Hockey Pauer Ranking: Egon und Rudi lernen Hockey (Teil 3)

Eine wöchentliche Hockey Kolumne mit den wichtigsten Meldungen, besten Spielern und lustigsten Aktionen der Woche. Ein Ranking, das man nicht zu ernst nehmen sollte.

 

MySports richtet mit grosser Kelle an und gibt freudig an, Pioniere in Sachen Advanced Stats zu werden. Zeit, die 15 wichtigsten Statistiken genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Gespräch zwischen den beiden HCD Fans Rudi Rational und Egon Emotional:

 

Egon: „Ich komm mir vor wie in der Schule.“

 

Rudi: „Keine Angst, heute schliesst du deinen Statistik-Kurs ab.“

 

Egon: „Gott sei Dank. Hab schon wieder alles vergessen von den letzten beiden Wochen.“

 

Rudi: «Kannst du sonst hier und hier nachlesen.»

5. Tor-Chancen

 

Rudi: „Ok, beginnen wir mit der Chancen-Statistik. Nicht jeder Schuss ist gleich gut und gleich gefährlich. Ein Schuss von der Mittellinie wird (in der klassischen Schussverhältnis-Statistik wie auch bei Corsi) als gleiches Ereignis gezählt wie eine hochkarätige Chance im Slot mit offenem Tor.

 

Egon: „Ja, das wollte ich eigentlich auch schon sagen. Ist ja verrückt, dass ein Befreiungsschlag, der aufs Tor geht, gleich wie ein One-Timer im Slot gewertet wird.“

 

Rudi: „Eben. Darum ist es wichtig, die einzelnen Schüsse zu gewichten. In dem Fall spricht man von Chancen, oder besser gesagt von High-Danger-Chances. High-Danger-Chances sind Schüsse aufs Tor, die aus dem Slot abgefeuert und nicht geblockt werden. Solche HD-Chances sind der beste Indikator, wie gefährlich ein Angriff am Ende effektiv war. Ein Beispiel:

 

Ereignis Penguins Predators
Schüsse 26 28
Corsi 38 48
HD Chances 10 6

 

Egon: „Das sind NHL Teams, oder?“

 

Rudi: „Ja. Im letzten Stanley Cup Final kam es zu folgenden Statistiken: Die Pittsburgh Penguins schossen 26 mal aufs Tor, hatten 38 Corsi-Ereignisse, und kamen zu 10 Hochkarätern (HD Chances). Die Nashville Predators hatten 28 Torschüsse, 48 Corsi-Ereignisse, aber nur 6 High-Danger-Chances. Welche Offense hättest du lieber?“

 

Egon: „Hm. Wahrscheinlich eher die von den Pingus.“

 

Rudi: „Die Pingus haben diese Partie mit 2:0 gewonnen.“

 

Egon: „Wusst ich’s doch. Ich wäre noch ein guter Coach.“

 

Rudi: „Ganz sicher nicht.“

 

Egon: „Arsch. Ok, mach weiter.“

 

4. Quality of Teammates/Competition

Rudi: „Mit wem man in einer Linie spielt hat einen grossen Einfluss auf die individuellen Statistiken. Wer mit Andres Ambühl oder Perttu Lindgren in einer Linie aufläuft, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit bessere Resultate produzieren, als jemand, der mit Samuel Walser auf dem Eis steht.“

 

Egon: „He! Red nicht schlecht über Walser!“

 

Rudi: „Mach ich nicht. Ich mag Walser sehr, er ist ein wichtiger Baustein im HCD-System. Ich weise lediglich darauf hin, dass es produktivere Mitspieler als ihn gibt.“

 

Egon: „Ok.“

 

Rudi: „Die Qualität der Mitspieler (QualTeam) ist somit ein wichtiger Faktor, wenn man die Werte von einzelnen Spielern anschaut. Genauso auf der anderen Seite: Die Qualität der gegnerischen Spieler (QualComp) hat einen grossen Einfluss auf die individuelle Performance. Ein Spieler, der gegen die vierte Linie des Gegner aufs Eis darf, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit bessere Resultate produzieren, als zum Beispiel ein Stürmer, der Rucksack gegen den besten gegnerischen Stürmer spielen muss.“

 

Egon: „Irgendwie klar. Hast du ein Beispiel?“

 

Rudi: „Josef Marha gilt als Top-Defensiv-Stürmer. Arno Del Curto weiss das und setzt den Tschechen immer dann ein, wenn bei Genf-Servette Juraj Kolnik auf dem Eis steht. Marhas Skorerwerte sind zwar bescheiden, wenn man aber die Qualität des Gegner mit in Betracht zieht, merkt man, dass seine Resultate durchaus sehenswert sind.“

 

Egon: „Oh Mann, ich liebe Joe!“

 

Rudi: „Tun wir das nicht alle?“

 

Egon: „Weißt du noch, der Overtime-Treffer zum Titel?“

 

Rudi: „Unvergesslich.“

 


 

Egon: „Ich krieg Gänsehaut.“

 

Rudi: „Ok, genug in der Vergangenheit geschwelgt, du hast noch ein paar Statistiken, dann sind wir durch.“

 

3. Zone Exit/Entry

Egon: „Ok, los. Klingt kompliziert.“

 

Rudi: „Nebst Corsi die aussagekräftigste Statistik: Wie verlässt ein Team sein eigenes Drittel mit der Scheibe? Und wie kommt ein Team in das gegnerische Drittel rein?“

 

Egon: „Na, so über die blaue Linie denks!“

 

