Martullo-Blocher: «Eine Veränderung ist möglich»

Die Bündner SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo folgte am Freitagabend der Einladung der SVP Imboden nach Flims in die Aktienbrauerei Surselva. Den rund 50 interessierten Zuhörern berichtete sie über die aktuelle Situation in Bundesbern.

Sie sei Flims/Laax in vieler Hinsicht dankbar und das Wohlergehen der Region liege ihr persönlich am Herzen, meinte Martullo gleich zur Begrüssung. Bereits als Kind verbrachte sie nämlich zahlreiche Winter bei einer befreundeten Familie in Flims. Ausserdem trage die Region als beliebter Wohnort ihrer Mitarbeiter und als Ausflugsort für ihre ausländischen Kunden direkt zum Erfolg der Ems-Chemie bei. Das mache eben Graubünden und die Schweiz aus, dass alles überschaubar sei und alle irgendwie im selben Boot sässen.

In Bern sei nach der letzten Bundesratswahl durchaus eine Veränderung möglich. Der bisherige Drang sich der EU anzubieten, sowie «die linke Regulierungsflut» dürfte in der neuen Besetzung wohl etwas eingedämmt werden. Denn wie im Nationalrat, wo die Mehrheiten oft nur einzelne Stimmen ausmachen, würden auch im Bundesrat die Mehrheitsentscheide meist knapp mit 4 zu 3 Stimmen gefällt. Eine einzige Stimme könne also den Entscheid massgeblich beeinflussen. Ignazio Cassis habe sich bei der Wahl klar gegen das von Bundesrat und Parlament bisher favorisierte Rahmenabkommen mit der EU ausgesprochen. Fremde Richter und eine automatische Übernahme von EU-Recht kämen für ihn nicht in Frage. Nun gelte es, ihn beim Wort zu nehmen und seine Handlungen entsprechend zu überprüfen.

Die Europa-Frage sei natürlich nach wie vor das wichtigste politische Thema für die Schweiz. Dass man die Masseneinwanderungs-Initiative nicht nur bewusst nicht umsetzte, sondern dazu noch ein Bürokratie-Monster ohne Wirkung geboren habe, werde vielen Parteien in Bern, aber auch vielen Wirtschaftsverbänden und der Verwaltung erst jetzt bewusst. Die Verordnung dazu befinde sich aktuell in der Vernehmlassung, sagte Martullo-Blocher in ihrem Referat. Die Probleme der Personenfreizügigkeit und der grenzenlosen Zuwanderung auch in die Sozialsysteme und die Arbeitslosigkeit müssten angegangen werden. Der vom Obergericht im Kanton Zürich soeben getroffene Entscheid, dass ein mehrmals straffällig gewordener EU-Bürger trotz Ausschaffungsinitiative nicht ausgeschafft werden könne, weil das Freizügigkeitsabkommen der Schweizer Verfassung vorgehe, zeige, dass Änderungen unabdingbar seien. Die SVP habe deshalb die Selbstbestimmungsinitiative lanciert. Sie soll wieder klarstellen, dass Schweizer Recht gegenüber ausländischem Recht Vorrang habe; etwas, das für andere Länder eine Selbstverständlichkeit sei. Mit der neuen Begrenzungsinitiative bekäme der Bundesrat ausserdem nochmals den Auftrag, die Freizügigkeit wegzuverhandeln oder sie zu künden.

Bei den Bundesfinanzen 2018-2020 ginge es, obwohl man diesen Eindruck in der Diskussion bekommen könne, gar nicht um weniger Geld als heute. Die jährlichen Einnahmen stiegen über die Jahre zwar nochmals um 10 Milliarden Franken. Da das Ausgabenwachstum aber noch viel höher geplant sei, entstünde ein Defizit, was die Schuldenbremse nicht erlaube. Das Ausgabenwachstum müsse eingedämmt werden. Das nenne man in Bern dann «Sparen». Leider sei über die Hälfte der Bundesausgaben nicht mehr einzeln planbar, sondern werden automatisch ausgelöst. Ein solches Beispiel sei auch die Entwicklungshilfe, welche sich in den letzten 10 Jahren verdoppelt hat und inzwischen 3.5 Milliarden Franken ausmacht. «Leider ist ein Vorstoss, diese Ausgaben nach Projekten zu planen und nicht mehr  pauschal, wegen einzelnen Abweichlern der FDP im Nationalrat gescheitert», so Martullo. Man müsse sich aber auch fragen, was die Entwicklungshilfe von über 80 Millionen für Nordkorea etwa bringe oder ob die politische Ämter-Gleichstellung von Frau und Mann in Burkina Faso wirklich sinnvoll ausgegebenes Geld sei.

Bezüglich Regulierungswut sehe es zwar immer noch düster aus. Trotzdem gebe es aber Lichtblicke. Bereits im Sommer sei «1 in 1 out», mit dem neue Regulierungen nur erlaubt sein sollen, wenn alte im gleichen Ausmass abgeschafft werden, an den Bundesrat überwiesen. In der Herbstsession stimmte der Nationalrat auch noch einer allgemeinen Befristung von Gesetzen zu.

Für den Tourismus in Graubünden gelang es, die Knebelverträge von Booking zu eliminieren. Die Diskussion über den Ausbau von Bauten ausserhalb der Bauzone wurde lanciert. Schwerwiegend für den Kanton Graubünden sei die Absicht von Bundesrätin Leuthard, die Wasserzinsen für die Bergkantone massiv zu senken. Für Graubünden ginge es hier um einen Fehlbetrag von rund 35 Millionen Franken. Nach der Annahme der Energiestrategie 2050 stelle man in Bern eine grosse Orientierungslosigkeit fest. Nach und nach würden die Parlamentarier die praktischen Probleme und ihre komplexen Auswirkungen erkennen. Die Lösungen lägen nicht vor. Unter dieser Voraussetzung gelte es nun, einen weitreichenden Entscheid über die Wasserzinsen mit allen Mitteln bis auf weiteres zu verhindern, so Martullo.

Nach der Hälfte der Legislatur stellte Martullo insgesamt fest: «Ich konnte einiges erreichen, auch zusammen mit der Partei. Leider ist es nicht so viel, wie ich gerne hätte. Aber seien Sie sicher: Ich bleibe dran!»

 

(Bilder: Charly Bosshard)