Einer der Erfolgsfaktoren unseres funktionierenden Staatswesens ist zweifelsohne dem Grundsatz der subsidiären Aufgabenteilung zwischen den einzelnen Staatsebenen geschuldet. Er gewährleistet die zeitgerechte Erfüllung von Aufgaben nahe bei den direkt Betroffenen. Der Begriff der Subsidiarität wird in politischen Diskussionen denn auch oft verwendet. Bisweilen vor allem dann, wenn sich die jeweils untere Staatsebene gegen die vermutete oder effektive Einmischung von oben zur Wehr setzt. Dieser Reflex ist verständlich und entspricht dem Grundgedanken der Subsidiarität. Konsultiert man nämlich das Internetlexikon «Wikipedia» so findet man folgende Begriffserklärung:
Subsidiarität (von lateinisch subsidium «Hilfe, Reserve») ist eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Maxime, die Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und die Entfaltung von Fähigkeiten des Individuums, der Familie oder der Gemeinde anstrebt.
Das Subsidiaritätsprinzip legt eine genau definierte Rangfolge staatlich-gesellschaftlicher Massnahmen fest und bestimmt die prinzipielle Nachrangigkeit der nächsten Ebene: Die jeweils grössere gesellschaftliche und staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinere Einheit dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend eingreifen. Hilfe zur Selbsthilfe soll aber immer das oberste Handlungsprinzip der jeweils übergeordneten Instanz sein.
Für die einzelne Staatsbürgerin und den einzelnen Staatsbürger ist das Subsidiaritätsprinzip eine anspruchsvolle Form der staatlichen Aufgabenteilung. Es stellt hohe Ansprüche an deren Eigenverantwortlichkeit und die Bereitschaft sich in der Gemeinschaft, vorab vor Ort und auf der untersten Staatsebene zu engagieren und sich für die Ausübung von Chargen und Ämtern zur Verfügung zu stellen. Ohne diese Bereitschaft ist die jeweils bürgernächste Staatsebene nicht in der Lage die ihr zugedachten Aufgaben zu erfüllen. Nicht nur dabei sein, konsumieren, Spass haben oder kritisieren. Nein, hin stehen, Verantwortung übernehmen und am Karren ziehen, das ist damit gemeint. Bei auftauchenden Herausforderungen und Problemen nach der Politik zu rufen anstatt selbst Lösungen vorzuschlagen ist zwar bequem, hat aber mit Subsidiarität wenig zu tun.
In einer Zeit der medialen Überzeichnung neigt die so auf den Plan gerufene Politik dazu, sich zuständig zu fühlen. Sehr oft fühlt sich dabei aber nicht die bürgernächste oder sachkundigste Ebene der Politik zuständig. Zu verlockend sind solche Steilpässe auch für übergeordnete Politikebenen um mit medial inszenierten Lösungsvorschlägen Bürgernähe und Volksverbundenheit zu demonstrieren.
Als aufgeklärte, gut ausgebildete Gesellschaft haben wir die Fähigkeiten um viele Aufgaben und Herausforderungen zeitgerecht, angemessen und vor Ort zu meistern. Haben wir den Mut, das Selbstbewusstsein und vor allem die persönliche Bereitschaft dazu!
Das Politforum auf GRHeute besteht aus 12 PolitikerInnen aus Graubünden. Jede Woche nimmt eine/r zu einem aktuellen Thema Stellung.
(Bild: GRHeute)