewesen sein.
Apropos «die Letzte»: Dies war meine letzte Kolumne in dieser Rubrik. Nach zwei Jahren ist es Zeit, für neue Ideen Platz zu machen. Danke an alle, die meine Gedanken jeweils gelesen und kommentiert haben. Und danke an das Team von GR heute für den Platz, den unser Tourismus hier Woche für Woche findet.
Heute für Sie unverblümt und direkt von der Front: Reto Branschi, CEO der Destination Davos/Klosters.
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(Bild: GRHeute)