Rudi: „Ja, du Hirni, aber es gibt verschiedene Arten, wie man den Puck ins gegnerische Drittel bringen kann: Man trägt die Scheibe rein, man passt sie rein oder man dumpt sie ins Drittel.“

 

Egon: „Nenn mich nicht Hirni.“

 

Rudi: „Analysen haben ergeben, dass ein Team mehr als doppelt so viele Chancen generiert, wenn sie die Scheibe reinträgt, als wenn der Puck einfach reingedumpt wird. Diese Zone Entries sind damit extrem aussagekräftige Werte über den Erfolg eines Teams.“

 

Egon: „Echt? Mehr als doppelt so viele Chancen?“

 

Rudi: „Jep, Dump and Chase ist ein relativ brotloses System.“

 

Egon: „Interessant.“

 

Rudi: „Genau gleich verhält es sich im eigenen Drittel. Da redet man von Zone Exits, welche vor allem für die Analyse von Verteidigern relevant sind: Wird die Scheibe einfach über die Bande rausgeknallt? Passt der Verteidiger die Scheibe über die blaue Linie in die neutrale Zone zu einem Stürmer? Oder trägt der Verteidiger die Scheibe gleich selbst aus dem eigenen Drittel heraus? Die Resultate dieser unterschiedlichen Ereignisse sind eklatant. Und sie sind eigentlich selbsterklärend: Je mehr die Scheibe an einem Stock über eine blaue Linie geführt wird, desto besser werden die Chancen, desto gefährlicher wird ein Sturm.“

 

Egon: „Logisch.“

 

Rudi: „Hey, du bist heute geistig auf der Höhe.“

 

Egon: „Mach weiter, solange mein Gehirn auf Hochtouren läuft.“

 

Rudi: «Dein Gehirn und Hochtouren sind Begriffe, die nicht im selben Satz auftauchen sollten.»

 

Egon: «Ich hau dir eins auf’s Maul.»

 

2. Wins above Replacement (WAR)

Rudi: „Sorry. Ok, jetzt sind wir ganz tief im Statistik-Kaninchenbau angelangt. Wenn dir der Kopf vor lauter Zahlen noch nicht wehtut, kriegst du hier noch eine geballte Ladung: WAR.“

 

Egon: „Krieg.“

 

Rudi: „Ja.“

 

Egon: „Ist Englisch.“

 

Rudi: „Du Schlaumeier. Aber auch die Abkürzung von Wins above Replacement.“

 

Egon: „Was heisst denn das auf Deutsch?“

 

Rudi: „Siege über dem Schnitt von Ersatzspielern.“

 

Egon: “Bahnhof.“

 

Rudi: „Ok, eine kurze Erklärung, sonst ist’s zu kompliziert. Der heilige Gral aller Statistiken ist immer: ‚Wie viele Team-Siege ist die Performance eines individuellen Spielers wert?’“

 

Egon: „Das schnall ich noch so knapp.“

 

Rudi: „Wie viel Siege ist die Leistung von Büahli effektiv wert?“

 

Egon: „Ach so. Ok, verstanden.“

 

Rudi: „Analysen haben gezeigt, dass + sechs Tore Unterschied im Schnitt einen Sieg ergeben.“

 

Egon: „Echt? Ich dachte ein Tor Unterschied sollte reichen.“

 

Rudi: „Das sind sechs Tore Unterschied pro Saison, nicht pro Spiel.“

 

Egon: „Aha, das macht mehr Sinn.“

 

Rudi: „Also, ein guter Spieler macht mehr als + sechs Tore für sein Team, ein schlechter Spieler macht weniger. Wenn man nun alle obengenannten Statistiken vereint, um die eine, alles aussagende Zahl über den Wert eines Spielers zu erhalten, landet man bei WAR.“

 

Egon: „Die alles aussagende Zahl. Sozusagen die Magic Number.“

 

Rudi: „Genau.“

 

Egon: „Und wie berechnet sich das?“

 

Rudi: „Weiss ich selber nicht so genau.“

 

Egon: „Bist du doof.“

 

Rudi: „Sehr lustig. WAR ist extrem komplex, vereint die relativen Statistiken von Schüssen (für und gegen), Schuss-Raten (für und gegen), Trefferquote, Bully-Statistiken, Penalty +/- und noch vieles mehr und spuckt am Ende einen Wert aus, der besagt, ob und wie viel ein Spieler besser oder schlechter als ein Ersatzspieler ist.“

 

Egon: „Weißt du wenigstens, wie man WAR-Zahlen liest?“

 

Rudi: „Ja. Ein Spieler, der einen WAR-Wert von >0 hat, ist besser als ein Ersatz-Spieler. Ein Spieler mit einem WAR-Wert von 0 ist ersetzbar (Viert-Linien-Spieler), und ein Spieler mit einem negativen WAR-Wert schadet dem Team. So einfach.“

 

Egon: „Ouja, extrem einfach.“

 

Rudi: „Keine Angst, es dauert wohl noch einige Schalt-Jahre, bis WAR-Statistiken in der NLA zu finden sind. Kopf hoch also, wenn du die obengenannten Zahlen nicht begriffen hast – du wirst sie in naher Zukunft kaum antreffen.“

 

Egon: „Und jetzt also die alles entscheidende, finale, wichtigste Statistik im Eishockey?“

 

Rudi: „Jep. Halt dich fest. Bist du bereit?“

 

Egon: „Ich bin bereit.“

 

1. Siege

Rudi: „Darum geht’s, alles andere da oben ist eigentlich nur Zahlenklauberei.“

 

Egon: „AMEN. Ein Bier bitte!“

 

(Bild: GRHeute, Stats: sihf.ch, Boumatoews.blogspot.ch, behindthenet.ca)