Die Bar ist die Seele eines Hotels. Der Schweizerhof auf der Lenzerheide hat seiner Seele ein neues Gesicht gegeben – mit Stühlen aus den 1930er Jahren und Täfer aus dem alten Hotel.
Robert Lembke (der berühmte und leider verstorbene Moderator der Quizsendung «Was bin ich») hat einmal gesagt: «Es gibt Psychologen, die in einer kurzen weissen Jacke arbeiten – hinter einer Bar.» Im Restaurant des Schweizerhofs auf der Lenzerheide heisst dieser Psychologe Urs. Urs trägt keine weisse Jacke, aber sein Caipirinha Graubünden Style ist dermassen gut, dass man im Ausgang nie wieder einen normalen Caipirinha trinken will. Sein Geheimnis: nur Schweizer Produkte und kein Zucker.
Das mit den Schweizer Produkten hat System: Die neue Bar im Schweizerhof bringt als erstes Restaurant überhaupt nur Schweizer Produkte auf den Tisch. Das beginnt mit dem Flascheninhalt an der Bar und geht über zum Essen. Es gibt Hotdogs mit Chiliwurst, Frozen Joghurts mit frei wählbaren Toppings, Apfelbrot, Arvenbrot, Bündner Flada (eine Art Flammkuchen mit Gerstenteig), und, und und. Alles wahnsinnig köstlich und von auserlesener Qualität. «Es muss nicht immer alles gesund sein», sagte Claudia Züllig. «Aber es muss yummy! sein.»
Damit das alles zur Geltung kommt, bekamen das Essen eine neue Spielfläche. Wo einst die Bar stand, ist jetzt ein Buffett, wo einst eine Wand war, ist jetzt Weite. Die ledernen Sessel und Sitze sind weg, aus dem Teppichboden wurde ein Parkett. Gestaltet wurde alles von den Innenarchitekten von Emulsion, Tanja Jörimann und Werner Woodtli, die auch die Alpenchic-Zimmer im Hotel und das Restaurant Scalottas zu ihrem Werk gemacht haben.
In enger Zusammenarbeit mit dem Gastgeberpaar Claudia und Andreas Züllig wurde aus einer geplanten Pinselrenovation ein Totalumbau. «Wir haben einen neuen Teppich bestellt und auch bezahlt. Er liegt jetzt im Keller», sagte Andreas Züllig. Aus dem Keller hat er dafür zwei alte Dinger geholt: Sechs rote Stühle aus den 1930er Jahren. «Als der alte Schweizerhof abgerissen wurde, durften die Heidner alles holen, was nicht niet- und nagelfest war. Diese Stühle habe ich irgendwann irgendwo gesehen und wieder zurück gekauft.» Die Stühle haben einige Jahre im Keller verbracht, bevor sie jetzt wieder prominent ins Tageslicht geholt wurden: Am runden Tisch, mitten im Restaurant. «Es gibt keine bequemeren Stühle. Man wusste damals noch, wie man Polster stopft.» Was nicht heisse, dass die anderen, grünlichen Stühle nicht auch bequem seien.
Ebenfalls wieder Tageslicht hat der Täfer aus dem alten Schweizerhof. Auch er lag Jahre im Keller. «Der Techniker flucht immer, wenn er das Zeug rumbeigen muss, das im Keller liegt. Aber wir haben hier ein Haus mit einer Geschichte, da kann man nicht alles wegwerfen», sagte Andreas Züllig. Der alte Täfer hat einen neuen Anstrich – er leuchtet jetzt Dunkelgrün an der Wand.
«Ich bin einfach froh, dass es so schön geworden ist», sagt Claudia Züllig. Auch Geschäftsleiter Daniel Ciapponi ist zufrieden. «Ich durfte meine Ideen einbringen.» So hat er zum Beispiel beim Buffett die Teller von der Anrichte in die Gestelle unter dem Buffett verbannt. »Das ist wie Zuhause, da ist auch nicht immer alles griffbereit. Man muss sich bücken, um sie zu holen.» Ausserdem käme man so mit den Gästen ins Gespräch. «Die bisherigen Rückmeldungen waren durchwegs gut.»
Das neue Restaurant ist seit dem 4. Dezember wieder offen. Wer an die Bar geht und feststellt, dass er nichts davon kennt, was das steht: Einfach probieren. Einfach Urs fragen. Er hat für jeden Gluscht eine Lösung, und manches dürfte auch Überraschend sein.
(Bilder: zVg./Adrian Flütsch/Dolores Rupa)